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Ein gutes Omen

Ein gutes Omen

Titel: Ein gutes Omen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Terry; Gaiman Pratchett
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erreichte das Ende der Treppe,
kletterte über einen breiten Kunststoffholm und holte mit der improvisierten
Brechstange aus. Einige kleine Streben knickten, und die Scheibe darüber
zerbrach. Es regnete Glassplitter.
    Echtes Licht
strömte herein und erhellte den Staub in der Halle. Die Folge: Es sah aus, als
wimmele es überall von Leuchtkäfern.
    Tief unten
sprengte der Baum seinen Betonkerker und entwickelte den Eifer eines
Schnellzugs, der sein Ziel in möglichst kurzer Zeit erreichen möchte. Jaime
hatte nie bemerkt, daß Bäume beim Wachsen ein Geräusch verursachen. Auch sonst
war das niemandem aufgefallen, denn das Geräusch, das sich über Hunderte von
Jahren hinzog, wurde im Vierundzwanzigstunden-Rhythmus lauter und leiser.
    Wenn man das
Wachstum beschleunigte und dadurch die Frequenz erhöhte, so daß sie für
menschliche Ohren wahrnehmbar wurde, klang es wie Wroooom.
    Jaime beobachtete, wie ihm der Baum wie eine pilzförmige grüne Wolke
entgegenraste. Dampf wallte im Bereich der Wurzeln.
    Das Stützgerüst
hatte nicht die geringste Chance. Die Reste der Kuppel verhielten sich wie ein
Tischtennisball auf einem Wasserstrahl.
    In den anderen
Teilen der Stadt ging es ähnlich zu, obwohl erwähnt werden sollte, daß man die
Stadt gar nicht mehr sehen konnte. Ein grüner Teppich nahm ihren Platz ein und
erstreckte sich bis zum Horizont.
    Jaime saß auf
einem Ast, hielt sich an einer Liane fest und lachte und lachte.
    Kurz darauf
begann es zu regnen.
    Die Kappamaki war ein Walforschungsschiff, und ihre
Besatzung versuchte, eine Antwort auf folgende wissenschaftliche Frage zu
finden: Wie viele Wale kann man in einer Woche fangen?
    Es gab nur ein
Problem – es ließen sich keine Wale mehr finden. Die Besatzung starrte auf
Monitore, die technologisch so hoch entwickelt waren, daß sie jedes Objekt,
größer als eine Sardine, fanden und gleichzeitig seinen Nettoverkaufswert auf
dem internationalen Ölmarkt berechneten. Doch die Bildschirme zeigten nichts.
Nur ab und zu erfaßten sie einen einzelnen Fisch, der in großer Hast
davonschwamm.
    Der Kapitän
trommelte mit den Fingern auf die Konsole. Er fürchtete, daß er sich bald mit
einem anderen Forschungsprojekt beschäftigen mußte, bei dem es um eine kleine,
statistisch repräsentative Gruppe von Walfangkapitänen ging, die mit leeren
Fabrikschiffen heimkehrten. Er fragte sich, wie die Reeder auf so etwas reagieren
mochten. Vielleicht sperren sie dich mit einer Harpune in
einem Raum ein und erwarten von dir, daß du den Weg der Ehre gehst, dachte er kummervoll.
    Die Leere auf
den Schirmen war geradezu unheimlich. Sie hätten zumindest irgend
etwas zeigen sollen.
    Der Navigator
betätigte einige Tasten, woraufhin eine maritime Karte aufleuchtete. Er
beobachtete und runzelte die Stirn.
    »Äh, Sir?«
    »Was ist?«
fragte der Kapitän mürrisch.
    »Sir, unsere
Instrumente scheinen nicht richtig zu funktionieren. Das Meer in diesem Bereich
sollte etwa zweihundert Meter tief sein. Sir.«
    »Und?«
    »Nach diesen
Angaben befindet sich der Grund des Ozeans fünfzehn Kilometer unter uns, Sir.
Und er senkt sich weiter ab. Sir.«
    »Unsinn. Kein
verdammtes Meer ist so verdammt tief.«
    Der Kapitän
starrte auf eine Konsole, die mehrere Millionen Yen wert war. Er schlug mit der
Hand dagegen.
    Der Navigator
lächelte nervös.
    »Ah, Sir«,
sagte er. »Es wird bereits seichter.«
    Erziraphael und
der englische Dichter Alfred Tennyson wußten: Unter dem
Donnern und Wogen der oberen Tiefe, weit unten im Reich ewiger Finsternis,
schlafet der Krake.
    Und jetzt erwacht er.
    Millionen
Tonnen Schlick rutschen von seinem gewaltigen Leib, als er langsam
emporgleitet.
    »Sir, sehen
Sie, Sir?« Der Navigator deutete auf den Bildschirm. »Es sind keine
fünfzehntausend Meter mehr. Nur noch dreitausend.«
    Der Krake hat
keine Augen. Bisher gab es für ihn nichts, das sich anzuschauen lohnte. Doch
als er durch die eisigen Wasser des Ozeans schwimmt, hört er das
Mikrowellengeräusch des Meeres, den traurigen Gesang der Wale.
    »Äh«, sagte der
Navigator. »Tausend Meter?«
    Der Krake ist
nicht amüsiert.
    »Fünfhundert
Meter?«
    Das
Fabrikschiff neigte sich auf plötzlichen Wellen hin und her.
    »Hundert
Meter?«
    Der Krake nimmt
ein kleines Metallding wahr und streckt die langen Tentakel danach aus.
    Zehn Milliarden
Sushi-Mahlzeiten bekamen endlich Gelegenheit, sich zu rächen.
    Das Wohnzimmerfenster
splitterte mit einem lauten Krachen. Dies war kein Sturm, sondern

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