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Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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fünf Monate später war er wieder da und erfreute sich bester Gesundheit, quittierte aber den Dienst. Werssilow behauptete mit großem Ernst (und auffällig beteiligt), daß von einer Geisteskrankheit nicht die Rede sein könne, sondern nur von einer nervlichen Indisposition. Diese Anteilnahme Werssilows habe ich sofort registriert. Übrigens möchte ich hinzufügen, daß ich beinahe seiner Meinung war. Der alte Herr erschien hin und wieder allenfalls viel zu leichtsinnig, irgendwie nicht altersgemäß, was früher, wie man sagte, niemals vorgekommen war. Man sagte auch, daß er früher als Berater irgendwo sehr geschätzt worden sei und sich einmal anläßlich eines bedeutenden Auftrags nahezu auffallend ausgezeichnet habe. Nach dem Eindruck, den ich in diesem ganzen Monat von ihm gewonnen habe, hätte ich ihm die spezielle Fähigkeit eines Beraters nicht zugetraut. Man wollte an ihm beobachtet haben (ich selbst habe es allerdings nicht beobachtet), daß er nach dieser Attacke die spezielle Neigung an den Tag gelegt habe, baldmöglichst zu heiraten, und daß er auf diese Idee schon mehrmals in diesen letzten anderthalb Jahren zu sprechen gekommen sei. Die große Welt, hieß es, sei darüber unterrichtet, und es gebe Personen, die sich für sein Vorhaben besonders interessierten. Aber da diese Absicht den Interessen gewisser Personen aus der Umgebung des Fürsten keineswegs entsprach, wurde der alte Herr von allen Seiten bewacht. Seine eigene Familie war klein; er war verwitwet, bereits seit zwanzig Jahren, und hatte nur eine einzige Tochter, jene verwitwete Generalin, die nun täglich aus Moskau erwartet wurde, eine junge Person, vor deren Charakter er zweifelsohne zitterte. Aber ihn umgaben zahllose entfernte Verwandte, vorwiegend seitens seiner verstorbenen Frau, die allesamt beinahe am Bettelstab gingen; außerdem eine Menge von Ziehsöhnen und Ziehtöchtern, die alle auf ein paar Krümel aus seinem Testament hofften und deshalb der Generalin bei der Bewachung des alten Herrn beistanden. Er hatte überdies eine Schwäche, und ich weiß nicht eigentlich, ob sie komisch war oder nicht: Bereits in jungen Jahren brachte er für sein Leben gern mittellose Jungfrauen unter die Haube. Damit beschäftigte er sich schon seit einem Vierteljahrhundert – es handelte sich dabei um entfernte Verwandte oder um Stieftöchter irgendwelcher Vettern seiner Frau oder um Patenkinder, einmal war es sogar die Tochter seines Portiers. Sie kamen als kleine Mädchen in sein Haus, bekamen Gouvernanten und lernten Französisch, besuchten anschließend eine der besten Lehranstalten und heirateten schließlich mit angemessener Aussteuer. All dies umringte ihn ständig. Die Ziehtöchter kamen natürlich in ihren Ehen mit weiteren Mädchen nieder, alle dazugeborenen Mädchen strebten nach dem Status einer Ziehtochter. Er mußte sie überall aus der Taufe heben, das ganze Völkchen gratulierte ihm zum Namenstag, und all dies tat ihm außerordentlich wohl.
    Als ich meinen Dienst antrat, merkte ich sofort, daß sich in dem Kopf des alten Herrn eine bedrückende Überzeugung eingenistet hatte – dies nicht zu bemerken wäre schlicht unmöglich gewesen –, nämlich, daß die ganze Welt ihn auf einmal sonderbar ansah, daß alle sich ihm gegenüber anders verhielten als früher, das heißt vor seiner Krankheit; diese Empfindung verließ ihn nicht einmal während der fröhlichsten gesellschaftlichen Ereignisse. Der alte Herr war argwöhnisch geworden und glaubte an aller Augen etwas abzulesen. Der Gedanke, daß er immer noch für geisteskrank gehalten wurde, quälte ihn sichtlich; selbst auf mich warf er gelegentlich einen mißtrauischen Blick. Und wenn er erfahren hätte, daß irgend jemand dieses Gerücht über seinen Geisteszustand verbreitete oder gar bestätigte, so glaube ich, wäre dieser allergutmütigste Mensch sein erbittertster Feind geworden. Gerade diesen Umstand bitte ich zu beachten. Es sei hinzugefügt, daß gerade diese Beobachtung gleich am ersten Tag der Grund war, weshalb ich ihn niemals patzig behandelte und mich sogar freute, wenn es mir manchmal gelang, ihn zu erheitern oder abzulenken; ich glaube nicht, daß dieses Geständnis meiner Würde abträglich sein wird.
    Der größte Teil seines Vermögens bestand aus Kapitalanlagen. Er war, schon nach seiner Krankheit, einer großen Aktiengesellschaft als Teilhaber beigetreten, übrigens einer sehr soliden; obwohl die Leitung der Geschäfte in anderen Händen lag,

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