Ein Hauch Vanille (German Edition)
kleiner Fahrzeuge, vor allem unzählige Zweiräder und einige
Fortbewegungsmittel, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Alles war schön
geordnet, nicht wie die Schuppen, die ich bis dato gesehen hatte. Es stand kein
Gerümpel in den Ecken und es herrschte auch sonst keinerlei Unordnung. Im hinteren
Teil war sogar ein kleines Labor eingerichtet. Von Weitem konnte ich
Reagenzgläser, Kolben, Destillationsapparaturen und allerlei Messzylinder
erkennen.
„Ist das deins?“ fragte ich mit einem flüchtig fragenden Blick.
„Ja, ich bin Biologe, oder zumindest will ich das mal werden“, schmunzelte er
kurz und zog mich gleich weiter, ohne anzuhalten. Vorbei an einer
wunderschönen, alten Zündapp, deren großer runder Scheinwerfer so blitzblank
geputzt war, dass ich mich im Vorbeigehen sogar darin spiegeln konnte. Doch zu
meinem Bedauern holte er unter der Vielzahl von Fortbewegungsmitteln ausgerechnet
das gleiche langweilige Segway hervor, mit dem auch Fara gerade gekommen war. Es
unterschied sich zwar durch ein größeres Podest von den unseren, doch durch die
Solarmodul Ausstattung schob ich es gleich in die öko Schublade, die für mich
aber auch im Widerspruch zur Schnelligkeit stand.
Shane nahm den Helm, der am Lenker der Zündapp baumelte, stellte sich vor mich
und setzte ihn mir auf. Er kontrollierte akribisch die Passform und wackelte
immer wieder daran. Als er mir nun auch noch das Visier öffnete, da es zu
beschlagen drohte, fühlte ich mich doch etwas zu bevormundet und richtete den
Helm noch einmal selbst.
„Wir holen jetzt deinen kleinen Bruder zurück“, sagte er voller Eifer. Ich war
überglücklich darüber jemanden gefunden zu haben, der Verantwortung übernahm.
Ich brauchte etwas Beständiges in meinem Leben, jemanden auf den ich mich
verlassen konnte, der in jeder Lebenslage für mich da war. Etwas, was mir in
letzter Zeit sehr gefehlt und ich sehr vermisst hatte. Denn diesen Platz hatte
sonst Robert bei mir eingenommen, doch jüngst entwickelte er eigene Interessen,
mehr denn je für Mädchen. Öfter zog er auch mit Kumpels los, um im Wald Rambo
zu spielen. Er war im Begriff ein Mann zu werden. Auf jeden Fall befand er sich
mitten in der Metamorphose.
Die
Verfolgungsjagd
S
hane
zog mich auf dem Segway behutsam hinter sich. Meine Hände führte er um seine
Taille und hielt sie bäuchlings fest umschlossen. Erwartungsvoll drehte er sich
zu mir um.
„Können wir?“ Zärtlich schmiegte ich mich an ihn, während ich diesen herrlichen
Duft nach Vanille in mich einsog. Ich schloss die Augen, umklammerte ihn noch
fester und wünschte mir, ihn nie mehr loslassen zu müssen. Erst hoffte ich
noch, dass das Glühen meines Körpers mich nicht verraten würde, doch dann
spürte ich auch seine zunehmende Wärme und seinen Herzschlag, der immer
schneller wurde, je enger ich mich an ihn schmiegte. Ich musste mich erst
sammeln, bevor ich ihm antworten konnte.
„Bereit!“ rief ich, wie zu einem Appell gerufen und beide lachten wir verschämt,
als wir mit unseren Helmen zusammenstießen, weil wir uns zu schnell in Bewegung
gesetzt hatten.
Auch für Robert hatte Shane einen Helm bereit gelegt, doch er und Fara hatten
noch nicht darüber gesprochen, dass auch sie mitkommen wollte, was
offensichtlich war, denn sie scharwenzelte die ganze Zeit um ihn herum. Dabei
wollte Robert zu gern bei ihr mitfahren, doch er konnte sich ja nicht selbst
einladen. Dann fiel Fara doch noch eine Lösung ein, die sie nicht zu
aufdringlich erscheinen ließ. Schüchtern blickte sie ihn von der Seite an,
während Robert verloren ins Nichts blickte.
„Es sieht so aus, als könntest Du eine Mitfahrgelegenheit brauchen?!“ Sofort
löste sich die Anspannung in Roberts Körper. Erleichtert sah er ihr entgegen,
stülpte blitzschnell den auf dem Boden liegenden dunklen Helm über und sprang
hinter ihr auf das Segway.
„Das ist wirklich lieb von dir“, sagte er, während er den Verschluss seines
Helmes betätigte.
Das
Collectum lag Kilometerweit entfernt und da Can, genau wie ich, mehr Wert auf
Ästhetik als auf Funktionalität legte, waren wir nun mit unseren Segways immens
im Vorteil. Denn der Kabinenroller, den er befuhr, war zwar optisch ein Traum,
doch für das Gelände völlig ungeeignet.
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