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Ein Gesicht so schön und kalt

Ein Gesicht so schön und kalt

Titel: Ein Gesicht so schön und kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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kalt. Sie schob ihre Bücher unter den linken Arm und
zog den Reißverschluß ihrer Jacke ganz bis zum Hals zu,
beschleunigte dann ihre Schritte. Sie war an der Ecke eine
Straße weiter mit Cassie und Courtney verabredet, und die
beiden warteten bestimmt schon auf sie. Sie war ein paar
Minuten zu spät dran.
    Die Straße lag ruhig da. Jetzt, da schon fast alle Blätter abge
fallen waren, wirkten die Bäume kahl und unfreundlich. Robin
wünschte, sie hätte daran gedacht, Handschuhe anzuziehen.
    Als sie den Bürgersteig erreichte, warf sie einen Blick über
die Straße. Die Scheibe auf der Fahrerseite des fremden Autos
wurde langsam heruntergekurbelt und verharrte, als das Fenster
nur eine Handbreit offenstand. In der Hoffnung, ein vertrautes
Gesicht zu entdecken, starrte sie so intensiv wie möglich
dorthin, aber die helle Morgensonne spiegelte sich so stark, daß
Robin nichts erkennen konnte. Dann sah sie, wie eine Hand
herauskam und etwas auf sie richtete. Plö tzlich von Panik
ergriffen, begann Robin zu rennen. Mit aufheulendem Motor
kam der Wagen über die Straße geschossen, hatte es offenbar
direkt auf sie abgesehen. Gerade, als sie dachte, er würde über
den Randstein fahren und sie erwischen, machte er eine scharfe
Wende in die entgegengesetzte Richtung und raste davon.
Schluchzend lief Robin über den Rasen zum Nachbarhaus und
klingelte an der Haustür Sturm.
    Als Joe Palumbo seine Ermittlungen zu einem Einbruch in
Cresskill beendet hatte, merkte er, daß es erst halb zehn war. Da
er nur wenige Minuten von Alpine entfernt war, schien sich die
ideale Gelegenheit zu bieten, Dolly Bowles, der Babysitterin,
die bei dem Reardon-Mordprozeß ausgesagt hatte, einen Besuch
abzustatten. Zum Glück hatte er zufällig auch ihre
Telefonnummer dabei.
    Dolly schien zu Anfang einen gewissen Vorbehalt zu hegen,
als Palumbo ihr erklärte, er sei ein Ermittlungsbeamter der
Staatsanwaltschaft von Bergen County. Doch als er ihr mitteilte,
daß eine der Anwältinnen dort, Kerry McGrath, unbedingt etwas
über den Wagen erfahren wollte, den Dolly am Abend des
Mordes vor dem Haus der Reardons hatte stehen sehen,
verkündete sie, sie habe das Verfahren verfolgt, bei dem Kerry
McGrath die Anklage vertrat, und sie sei so froh, daß der Mann,
der seine Vorgesetzte erschossen habe, verurteilt worden sei. Sie
erzählte Palumbo von dem Überfall damals, als sie und ihre
Mutter zu Hause von einem Einbrecher gefesselt worden waren.
    »Wenn Sie und Kerry McGrath also mit mir reden wollen«,
schloß sie, »geht das in Ordnung.«
»Nun ja, genau gesagt«, erwiderte Joe ein wenig lahm,
»würde ich eigentlich gern jetzt gleich rüberkommen und mit
Ihnen reden. Vielleicht kann Kerry dann später mit Ihnen
sprechen.«
Es blieb eine Weile still. Palumbo konnte nicht wissen, daß
Do lly wieder einmal den spöttischen Gesichtsausdruck von
Staatsanwalt Green während des Kreuzverhörs bei dem Prozeß
vor Augen hatte.
Endlich antwortete sie. »Ich glaube«, erklärte sie würdevoll,
»ich würde mich wohler fühlen, wenn ich über diesen Abend
mit Kerry McGrath spreche. Ich finde, wir warten lieber, bis sie
Zeit dafür hat.«
Es war schon Viertel vor zehn, als Kerry beim Justizgebäude
ankam, viel später, als sie normalerweise eintraf.
Vorausschauend hatte sie angerufen, um mitzuteilen, sie habe
etwas zu besorgen und werde sich verspäten. Frank Green war
stets pünktlich um sieben Uhr an seinem Schreibtisch. Sie alle
machten Witze darüber, er selbst aber war offensichtlich der
Meinung, sein gesamter Stab habe gleichzeitig mit ihm an Bord
zu sein. Kerry wußte, er würde aus der Haut fahren, falls er
erführe, daß ihre Besorgung in Wirklichkeit der Besuch bei Dr.
Charles Smith war.
Als sie die Geheimnummer eintippte, die ihr Zutritt zu den
Amtsräumen des Oberstaatsanwalts verschaffte, blickte die
Telefonistin auf und sagte: »Kerry, gehen Sie gleich zu Mr.
Green rein. Er erwartet Sie.«
Mann o Mann, dachte Kerry.
Sobald sie Greens Büro betrat, konnte sie feststellen, daß er
nicht erzürnt war. Sie kannte ihn gut genug, um seine Stimmung
erraten zu können. Wie immer kam er gleich zur Sache. »Kerry,
Robin ist okay. Sie ist bei Ihrer Nachbarin, Mrs. Weiser. Mit
allem Nachdruck, sie ist in Ordnung.«
Kerry spürte, wie sich ihr die Kehle zusammenzog. »Was ist
denn passiert?«
»Wir wissen es nicht genau, und vielleicht war’s gar nichts.
Laut Robin haben Sie das Haus um halb sieben

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