Ein Gesicht so schön und kalt
»Vielleicht
könnte sie hier warten, während wir miteinander reden.« Sie
zeigte auf einen Sessel neben einer lebensgroßen Bronzeskulptur
zweier kämpfender Ritter.
»Oh, nein. Sie fühlt sich in dem kleinen Studio bestimmt
wesentlich wo hler.« Arnott wies auf ein Zimmer zur Linken der
Eingangshalle. »Wir beide können in die Bibliothek gehen. Sie
liegt gleich hinter dem Studio.«
Das ist ja wie ein Museum hier, dachte Kerry, während sie
Arnott folgte. Sie hätte liebend gern die Gelegenheit dazu
gehabt, stehenzubleiben und sich die erlesenen Wandteppiche,
die herrlichen Möbel, die Gemälde und die Harmonie der
gesamten Raumgestaltung gründlicher ansehen zu können.
Konzentrier dich auf das, was du vorhast, schärfte sie sich ein.
Du hast ihm doch versprochen, nur eine halbe Stunde zu
bleiben.
Als sie und Arnott einander dann auf geschmackvollen, mit
Saffianleder bezogenen Sesseln gegenübersaßen, ergriff sie das
Wort: »Mr. Arnott, vor ein paar Wochen hat sich Robin bei
einem Autounfall einige Gesichtswunden zugezogen und wurde
dann von Dr. Charles Smith behandelt.«
Arnott hob erstaunt die Augenbrauen. »Etwa derselbe Dr.
Charles Smith, der Suzanne Reardons Vater war?«
»Ja, genau. Bei jedem der beiden Nachuntersuchungstermine
begegnete mir in seiner Praxis eine Patientin, die Suzanne
Reardon auf verblüffende Weise ähnlich sah.«
Arnott starrte sie an. »Durch Zufall, hoffe ich doch. Sie
wollen damit doch sicher nicht sagen, daß er absichtlich
Ebenbilder von Suzanne herstellt?«
»Eine interessante Wortwahl, Mr. Arnott. Ich bin hier, weil
ich, wie ich Ihnen ja schon sagte, Suzanne besser verstehen
muß. Ich muß wissen, wie die Beziehung zu ihrem Vater
wirklich aussah, und auch die zu ihrem Mann, soweit Sie
darüber im Bilde sind.«
Arnott lehnte sich zurück, blickte zur Decke hinauf und
verschränkte die Hände unter dem Kinn.
Das wirkt so einstudiert, dachte Kerry. Er will offenbar
Eindruck schinden. Doch warum?
»Lassen Sie mich damit beginnen, wie ich Suzanne
kennengelernt habe. Das dürfte jetzt etwa zwölf Jahre her sein.
Sie hat eines Tages einfach vor meiner Tür gestanden. Ich muß
schon sagen, sie war eine bildschöne junge Frau. Sie stellte sich
vor und erklärte mir, daß sie mit ihrem Mann im Begriff sei, hier
in der Nachbarschaft ein Haus zu bauen, und daß sie vorhätte, es
mit Antiquitäten einzurichten, und gehört hätte, daß ich gute
Freundinnen von ihr auf Auktionen begleitete, um ihnen beim
Bieten zur Seite zu stehen.
Ich habe ihr das bestätigt, aber auch gesagt, daß ich mich
nicht als Innenarchitekt betrachte und auch nicht die Absicht
hätte, als Ganztagsberater angesehen zu werden.«
»Stellen Sie Ihre Dienste in Rechnung?«
»Anfangs habe ich’s nicht getan. Doch als mir dann klar
wurde, daß ich mich bestens dabei amüsiere, wenn ich
angenehme Leute auf ihren Spritztouren begleite, sie vor einem
schlechten Kauf warne und ihnen dazu verhelfe, erstklassige
Objekte zu besten Preisen zu erwerben, da habe ich eine
angemessene Provisionsspanne festgelegt. Ich hatte zuerst kein
Interesse daran, mich auf Suzanne näher einzulassen. Sie hatte
etwas ziemlich Erdrückendes, wissen Sie.«
»Aber Sie haben sich dann doch auf sie eingelassen.«
Arnott zuckte die Achseln. »Ms. McGrath, wenn Suzanne
etwas haben wollte, dann bekam sie es auch. Genaugenommen
hat sie ihren Charme einfach auf andere Weise eingesetzt, als sie
mitbekam, daß ihr provozierendes Flirten bei mir nur auf
Ablehnung stieß. Sie konnte wirklich sehr amüsant sein. Im
Lauf der Zeit haben wir uns dann sehr gut angefreundet; offen
gestanden, fehlt sie mir immer noch sehr. Sie war eine große
Bereicherung für meine Partys.«
»Hat Skip sie begleitet?«
»Selten. Er langweilte sich, und, ehrlich gesagt, fanden ihn
meine Gäste nicht simpático. Aber daß Sie mich nicht falsch
verstehen. Er war ein intelligenter junger Mann mit guten
Manieren, aber er war anders als die meisten Menschen in
meinem Bekanntenkreis. Er war ein typischer Frühaufsteher,
arbeitete hart und hatte kein Interesse an müßigem Geplauder
wie er es auch Suzanne einmal vor allen andern unter die Nase
rieb, als er sie einfach stehenließ und nach Hause fuhr.«
»Hatte sie an diesem Abend ihr eigenes Auto dabei?«
Arnott lächelte. »Suzanne hatte nie Schwierigkeiten damit,
eine Mitfahrgelegenheit zu bekommen.«
»Wie würden Sie die Beziehung zwischen Suzanne und Skip
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