Ein Gesicht so schön und kalt
verlassen.« Eine
Andeutung von Neugier war Greens Augen abzulesen.
»Ja, das stimmt.«
»Als Robin später das Haus verließ, bemerkte sie, wie sie
sagt, einen fremden Wagen, der auf der anderen Straßenseite
geparkt war. Als sie zum Bürgersteig kam, ging das
Fahrerfenster ein wenig auf, und sie konnte erkennen, daß eine
Hand irgendeine Art von Gegenstand hielt. Sie konnte nicht
erkennen, was es war, und sie konnte auch nicht das Gesicht des
Fahrers sehen. Dann fuhr der Wagen los und kurvte so plötzlich
quer über die Straße, daß sie schon dachte, er würde den
Bürgersteig hochfahren und sie rammen, doch dann machte er
schnell eine Schleife und fuhr davon. Robin ist zum Haus Ihrer
Nachbarin gerannt.«
Kerry ließ sich in einen Sessel fallen. »Ist sie jetzt dort?«
»Ja. Sie können sie anrufen oder nach Hause gehen, falls Sie
das beruhigt. Was mich beschäftigt: Hat Robin eine übertriebene
Einbildungskraft, oder ist es möglich, daß jemand Robin und
damit letzten Endes Sie einschüchtern wollte?«
»Warum sollte irgendwer Robin oder mich einschüchtern
wollen?«
»Das ist auch früher schon nach einem sensationellen Fall bei
uns hier passiert. Sie haben gerade ein Verfahren beendet, das
eine Menge Aufmerksamkeit in den Medien erregt hat. Der
Kerl, den Sie des Mordes überführt haben, war eindeutig ein
durch und durch mieser Geselle, und er hat noch Verwandte und
Freunde.«
»Ja, aber alle, die ich kennengelernt habe, schienen ziemlich
anständige Leute zu sein«, sagte Kerry. »Und um Ihre erste
Frage zu beantworten, Robin ist ein vernünftiges Kind. Sie
würde sich so was nicht ausdenken.« Sie zögerte. »Es war zum
erstenmal, daß ich sie alleine zur Schule losgehen ließ, und ich
habe sie geradezu mit Ermahnungen bombardiert, was sie tun
soll und was nicht.«
»Rufen Sie sie doch von hier aus an«, forderte Green sie auf.
Robin nahm beim ersten Läuten den Hörer von Mrs. Weisers
Apparat ab. »Ich hab’ gewußt, daß du anrufst, Mom. Jetzt geht’s
mir wieder gut. Ich möchte in die Schule. Mrs. Weiser hat
gesagt, daß sie mich hinfährt. Und, Mom, ich muß trotzdem
heute nachmittag unbedingt raus. Es ist doch Halloween.«
Kerry überlegte schnell. Robin war besser in der Schule
aufgehoben, als wenn sie den ganzen Tag zu Hause saß und über
den Vorfall nachdachte. »Also gut, aber ich bin dann an der
Schule und hole dich um Viertel vor drei ab. Ich will nicht, daß
du zu Fuß nach Hause gehst.« Und ich begleite dich, wenn du in
deinem Halloween-Kostüm von Tür zu Tür gehst, dachte sie.
»Und jetzt laß mich eben mit Mrs. Weiser reden, Rob«, sagte
sie.
Als sie aufgelegt hatte, fragte sie: »Frank, ist es in Ordnung,
wenn ich heute früher gehe?«
Sein Lächeln war aufrichtig. »Aber selbstverständlich. Kerry,
ich muß Ihnen nicht erst sagen, Robin sorgfältig zu befragen.
Wir müssen wissen, ob die Möglichkeit besteht, daß jemand ihr
tatsächlich aufgelauert hat.«
Als Kerry hinausging, sagte er noch: »Aber ist Robin nicht
noch ein bißchen jung, um sich alleine für die Schule
fertigzumachen?«
Kerry war sich bewußt, daß er ihr zu entlocken versuchte, was
denn so wichtig gewesen war, daß sie Robin um halb sieben
allein zu Hause gelassen hatte.
»Ja, das stimmt schon«, pflichtete sie ihm bei. »Wird nicht
wieder vorkommen.«
Später am Vormittag kam Joe Palumbo in Kerrys Büro und
berichtete ihr von seinem Telefongespräch mit Dolly Bowles.
»Sie will nicht mit mir reden, Kerry, aber ich würde trotzdem
gerne mitkommen, wenn du dich mit ihr triffst.«
»Ich ruf sie am besten gleich an.«
Die wenigen Wörter ihrer Begrüßung »Hallo, Mrs. Bowles,
ich bin Kerry McGrath« lösten einen Monolog von zehn
Minuten aus, den sie über sich ergehen lassen mußte.
Palumbo schlug die Beine übereinander und lehnte sich in
seinen Sessel zurück, während er mit einer gewissen
Belustigung beobachtete, wie Kerry versuchte, ein Wort oder
eine Frage einzuwerfen. Dann ärgerte er sich, als Kerry endlich
eine Chance zu der Bemerkung hatte, sie würde gern ihren
Ermittler Mr. Palumbo mitbringen, und die Antwort ganz
offenbar negativ war.
Schließlich legte sie den Hörer auf. »Dolly Bowles ist nicht
gerade begeistert davon, wie sie vor zehn Jahren von dieser
Behörde behandelt wurde. Das war die Quintessenz des
Gesprächs. Im übrigen sieht’s so aus, daß ihre Tochter und ihr
Schwiegersohn nicht wollen, daß sie noch mal über den Mord
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