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Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall

Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall

Titel: Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Winter
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wollte.
    »Sehen Sie«, erzählte der redselige Geistliche mit freundlicher, sanfter Stimme, »als ich in die Kimberleys kam, hielt man die Eingeborenen immer noch für primitive Wilde, die es – zu ihrem eigenen Wohl – zu zivilisieren galt. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass auch ich damals mit dieser Absicht hierherkam. Doch das änderte sich schon nach wenigen Wochen. Ich war nicht nur verzaubert von der Schönheit dieser Landschaft, vielmehr noch faszinierten mich – und das tun sie noch heute – die Kultur und das Naturwissen der Ureinwohner. Man hatte mir gesagt, die Aborigines hätten keine Kultur. Doch dann stellte ich fest, sie besaßen sehr wohl eine. Und nicht nur das. Ihre Kultur war auch noch so komplex, dass ein Weißer sie niemals verstehen würde. Das rüttelte mich auf.«
    »Und die Kirche hat Ihren Wissensdrang toleriert?«, fragte Daryl skeptisch.
    »Wo denken Sie hin!«, brach es aus O’Donnell heraus. »Die drohten mir mit Versetzung. Und ich drohte ihnen, dass ich in diesem Fall aus der Kirche austreten und meine Arbeit eben ohne ihren Segen weiterführen würde. Nun, so kam es dann auch.« Er hielt sich den Bauch vor Lachen. »Wahrscheinlich haben sie geglaubt, ich würde hier so etwas wie eine Sekte gründen, die der Mission Konkurrenz macht. Jedenfalls taten sie alles, um mich loszuwerden. Aber die Eingeborenen, allen voran der Ältestenrat, setzten sich für mich ein, sodass ich hierbleiben und meine Arbeit weiterführen konnte.«
    Daryl hatte nicht viel für Religion übrig, doch er fand den dicken Mann sehr sympathisch. »Man erzählt, dass Sie besser über die Eingeborenen in diesem Gebiet Bescheid wissen als irgendwer sonst.«
    »Das ist gut möglich. Vor gut dreißig Jahren habe ich damit begonnen, alles über die verschiedenen Clans aufzuschreiben. Man könnte sagen, ich führe so etwas wie deren Familienchronik. Natürlich trifft es das nicht ganz. Der Verwandtschaftsgrad innerhalb der einzelnen Familien lässt sich nicht so leicht definieren wie in unserer Gesellschaft. Zu einem Clan gehören nicht nur Blutsverwandte, sondern auch Menschen mit demselben Totemtier, demselben Dreaming. Und sehr gute Freunde können ebenfalls als Brüder oder Schwestern bezeichnet werden, wodurch sie automatisch auch zu Geschwistern der schon vorhandenen Brüder und Schwestern werden, genauso wie deren Eltern und Verwandte nun zu der neuen Familie gehören.« Er sah Daryl mit einem verschmitzten Lächeln an. »Sie sehen, es ist schwierig, den Überblick zu behalten, selbst für mich. Zu Anfang hatte ich aber noch mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Die Menschen lebten über ein weites Gebiet verstreut, und sie waren misstrauisch. Sie hatten ja auch allen Grund dazu.« Jetzt redete sich O’Donnell richtig in Rage. »Denken Sie nur an die vielen Tausend Eingeborenenkinder, die ihren Eltern im letzten Jahrhundert weggenommen wurden. Man wollte sie in die Welt der Weißen integrieren und brachte sie in staatlichen Heimen, Missionsstationen und Pflegefamilien unter. Was ist dabei herausgekommen? Diese Kinder verloren nicht nur ihre Familien, sie wurden auch ihrer Identität beraubt. Kein Wunder also, dass mich die Aborigines zunächst nicht gerade mit offenen Armen empfangen haben.« Der Pater holte tief Luft. »Als ich dann vor zweiundzwanzig Jahren den Hubschrauberflugschein machte, wurde es ein ganzes Stück einfacher. Ich konnte die Leute viel leichter erreichen. Endgültig änderte sich die Einstellung der Menschen hier aber erst, als es mir mithilfe meiner Unterlagen gelang, die Familien von zweien dieser gestohlenen Kinder ausfindig zu machen und wieder zusammenzuführen. Da begriffen die Eingeborenen, dass sie mir vertrauen konnten. Inzwischen kommen viele sogar von sich aus zu mir, um Geburten, Hochzeiten oder Todesfälle zu melden.«
    Daryl war überrascht. »Dann besitzen Sie einen eigenen Helikopter?«
    »Er gehört der Gemeinde«, korrigierte ihn der Pater, »ich nutze und pflege ihn nur. Der Kauf war übrigens ein Schnäppchen. Nicht, dass Sie glauben, die Mission würde über unbeschränkte Mittel verfügen.«
    »Trotzdem, ich bin überrascht.«
    »Überrascht, dass ich einen Hubschrauber fliegen kann oder dass ich die Gemeinde überreden konnte, einen zu kaufen?«
    »Beides.«
    »Wissen Sie, mein Argument, wir würden die Eingeborenen aus der Luft viel besser erreichen und sie in Notfällen versorgen können, zog. Und dass ich leidenschaftlich gern fliege – nun ja, wir

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