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Ein Gesicht so schön und kalt

Ein Gesicht so schön und kalt

Titel: Ein Gesicht so schön und kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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anderen Mann Schmuck geschenkt bekam?«
»Falls es so war, hat sie’s mir nicht verraten. Suzanne hatte ein
paar ausgesprochen schöne Stücke, das weiß ich jedenfalls. Skip
kaufte ihr eine ganze Menge Schmuck, jedes Jahr zum
Geburtstag und dann noch mal zu Weihnachten, und zwar
immer, nachdem sie ihm genau beigebracht hatte, was sie haben
wollte. Sie besaß auch einige ältere Cartier-Unikate, die ihr,
soviel ich weiß, ihr Vater geschenkt hatte.«
Oder es zumindest behauptet hat, dachte Kerry. Sie erhob
sich. »Mr. Arnott, glauben Sie, daß Skip Suzanne getötet hat?«
Er stand ebenfalls auf. »Ms. McGrath, ich halte mich für
ziemlich gut, wenn es darum geht, alte Kunst und Antiquitäten
zu beurteilen. In der Beurteilung von Menschen bin ich weniger
gut. Aber stimmt es denn nicht, daß Liebe und Geld die beiden
wichtigs ten Motive sind? So leid es mir tut, aber ich muß sagen,
in diesem Fall scheinen beide Motive auf Skip zuzutreffen.
Finden Sie nicht?«
    Von einem Fenster aus beobachtete Jason, wie Kerrys Wagen
die Straße hinunter verschwand. Als er die kurze Unterredung
nochmals überdachte, fand er, daß er detailliert genug Auskunft
erteilt hatte, um entgegenkommend zu erscheinen, aber auch
hinreichend vage, daß sie zu demselben Schluß kam wie vor
zehn Jahren die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger, daß es
nämlich zwecklos sei, ihn weiter zu befragen. Ob ich glaube,
daß Skip Suzanne umgebracht hat? Nein, das glaube ich nicht,
Ms. McGrath, dachte er. Ich glaube, dass Skip wie leider viel zu
viele Männer wohl dazu fähig gewesen wäre, seine Frau
umzubringen. Nur daß ihm an dem Abend damals jemand
anders zuvorkam.

72
    Skip Reardon hatte eine der vermutlich schlimmsten Wochen
seines Lebens durchgemacht. Der skeptische Ausdruck in den
Augen der Staatsanwältin Kerry McGrath während ihres
Besuchs bei ihm im Gefängnis hatte die Wirkung des
Rückschlags noch verstärkt, den die Nachricht für ihn bedeutet
hatte, daß vielleicht keine Berufungsverfahren mehr möglich
waren.
    Es kam ihm vor, als sänge ein griechischer Tragödienchor in
seinem Kopf unablässig die Worte: »Noch zwanzig Jahre, bis
ein Straßerlaß wegen guter Führung überhaupt möglich ist.« Wieder und wieder. Anstatt zu lesen oder fernzusehen, hatte
Skip die ganze Woche über auf die eingerahmten Bilder an den
Wänden seiner Zelle gestarrt.
    Beth und seine Mutter waren auf den meisten dargestellt.
Einige der Fotos reichten siebzehn Jahre zurück, als er
dreiundzwanzig Jahre alt war und gerade angefangen hatte, mit
Beth auszugehen. Sie hatte ihren ersten Job als Lehrerin
angetreten, und er hatte sein Bauunternehmen Reardon
Construction Company aus der Taufe gehoben.
    In den zehn Jahren, die er nun eingesperrt war, hatte Skip
schon viele Stunden damit verbracht, die Bilder zu betrachten
und sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie nur alles so
schiefgehen konnte. Hätte er an jenem Abend Suza nne nicht
getroffen, dann wären er und Beth mittlerweile vierzehn oder
fünfzehn Jahre verheiratet. Wahrscheinlich hätten sie auch zwei
oder drei Kinder. Wie wäre es wohl, einen Sohn oder eine
Tochter zu haben? fragte er sich.
    Er hätte dann für Beth ein Haus gebaut, das sie gemeinsam
geplant hätten - nicht dieses verrückte, moderne, riesige
Phantasiegebilde eines Architekten, das Suzanne verlangt hatte
und das er im Lauf der Zeit nur noch verabscheute.
    In all den langen Jahren im Gefängnis hatte ihn das
Bewußtsein seiner Unschuld aufrechterhalten, sein Vertrauen in
die amerikanische Justiz und die Überzeugung, dieser Alptraum
werde eines Tages ein Ende finden. In seinen Wunschträumen
gab ihm das Revisionsgericht schließlich recht, daß Dr. Smith
ein Lügner war, und Geoff erschien im Gefängnis und erklärte:
»Zeit zu gehen, Skip. Sie sind ein freier Mann.«
    Das Gefängnisreglement gewährte Skip zwei R-Gespräche
pro Tag. Normalerweise rief er zweimal in der Woche sowohl
seine Mutter wie Beth an. Mindestens eine von beiden kam ihn
am Samstag oder Sonntag besuchen.
    In dieser Woche hatte Skip jedoch keine von beiden
angerufen. Sein Entschluß stand nun fest. Er würde es nicht
mehr zulassen, daß Beth ihn besuchen kam. Sie mußte von jetzt
ab ihr eigenes Leben leben. Ihr vierzigster Geburtstag stand
bevor, überlegte er. Es war nötig, daß sie jemand anders
kennenlernen, heiraten und Kinder kriegen würde. Sie liebte
doch Kinder. Deshalb hatte sie sich auch

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