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Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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höheren Gesellschaft nicht empfangen wirst und von deren Sitten und Gebräuchen keine Ahnung hast. Bei denen in der höchsten Gesellschaft geht so etwas keineswegs so einfach, und es ist unmöglich, so mir nichts dir nichts zu heiraten … Und jetzt sage ich dir klipp und klar, wonach es dich gelüstet: Du möchtest mich zu dir locken, mich betrunken machen und mich soweit bringen, daß ich dir das Dokument herausgebe und mich auf irgendeine Machenschaft gegen Katerina Nikolajewna einlasse. Von wegen! Ich werde niemals zu dir kommen, und du mußt wissen, daß morgen, spätestens übermorgen dieses Dokument in ihren Händen sein wird, weil dieses Papier ihr gehört und ihre eigenen Schriftzüge trägt, und ich werde es ihr persönlich überreichen, und wenn du wissen willst, wo, so darfst du es ruhig wissen: Durch Tatjana Pawlowna, ihre Bekannte, in Tatjana Pawlownas Wohnung und in Tatjana Pawlownas Gegenwart, ich werde es ihr überreichen und nichts dafür fordern … Jetzt aber mach, daß du fortkommst, marsch, für immer, sonst … sonst, Lambert, werde ich dich nicht länger mit solch ausgewählter Höflichkeit behandeln …«
    Als ich zu Ende war, bibberte ich von Kopf bis Fuß. Das Schlimmste und Übelste im Leben, das immer und in jedem Falle schadet … ist Angeberei. Der Teufel muß mich geritten haben, als ich mich so in meine Rolle hineinsteigerte, daß ich am Ende meiner Rede, die Worte genüßlich betonend und die Stimme immer weiter erhebend, plötzlich im Feuer der Begeisterung das völlig überflüssige Detail preisgab, ich würde das Dokument durch Tatjana Pawlownas Vermittlung in deren Wohnung überreichen. Aber ich hatte damals plötzlich eine solche Lust, ihn ordentlich vor den Kopf zu stoßen! Als ich so direkt mit dem Dokument herausplatzte und plötzlich seinen albernen Schrecken sah, konnte ich plötzlich die Lust nicht unterdrücken, ihn durch exakte Details noch mehr zu schockieren. Und gerade dieses prahlerische weibische Gewäsch sollte später die Ursache schrecklicher Zwischenfälle werden, weil dieses Detail (Tatjana Pawlowna und ihre Wohnung) sich sofort in seinem Kopf festsetzte, wie es bei Gaunern und Praktikern en détail immer der Fall ist. Bei höheren und bedeutenden Zusammenhängen war er unfähig und beschränkt, aber für solche Kleinigkeiten hatte er immerhin einen feinen Riecher. Hätte ich Tatjana Pawlowna nicht erwähnt – manches Unheil wäre vermieden worden. Allerdings war er damals, als er mich hörte, im ersten Augenblick vollkommen fassungslos.
    »Hör doch«, murmelte er, »Alphonsina, Alphonsina wird uns singen. Alphonsina hatte sie aufgesucht; hör doch: Ich besitze einen Brief, fast einen Brief, wo Achmakowa von dir spricht, der Pockennarbige hat ihn mir beschafft, du erinnerst dich an den Pockennarbigen? – Du wirst es gleich sehen, gehen wir!«
    »Du lügst, her mit dem Brief!«
    »Er liegt zu Hause bei Alphonsina, gehen wir!«
    Selbstverständlich log er und phantasierte, zitternd vor Angst, ich könnte ihm davonlaufen; ich aber ließ ihn plötzlich mitten auf der Straße stehen, und als er sich anschickte, mir zu folgen, blieb ich ebenfalls stehen und drohte ihm mit der Faust. Er aber war bereits gedankenverloren stehengeblieben – und ließ mich gehen: Vermutlich zeichnete sich in seinem Kopf bereits ein neuer Plan ab. Aber für mich waren die Überraschungen und unverhofften Begegnungen noch nicht zu Ende … Und wenn ich mich an diesen ganzen unseligen Tag erinnere, so kommt es mir immer vor, als ob alle diese Überraschungen und Zufälle sich damals gleichsam abgesprochen hätten, um alle auf einmal aus einem gottverdammten Füllhorn auf mein Haupt zu regnen. Kaum hatte ich die Wohnungstür geöffnet, als ich gleich im Flur mit einem jungen Mann zusammenstieß, hochgewachsen, mit langem und bleichem Gesicht, eine achtunggebietende und »elegante« Erscheinung in einem prächtigen Pelz. Auf der Nase trug er ein Pincenez; aber sobald er mich erblickte, nahm er es von der Nase (sichtlich aus Artigkeit), lüftete höflich seinen Zylinder, übrigens ohne stehenzubleiben, sagte zu mir mit einem ebenso eleganten Lächeln: »Ah, bonsoir« und ging an mir vorbei ins Treppenhaus. Wir beide hatten einander sofort erkannt, obwohl ich ihn nur ein einziges Mal in meinem Leben, in Moskau, flüchtig gesehen hatte. Er war der Bruder Anna Andrejewnas, ein Kammerjunker, der junge Werssilow, der Sohn Werssilows, folglich auch mein Bruder. Die Wirtin hatte ihn

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