Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Stjebelkow aber strahlte beim Anblick des jungen Mannes, grinste unausgesetzt und war sichtlich bereit, sich einzumischen. Allmählich fand ich all das sogar amüsant.
»Letztes Jahr bin ich Ihnen oft bei der Gräfin Werigina begegnet«, sagte Darsan.
»Ich erinnere mich an Sie, aber Sie trugen damals, glaube ich, Uniform«, antwortete Naschtschokin liebenswürdig.
»Ja, damals trug ich Uniform, aber dank … Aha, Stjebelkow, auch schon da? Wie kommt der hierher? Eben, dank solcher Herrschaften trage ich heute keine Uniform mehr!« Er zeigte direkt auf Stjebelkow und lachte laut. Stjebelkow lachte ebenso vergnügt, wahrscheinlich nahm er es für eine Liebenswürdigkeit. Der Fürst errötete und beeilte sich, irgendeine Frage an Naschtschokin zu richten, während Darsan auf Stjebelkow zuging und mit ihm ein sehr lebhaftes halblautes Gespräch begann.
»Sie waren, glaube ich, im Ausland mit Katerina Nikolajewna Achmakowa näher bekannt?« fragte der Besucher den Fürsten.
»O ja; ich kannte …«
»Ich glaube, wir werden bald eine Neuigkeit erfahren. Wie man hört, wird sie Baron Bjoring heiraten.«
»Stimmt!« rief Darsan.
»Sie … Wissen Sie das genau?« fragte der Fürst in sichtlicher Erregung, wobei er seine Frage an Naschtschokin irgendwie besonders betonte.
»Man hat es mir gesagt; davon wird, glaube ich, bereits allgemein gesprochen. Genaueres weiß ich freilich nicht.«
»Oh, stimmt genau!« Darsan trat hinzu. »Gestern hat es mir Dubasow gesagt; der weiß solche Neuigkeiten immer zuerst. Auch der Fürst müßte das eigentlich schon wissen …«
Naschtschokin wartete, bis Darsan ausgesprochen hatte und wandte sich wieder an den Fürsten.
»Man sieht sie jetzt nur selten in der Gesellschaft.«
»Letzten Monat war ihr Vater krank«, bemerkte der Fürst eigentümlich trocken.
»Die Dame scheint recht abenteuerlich zu sein!« platzte plötzlich Darsan heraus.
Ich hob den Kopf und richtete mich auf.
»Ich habe das Vergnügen, Katerina Nikolajewna persönlich zu kennen, und halte es für meine Pflicht zu versichern, daß alle skandalösen Gerüchte nichts als Lügen und Schändlichkeiten sind … in die Welt gesetzt von Personen … die sie umschwirrten und keinen Erfolg hatten.«
Ich verstummte nach diesem albernen Schluß, kerzengerade, mit glühendem Gesicht, ohne den Blick vor den anderen zu senken. Alle hatten sich zu mir umgewandt, aber Stjebelkow begann plötzlich zu kichern; Darsan, der anfangs betroffen schien, schmunzelte ebenfalls.
»Oh, glauben Sie mir, Fürst «, wandte sich Darsan gutmütig und offenherzig an mich, »ich habe das nicht in meinem eigenen Namen gesagt; wenn es Gerüchte gab, so bin nicht ich es gewesen, der sie in die Welt gesetzt hat.«
»Oh, ich habe nicht Sie gemeint!« beeilte ich mich zu antworten, denn Stjebelkow antwortete bereits unentschuldbar, und zwar, wie es sich später herausstellte, eben darüber, daß Darsan mich »Fürst« tituliert hatte. Mein vermaledeiter Familienname hatte mir wieder einmal geschadet. Sogar heute noch erröte ich bei dem Gedanken, daß ich vor lauter Peinlichkeit in diesem Augenblick nicht den Mut aufbrachte, auf dieses totale Mißverständnis einzugehen und offen zu erklären, daß ich – einfach ein Dolgorukij bin. Das passierte mir zum ersten Mal in meinem Leben. Darsan sah uns erstaunt an, mich und den lachenden Stjebelkow.
»Ach ja! Was war das für eine hübsche Kleine, der ich vorhin in Ihrem Treppenhaus begegnet bin, so eine flotte, blonde?« fragte er plötzlich den Fürsten.
»Ich weiß nicht, wirklich nicht«, beeilte sich der Fürst zu antworten und errötete.
»Wer sonst sollte es denn wissen?« lachte Darsan.
»Allerdings könnte es … es könnte vielleicht …« Der Fürst verstummte verlegen.
»Das war niemand anderes als des Herrn Fräulein Schwester, Lisaweta Makarowna!« Stjebelkow zeigte plötzlich auf mich. »Ich bin nämlich dem Fräulein ebenfalls begegnet.«
»Ach ja, tatsächlich!« bestätigte der Fürst, aber diesmal mit höchst bestimmter und ernsthafter Miene, »das muß Lisaweta Makarowna gewesen sein, eine gute Bekannte von Anna Fjodorowna Stolbejewa, bei der ich jetzt logiere. Sie hat heute wahrscheinlich Darja Onissimowna besucht, eine andere gute Bekannte Anna Fjodorownas, die bei ihrer Abreise Darja Onissimowna das Haus anvertraut hat.«
Das traf ganz genau zu. Diese Darja Onissimowna war die Mutter der armen Olja, von der ich schon erzählt habe, und Tatjana Pawlowna war es
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