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Ein guter Blick fürs Böse

Ein guter Blick fürs Böse

Titel: Ein guter Blick fürs Böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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blickte überrascht auf. »Ja«, sagte sie einfach. Dann runzelte sie die Stirn. »Aber ich fürchte, ich kenne Sie nicht …«
    »Mein Name ist Elizabeth Ross. Ich bin die Ehefrau von Inspector Ross, dem Beamten, der wegen des Todes ihres Vaters ermittelt. Ich würde gerne meinem großen Bedauern angesichts der furchtbaren Geschichte Ausdruck verleihen. Ich kannte Ihren Vater flüchtig. Er wohnte nicht weit von uns. Ich sah ihn immer, wenn er spazieren ging, und wir grüßten einander im Vorübergehen.«
    Ihr Gesicht hellte sich auf vor Freude. »Sie kannten meinen Papa?« Sie warf einen Blick zu ihrer Zofe. »Warte hier, Biddy. Ich werde mit Mrs. Ross eine Runde drehen!«
    Wir gingen weiter und ließen die beiden Mädchen zurück. Sie standen beieinander und beobachteten uns. Bessie sah aufgeregt aus. Das andere Mädchen, Biddy, starrte uns unverhohlen übellaunig hinterher. Sie hatte ihre Instruktionen, Flora nicht von der Seite zu weichen, vermutlich von Maria Tapley persönlich. Wovor fürchtete sich Maria?
    »Was führt Sie hierher nach Bryanston Square, Miss Ross?«, fragte Flora.
    »Ich … ich habe eine Verwandte, die ganz in der Nähe am Dorset Square wohnt. Ihr Name ist Parry, und Sie sind ihr vielleicht schon begegnet. Ich hatte überlegt, sie zu besuchen.«
    Das war nicht gelogen. Ich hatte tatsächlich überlegt, ob ich Tante Parry noch einmal besuchen sollte, und mich dann dagegen entschieden. Was ich Flora natürlich nicht verraten musste.
    »Es sah so hübsch und friedlich aus hier im Park, und ich beschloss, für eine Weile auszuruhen und mich auf eine Bank zu setzen«, fügte ich hinzu.
    »Ja, es ist wirklich hübsch hier«, pflichtete mir Flora mit trauriger Stimme bei. »Und es ist mehr oder weniger der einzige Ort, an den ich gehen darf, ohne dass Tante Maria mich im Auge behält. Selbst jetzt schickt sie mir Biddy hinterher, um sicher zu sein, dass ich nicht irgendeine Dummheit begehe.«
    Dummheit? Was für ein merkwürdiger Gedanke. Ich fragte mich nicht zum ersten Mal, was Mrs. Tapley von ihrer wohlerzogenen Nichte dachte.
    »Sie werden demnächst heiraten, wenn ich richtig informiert bin?«, sagte ich. »Ihre Tante bewacht Sie übereifrig, vermute ich.«
    »Oh, ich weiß nicht, ob meine Heirat noch stattfindet«, entgegnete Flora, ohne lange zu überlegen. »Es gibt plötzlich ein Problem wegen der Art und Weise, wie mein Vater gestorben ist. Georges Eltern gefällt das überhaupt nicht. Sie sind entschieden auf Distanz zu dem ganzen Vorhaben gegangen. Mein Onkel und meine Tante sind ganz außer sich deswegen. Sie waren so erfreut, als George um meine Hand anhielt, aber wenn er mich jetzt nicht mehr genügend liebt, um mich trotz allem, was passiert ist, zu heiraten, dann will ich ihn auch nicht haben. Er sollte seinen Eltern endlich einmal die Stirn bieten, wenn sie Einwände haben. Meinen Sie nicht auch?«
    »Nun ja«, sagte ich vorsichtig. »Ich kenne den Gentleman nicht und auch nicht seine Familie …«
    »George ist immer sehr höflich und will es jedem recht machen.« Flora machte eine ungeduldige Handbewegung. »Ich meine, natürlich will er nicht, dass ich aufgebracht bin, aber er will auch nicht, dass seine Eltern aufgebracht sind. Seine Eltern sind nett, aber unglaublich steif und korrekt. Und dann ist da noch die Frage des Titels, die für sie sehr wichtig ist. George ist nicht der Erbe, sondern sein älterer Bruder Edwin. Aber wenn Edwin einen Unfall hat, irgendein Unglück …« Sie zögerte, dann fuhr sie fort. »Nicht, dass es wahrscheinlich wäre. Edwin ist sehr langweilig und klettert nicht auf Berge oder so was. Er studiert Motten, stellen Sie sich das vor! Er sitzt abends draußen im Garten mit einer Laterne und einem Netz, um die Tiere zu fangen. Aber angenommen, Edwin würde krank werden, eine Lungenentzündung beispielsweise, weil er immer die halbe Nacht draußen sitzt … Würde er sterben, wäre George der Erbe. Das haben sie ihm eingebläut, seit frühester Kindheit. Also darf es unter keinen Umständen einen Skandal geben, was seine zukünftige Frau betrifft, und das heißt so viel wie mich .«
    Flora stieß ein entrüstetes »Tsss!« aus. »Es ist nicht so, als würde Edwin Anzeichen machen, dass er irgendwann heiraten und einen Sohn bekommen will. Das würde George endlich frei machen, so dass er das tun kann, was er möchte. Ohne das, fürchte ich, wird George niemals für irgendetwas kämpfen, wenn es bedeutet, dass er sich gegen seine Eltern stellen

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