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Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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andere Frage; aber für mich ist das Wichtigste gerade die Geschlossenheit, die Vollendung der Form und eine wenigstens hinlängliche Ordnung, und zwar nicht mehr vorgeschrieben, sondern durch das eigene Leben schließlich erreicht. Mein Gott, bei uns war schon immer das Wichtigste irgendeine, aber schließlich eine eigene Ordnung! Darin war alle Hoffnung und sozusagen der Friede beschlossen: Endlich etwas Errichtetes und nicht dieses ewige Abreißen, nicht die in alle Richtungen fliegenden Späne, nicht Kehricht und Schutt, aus dem nun schon seit zweihundert Jahren immer noch nichts errichtet worden ist.
    Zeihen Sie mich nicht des Slawophilentums; ich sage das nur so – aus lauter Misanthropie, weil mir das Herz schwer ist! Heute, seit noch nicht allzu langer Zeit, geschieht bei uns etwas dem oben Beschriebenen völlig Entgegengesetztes. Es ist nicht Kehricht, der sich an der höheren Menschenschicht ansetzt, sondern im Gegenteil, der schöne Typus wird in gedankenloser Eile Stück um Stück abgetragen und mit den Neidischen und Ordnungslosen auf einen Haufen geworfen. Es ist keineswegs ein Einzelfall, wenn die Väter und Häupter der einstigen kultivierten Familien sich bereits darüber lustig machen, was ihre Kinder vielleicht immer noch glauben möchten. Mehr noch, sie freuen sich geifernd über das überraschende Recht auf Ehrlosigkeit, die ihnen plötzlich en masse zufiel, und denken gar nicht daran, diese Freude vor ihren eigenen Kindern zu verbergen. Ich spreche nicht von den wahrhaft fortschrittlich Denkenden, lieber Arkadij Makarowitsch, sondern nur von jenem Gesindel, das sich als zahllos erweist, von dem gesagt wird: › Grattez le russe et vous verrez le tartare. ‹ Und glauben Sie mir, daß die wahren Liberalen, die wahren und großzügigen Freunde der Menschheit bei uns gar nicht so dicht gesät sind, wie es uns plötzlich scheint.
    Aber dies alles ist – Philosophie; kehren wir zu unserem vorgestellten Romancier zurück. Die Lage unseres Romanciers wäre in diesem Fall vollkommen bestimmt: Er könnte in keinem anderen Stil als im historischen schreiben, weil der ästhetische Typus in unserer Zeit nicht mehr vorkommt, und die spärlichen Reste haben nach vorherrschender Meinung das Ästhetische bereits eingebüßt. Oh, im historischen Stil ist es durchaus möglich, eine Menge außerordentlich angenehmer und tröstlicher Details zu schildern! Der Leser könnte sogar dermaßen affiziert werden, daß er das historische Tableau mit einem solchen aus der Gegenwart verwechselt. Ein solches Werk würde, bei großem Talent, weniger zur russischen Literatur als vielmehr zur russischen Geschichte gehören. Es wäre ein künstlerisch vollendetes Bild der russischen Fata Morgana, die so lange wirklich war, bis man dahinterkam, daß es eine Fata Morgana war. Der Enkel jener Helden auf dem Tableau, das drei Generationen einer russischen Familie des durchschnittlich höher kultivierten Kreises im Zusammenhang mit der russischen Geschichte darstellt – dieser Enkel, ein Nachfahre seiner Ahnen, könnte als zeitgenössischer Typus nicht anders dargestellt werden als eben in einer misanthropischen, vereinsamten und zweifellos traurigen Gestalt. Er muß sogar als ein Sonderling erscheinen, den der Leser auf den ersten Blick als jemand erkennt, der das Feld geräumt, der das Feld für immer verloren hat. Und dann – dann wird auch dieser Enkel, der Misanthrop, verschwinden; neue Gesichter, noch unbekannte Gesichter, und eine neue Fata Morgana werden erscheinen; aber was für Gesichter sind das? Sind sie ohne Schöne, so ist die Weiterexistenz des russischen Romans ausgeschlossen. Aber wehe! Bleibt der Roman das einzige, was dann ausgeschlossen ist?
    Aber warum in die Ferne schweifen, ich komme lieber auf Ihr Manuskript zurück. Betrachten Sie zum Beispiel die beiden Familien des Herrn Werssilow (und erlauben Sie mir jetzt ein offenes Wort). Erstens, über Andrej Petrowitsch möchte ich mich nicht verbreiten, wiewohl er immerhin zu den Ahnen gehört. Er ist ein Adeliger und Angehöriger eines alten Geschlechts, und gleichzeitig ein Pariser Kommunarde. Er ist ein echter Dichter und liebt Rußland, lehnt es aber in Bausch und Bogen ab. Er hat überhaupt keine Religion, ist aber beinahe bereit, für etwas Unbestimmtes zu sterben, das er nicht einmal zu nennen vermag, woran er aber leidenschaftlich glaubt, dem Beispiel einer Vielzahl russischer europäischer Zivilisatoren aus der Petersburger Ära der russischen

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