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Ein guter Blick fürs Böse

Ein guter Blick fürs Böse

Titel: Ein guter Blick fürs Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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unter einer Decke gesteckt hat, ob er redet oder nicht. Aber bis dahin …«
    Ich wusste, dass ich frustriert und verbittert klang. Dunn war in der gleichen Stimmung.
    »Wenn dieser Schuft auf dem Friedhof Hector Mas war, wo zum Teufel steckt er jetzt?«, schäumte er. »Finden Sie ihn, Ross! Er muss doch auffallen wie ein bunter Hund, ganz egal, wo er steckt!«
    Da es nichts mehr gab, was ich noch tun konnte an diesem Abend, ging ich nach Hause zu meiner Frau. Es war bereits spät, doch Lizzie war aufgeblieben und wartete auf mich.
    »Ich hatte keine Zeit, heute zu kochen«, empfing sie mich. »Ich dachte, ich wäre rechtzeitig von der Beerdigung zurück, um noch etwas zu machen, und du wärst ebenfalls da, deswegen habe ich Bessie nicht gebeten, uns etwas zu kochen.«
    »Ich habe Bessies trockene Fleischpasteten und verbrannte Reispuddings gegessen«, antwortete ich. »Ich bin froh, dass du sie nicht gefragt hast. Nachdem Victorine Guillaume mich wie einen Idioten hat aussehen lassen und nachdem uns Mas auf dem Friedhof durch die Lappen gegangen ist, hätte mir Bessies Küche zweifellos den Rest gegeben.«
    »Sie verbessert ihre Fähigkeiten als Köchin«, verteidigte Lizzie unser Dienstmädchen. »Aber zufällig gibt es in der Speisekammer noch einen Rest von der Rindfleisch-Nieren-Pastete, die wir vor zwei Tagen hatten. Sie ist noch einigermaßen frisch. Es ist kühl in der Speisekammer um diese Jahreszeit, und man muss keine Angst haben, dass irgendetwas in so kurzer Zeit verdirbt.«
    Also aßen wir drei Tage alte Pastete, und ich muss sagen, sie schmeckte gut.
    Als ich am nächsten Morgen auf dem Yard eintraf, stellte ich fest, dass wir nach langer Zeit endlich einen entscheidenden Schritt weitergekommen waren. Die französische Polizei hatte unsere Anfrage beantwortet. Es war ein überraschend langer Bericht.
    Die Ehe zwischen Thomas Tapley und Victorine Guillaume war nach französischem Recht ordnungsgemäß geschlossen und registriert worden. Der Bräutigam hatte erklärt, Witwer zu sein. Die Braut hatte angegeben, unverheiratet zu sein. Sie war nicht ganz unbekannt bei der Polizei. Bevor sie sich als Wirtin einer seriösen Herberge niedergelassen hatte, war sie Tänzerin gewesen, außerdem die Mätresse eines Weinhändlers und zur gleichen Zeit Zuhälterin oder Kupplerin für eine Reihe junger Frauen, die sie zu Kurtisanen ausgebildet hatte. Letzteres hatte schließlich zu einer Untersuchung durch die Polizei geführt und in der Folge zum Verlust ihres Beschützers. Bevor ihr der Boden unter den Füßen zu heiß geworden war, hatte sie Paris verlassen und war für eine Reihe von Jahren verschwunden, möglicherweise nach England. Als sie schließlich zurückgekehrt war, hatte sie die Herberge in Montmartre erstanden. Sie war selbst nie im Gefängnis gewesen, doch sie war aktenkundig mit einer ganzen Reihe von Kleinkriminellen bekannt – einschließlich einem gewissen Hector Mas, nach dem wir ebenfalls gefragt hatten. Es wurde gemeinhin angenommen, dass er ihr Liebhaber war. Mas stammte ursprünglich aus Marseille. Er hatte eine Reihe von Jahren in Paris gelebt, wo er seinen Unterhalt hauptsächlich als Trickbetrüger und Kartenhai verdient hatte, der Neuankömmlingen aus der Provinz das Fell über die Ohren zog. Er hatte zweimal im Gefängnis gesessen, einmal in seiner Geburtsstadt Marseille und einmal in Paris. Mas war in den letzten Monaten nicht in Paris gesehen worden, ebenso wenig wie Victorine Tapley geborene Guillaume. Die Herberge befand sich weiterhin in ihrem Besitz und wurde während ihrer Abwesenheit von einem Geschäftsführer geleitet. Das Geschäft schien nach außen hin einwandfrei. Ein vor einigen Jahren entstandener Verdacht, es könnte sich um ein unregistriertes Bordell handeln, hatte durch die sich anschließenden Ermittlungen nicht erhärtet werden können.
    »Damit wissen wir zumindest«, sagte ich zu Dunn, »dass Hector Mas die übliche Sorte von glattzüngigem Kleinganoven ist. London ist voll von Kerlen wie ihm, alle mit dem gemeinsamen Ziel, die Leichtgläubigen und Naiven zu schröpfen.«
    »Und obwohl diese Frau auf dem Gegenteil beharrt, hält er sich gegenwärtig nicht in Frankreich auf, so viel wissen wir jetzt!«, schnaubte Dunn. »Er treibt sich irgendwo in London herum. Er wusste, wann und wo die Beerdigung stattfinden würde, und das kann er nur von Victorine erfahren haben! Er hat sich auf dem Friedhof in den Hinterhalt gelegt und auf eine Chance gelauert, Flora zu

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