Ein Hauch Vanille (German Edition)
Ich staunte nicht schlecht, wie gut
Shane mit dem Segway umgehen konnte. Eigentlich besser als mir lieb war, denn
er fuhr nur haaresbreit an den Bäumen vorbei.
„Halt dich gut fest und behalt den Kopf immer hinter mir“, rief er, ohne sich
umzudrehen und gab mir damit den perfekten Vorwand mich noch enger an ihn zu
schmiegen. Ich versuchte mich so gut ich konnte in jede Kurve mit
hineinzulegen, während ich fassungslos die unzähligen kleinen Regenbögen
bestaunte, die doch nie näher kamen. Dabei regnete es nicht einmal. Beim
Anblick des intensiven Grüns der Wiesen, der hell leuchtenden Blumen und der
anmutig schwebenden großen, bunten Schmetterlinge, fühlte ich mich wie im
Paradies. Unter diesem farbenprächtigen Himmel, der unfähig zu sein schien,
sich für nur eine einzige Farbe zu entscheiden. Die ganze Zeit über ließen
meine Arme seinen Körper nicht los. Ich wollte den Moment festhalten. Nie hatte
ich mich vorher wohler, nie geborgener gefühlt und dieser Duft würde mich immer
daran erinnern. Deshalb sog ich so viel davon auf, wie ich nur konnte.
Im Augenwinkel sah ich, wie Fara zum Überholen ansetzte, was auch Shane nicht
entging, der sich sofort herausgefordert fühlte. Seine Körperspannung nahm zu,
er schaute immer wieder verbissen nach hinten und beobachtete wie nah sie schon
heran gekommen war. Indem er abwechselnd rechts und links einen Haken schlug,
versuchte er ihr den Weg zu versperren. Mit einem verschmitzten Lächeln drehte
er sich kurz in meine Richtung um.
„Schön festhalten!“ sagte er. Das kurze Aufblitzen in seinen Augen deutete ich
als Startschuss für das Rennen, das nun beginnen sollte. Wir waren nur kurz
nebeneinander auf, dann fuhr Fara eine Länge voraus. Robert winkte uns im
Vorbeifahren noch frech zu und grinste, was das Fass gänzlich zum Überlaufen
brachte. Shane packte nun vollends der Ehrgeiz. Mit zusammengebissenen Zähnen
zog er den Kopf etwas ein und gab Vollgas. Tatsächlich erlangte er die Führung
zurück, doch Fara duckte sich um windschnittiger zu sein, gab noch mehr Gas und
zog erneut an uns vorbei. Kunststück, mit ihren höchstens Fünfundvierzig Kilo
Eigengewicht, dachte ich. Robert würde aufgrund seiner Größe auch etwas weniger
als Shane wiegen, weshalb sie klar im Vorteil waren.
Fara fuhr mehr als waghalsig und hätte dabei fast einen Baum gestreift.
„Hoppla“, rief Robert ihr nach einer kurzen Schrecksekunde zu. „Das war aber
knapp!“ stellte er trocken fest. Doch sie blieb ihrer Linie treu und gab weiter
Vollgas. Robert bekam es nun langsam mit der Angst zu tun und fühlte sich ihr
ausgeliefert, wobei dieses Gefühl für ihn ja eigentlich nichts Neues sein
dürfte.
Shane beschloss dem Ganzen nun ein Ende zu setzen und als hätte er einen Turbo
eingelegt, schossen wir laut surrend an ihnen vorbei.
Wegen der Rallye, zu der sich beide hatten hinreißen lassen, verbrauchten sich
die Batterien unserer Segways schneller als erwartet und statt der dreißig
Kilometer Reichweite, versagte der Antrieb nun schon nach zwanzig Kilometern.
Weswegen wir wohl oder übel die zehn Kilometer bis zum Collectum zu Fuß
zurücklegen mussten.
Wir stellten die Segways auf freiem Feld ab, denn die Akkus, die solar
betrieben waren, mussten sich erst wieder aufladen. Nur gut, dass Shane wusste
in welche Richtung wir laufen mussten, denn mein Orientierungssinn hatte wieder
einmal völlig versagt.
Wir liefen so schnell quer Feld ein in den Wald hinein, dass ich kaum einen
Blick für die Artenvielfalt der Pilze erübrigen konnte. Lediglich bei ein paar
malerischen, roten Fliegenpilzen, die fünf Mal so groß wie die unseren waren,
machten wir kurz Halt. Aber nur, weil um sie herum massenhaft Zauberpilze
standen. Robert pflückte sich eine Handvoll. Sicherheitshalber steckte ich mir
auch noch welche in die Jackentasche. Es wurde wieder höchste Zeit zum “ zaubern“, wie wir es nannten, wenn wir nicht wieder zum Portal und somit nach Hause
zurückkehren wollten.
Ich verzog das Gesicht, sie schmeckten noch immer bitter, allerdings nicht mehr
so schlimm wie beim ersten Mal. Aber das konnte auch einfach nur daran liegen,
dass ich mir diesmal während des Kauens die Nase zuhielt. Trotzdem würde ich
mich an den Geschmack nie
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