Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall
machen begann. Trotzdem, es blieb ein entscheidendes Problem: Ihm fehlten Beweise.
Floyd Buttlers Tod, das bewiesen sowohl der Untersuchungsbericht als auch Ricky Lees Verschwinden, war kein Unfall gewesen. Zwar würde Ricky die Kimberleys wohl kaum verlassen, doch das war auch nicht nötig. Einen Aborigine, der nicht gefunden werden wollte, würde auch eine ganze Armee nicht aufspüren, erst recht nicht in einem der unzugänglichsten und wildesten Landstriche der Erde. Und selbst wenn: Ein Eingeborener würde lieber von einer Klippe springen als etwas zu verraten.
Ray Hill, Bruce Pierson, Poison-Joe, Murgura und Meena, sie waren der Schlüssel zur Aufklärung dieses Falles. Höchste Zeit also, dass er ihnen auf die Füße trat.
Am Abend saß er einmal mehr allein im Aufenthaltsraum. Meena hatte im Haupthaus gekocht und das Essen dann herübergebracht. Daryl versuchte, sie in eine Unterhaltung zu verwickeln, doch sie erklärte, dass sie keine Zeit habe und noch viel erledigen müsse, weil am nächsten Tag die Stockmen mit den Rindern erwartet wurden. Also beschloss Daryl, früh schlafen zu gehen. Zuvor wollte er sich aber noch in Floyd Buttlers Hütte umsehen. Als Vormann hatte dieser als Einziger eine eigene Unterkunft gehabt. Zwar hatte die Polizei diese schon untersucht und alle persönlichen Dinge mitgenommen, aber vielleicht gab es ja irgendeine Winzigkeit, die sie übersehen hatten und die ihm weiterhalf.
Daryl wartete, bis Meena das Geschirr holte, und verließ zusammen mit ihr den Aufenthaltsraum. Nachdem er ihr Gute Nacht gewünscht hatte, ging er hinüber zu seiner Unterkunft. Dort, im Schatten des Vordachs, wartete er, bis er sicher war, dass sie das Farmhaus erreicht hatte und ihn nicht mehr sehen konnte. Dann schlich er zu Buttlers Wellblechbaracke.
Wie er inzwischen wusste, hatte die Tür ein altes Schloss, das er mühelos mit einem gebogenen Stück Stahldraht öffnen konnte. Als er eintrat, schlug ihm warme, abgestandene Luft entgegen. Er setzte sich für einige Minuten auf das Bett, bis sich seine Augen endgültig an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Der Mond war halb voll und sein Licht fiel durch das einzige Fenster geradewegs in die Mitte des Raums. Das reichte, um sich in dem kleinen Zimmer umzusehen.
Die Einrichtung war spartanisch. Sie bestand aus einem Tisch, einem Stuhl, einer Gaslampe, einem rostigen Bett und einem Schrank, der auch schon bessere Zeiten erlebt hatte und bei dem ein fehlender Holzfuß durch einen Stapel alter, verblichener Magazine ersetzt worden war.
Daryl untersuchte die Matratze und den Schrank, fand aber nichts. Anschließend sah er sich den Fußboden an, suchte nach einem lockeren Brett, unter dem sich vielleicht ein Versteck befand. Doch auch das erwies sich als Fehlschlag. Er hatte keine Ahnung, wonach er eigentlich suchte, trotzdem war er irgendwie enttäuscht. Gerade, als er sich entschloss, die Hütte zu verlassen, fiel sein Blick erneut auf die zerfledderten Zeitschriften. Die Polizei hatte ihnen vermutlich keine Aufmerksamkeit geschenkt, weil sie offensichtlich nur dazu dienten, den Schrank vor dem Umkippen zu bewahren.
Daryl hob den Schrank an und schob den Stapel mit dem Fuß hervor. Als er das Möbelstück vorsichtig losließ, kippte es nach vorn, blieb aber stehen.
Er ließ die zerknitterten Seiten jedes Magazins vorsichtig durch seine Finger gleiten, anschließend drehte er sie um und schüttelte sie. In der untersten Zeitschrift entdeckte er schließlich ein kleines, dünnes Büchlein.
»Wer sagt’s denn?«, flüsterte er und hielt seinen Fund ins Mondlicht.
Es handelte sich um ein Sparbuch der Commonwealth Bank of Australia, das auf der Innenseite Floyd Buttlers Namen trug. Er überflog die Eintragungen. Als er die letzte Seite erreichte, pfiff er leise durch die Zähne. Er steckte das Heft in seine Gesäßtasche und legte das alte Sportjournal zu den anderen Zeitschriften.
Plötzlich schossen ihm einige Worte Ungjeeburras durch den Kopf: Wer seiner Beute nicht gewissenhaft nachstellt, dem wird sie entkommen. Daryl nahm das Magazin erneut in die Hand und schüttelte es. Ein zusammengefalteter Zeitungsausschnitt, der ihm beim Durchblättern entgangen war, löste sich aus den Seiten und fiel zu Boden. Daryl lächelte. Ungjeeburra, dieser alte Fuchs, hatte wie immer recht gehabt.
Daryl wollte den Zeitungsbericht gerade näher in Augenschein nehmen, als ein langer Schatten den Raum durchschnitt. Daryl zuckte zusammen und duckte sich instinktiv. Als
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