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Ein guter Blick fürs Böse

Ein guter Blick fürs Böse

Titel: Ein guter Blick fürs Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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den Informationen anfangen?«
    »Offen gestanden, ich habe heute eine ganze Menge erfahren, aber ob es zu einer Spur führt, vermag ich noch nicht zu sagen. Dazu ist es zu früh. Ich muss morgen den Frühzug nach London erreichen.«
    »Ich komme Sie abholen und bringe Sie zum Bahnhof«, versprach Barnes. »Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen bei uns.«
    Elizabeth Martin Ross
    »Es ist wirklich schade, dass wir schon nach Hause müssen«, sagte Bessie, als wir in den Omnibus stiegen, um die Rückfahrt anzutreten.
    Ihr Tonfall war sehnsüchtig. Ich überlegte, dass sie nur selten nach draußen kam, um etwas Neues zu sehen, und dass der heutige Tag ein wunderbares Abenteuer für sie gewesen sein musste. Doch wir mussten noch nicht nach Hause, nicht auf direktem Weg. Ben würde ohnehin nicht vor dem späten Abend zu Hause sein, falls er überhaupt heute noch kam. Gut möglich, dass er übernachtete und erst morgen zurück nach London fuhr. Abgesehen davon hatte Horatio Jenkins mich durchaus richtig beurteilt. Ich war genauso infiziert vom Detektivspielen wie er selbst. Er hatte sich am Bryanston Square herumgetrieben in der Hoffnung, einen Fortschritt zu machen – und war mit meinem Anblick belohnt worden. Warum sollte ich nicht das Gleiche tun und auf ähnliches Glück hoffen?
    »Wir fahren zuerst zum Bryanston Square, wo Mr. Jonathan Tapley mit seiner Familie lebt«, entschied ich mit fester Stimme.
    Bessie riss die Augen auf. »Sie haben doch wohl nicht vor, an seine Tür zu klopfen, Missus?«, ächzte sie erschrocken.
    »Gewiss nicht, Bessie«, antwortete ich bedauernd. »Das darf ich nicht. Ich bin sicher, Maria Tapley würde mir nicht erlauben, Flora zu besuchen. Aber wir fahren trotzdem hin und spazieren ein wenig durch die Gegend, und dann … wer weiß?«
    »Ich würde sein Haus gerne sehen«, sagte Bessie.
    Der Bryanston Square lag ruhig da und lud im Schein der Frühlingssonne zum Verweilen ein. In der Mitte des Platzes gab es einen schattigen Park, umsäumt von einem Geländer. Die Tore standen offen, und zwei Kindermädchen schoben Korbstubenwagen die Wege hinauf und hinunter. Bessie und ich betraten den Park und setzten uns.
    »Ich habe gerne am Dorset Square gewohnt, als ich noch bei Mrs. Parry war«, sagte Bessie, um sogleich hastig hinzuzufügen: »Aber ich arbeite viel, viel lieber für Sie und den Inspector, Missus! Was ich sagen wollte, war, der Dorset Square ist ein wenig wie dieser hier, mit einem grünen Park in der Mitte.«
    »In der Umgebung von Waterloo Station gibt es leider keinen Park«, gestand ich. Die Erwähnung von Tante Parry ließ mich überlegen, ob wir nicht hingehen und sie noch einmal besuchen sollten, wo wir schon so nahe waren und falls sich hier am Bryanston Square nichts Interessantes ergab. Aber da ich erst vor so kurzer Zeit bei ihr zu Besuch gewesen war, verspürte ich keine große Lust dazu. Möglicherweise interpretierte sie meinen Besuch auch als Sehnsucht von meiner Seite, und ich bedauerte ganz gewiss nicht, dass ich ihr Haus verlassen hatte.
    »Missus!«, zischte Bessie und packte meinen Arm.
    Ich war in Tagträumereien versunken und hatte nicht bemerkt, dass sich die Vordertür des Tapley’schen Hauses geöffnet hatte und zwei Frauen auf die Straße getreten waren. Beide waren jung, also konnte keine von ihnen Maria Tapley sein. Eine war gut gekleidet, doch offensichtlich in Trauer. Die andere ganz in Grau hatte den unzufriedenen Gesichtsausdruck einer Kammerzofe. Die beiden überquerten die Straße in Richtung des Parks, wo Bessie und ich saßen.
    »Sie kommen hierher!«, keuchte Bessie. »Glauben Sie auch, Missus, dass die Dame in Schwarz die Tochter des armen alten Mr. Tapley ist?«
    »In der Tat, das glaube ich«, beschied ich Bessie. »Und ich beabsichtige, mich davon zu überzeugen!«
    Die beiden jungen Frauen hatten den Park erreicht und spazierten gemächlich umher. Sie unterhielten sich nicht. Flora – falls es Flora war – ging ein kleines Stück vor ihrer Begleiterin, den Kopf leicht geneigt, so dass ich nicht unter den Rand ihres Hutes sehen konnte. Die Zofe folgte ihr gesittet und mürrisch zugleich, ein Umhängetuch über dem Arm für den Fall, dass ihrer Herrin plötzlich kühl wurde. Ich beobachtete die beiden gespannt, bis sie ihre Runde beinahe beendet hatten und sich Bessie und mir näherten. Dann erhob ich mich von meinem Platz.
    »Verzeihen Sie«, sagte ich zu der jungen Frau in Schwarz. »Aber sind Sie vielleicht Miss Flora Tapley?«
    Sie

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