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Ein Hauch von Moder

Ein Hauch von Moder

Titel: Ein Hauch von Moder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Sie sind lebende Tote. Man hat sie vor langer Zeit eingemauert. Sie waren eine gefährliche Truppe. Damals und auch heute…«
    »Gab es schon Tote?« fragte Suko.
    Die Antwort bekam er vom Familienvater. »Nein, offiziell nicht. Aber sind wir alle nicht schon so gut wie tot? Was ist das für ein Leben. Wir wissen selbst, daß wir wie Leichen riechen. Sie kamen in unsere Häuser und Wohnungen. Sie überfielen und berührten uns. Jeder wurde von ihnen angefaßt und seiner Seele beraubt, wie sie sagten. Wir sind nur noch Hüllen. Wir haben versucht zu beten, nicht einmal die Hände bekamen wir gefaltet. Die alten Werte sind verschwunden, Mister. Der Tod, das Grauen, die Hölle, sie alle haben hier die Regie übernommen. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie wir leiden.«
    »Das verstehe ich gut. Es klingt zwar lächerlich in Ihrer Lage, was ich Ihnen rate. Bitte, geben Sie nicht auf! Halten Sie die Ohren steif, die Hoffnung aufrecht. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
    Die Erwachsenen nickten. Die Kinder dagegen starrten zu Boden. Sie hockten auf alten Holzkisten mit blassen, leeren Gesichtern und wirkten wie Figuren.
    Suko drehte sich um und ging. Es tat ihm leid, die Leute allein zu lassen, doch im Keller konnte er für sie nichts tun. Er mußte warten, bis die lebenden Toten in den Ort einritten und sich ihnen dann entgegenstellen. Als Waffen trug Suko die Beretta, die Dämonenpeitsche und den Stab bei sich. Auf diese drei Dinge konnte er sich hundertprozentig verlassen, aber würden sie ausreichen, um alle zu vernichten?
    An der oberen Tür löschte er das Licht. Er schloß auch die Türen wieder und verließ das Haus.
    Noch immer war es nicht dunkel geworden. Aber die neu hinzugekommenen grauen Flächen waren keine Wolkenformationen mehr, da schob sich bereits der Rand der langen Dämmerung näher. Das Licht besaß auch keine Klarheit mehr, die Konturen der Häuser gingen ineinander über, und sie verschwammen auch. Suko wartete am Rand der Straße. Der Wind wirbelte Staub auf, brachte auch weiterhin den Modergeruch mit, ein Vorbote der unheimlichen Totengruft. Bisher hatte er nur seine eigenen Schritte gehört, wenn er über die Straße gegangen war.
    Das änderte sich.
    Von der rechten Seite her klangen andere Schritte auf. Wer sich dort näherte, wußte er nicht zu sagen, noch konnte er keinen Menschen entdecken. Suko rechnete allerdings damit, daß es sich um einen Bewohner aus Bury handelte.
    Die Schritte nahmen an Lautstärke zu. Sie schienen sich mit dem Hauch von Moder vereinigt zu haben, denn der Klang und der Geruch waren irgendwie gleich.
    Dann sah Suko den Mann.
    Er konnte ihn nicht genau erkennen, aber etwas an der Gestalt und deren Gehbewegungen kam ihm bekannt vor.
    Ein Bekannter…?
    Suko überkam ein bestimmter Verdacht. Er lief der Gestalt entgegen, die sich immer deutlicher aus dem trübe wirkenden Licht hervorschälte und von Suko erkannt wurde.
    Wie vor ein Hindernis gelaufen, blieb der Inspektor stehen. »Sir James!« ächzte er…
    ***
    Ich verließ einen Ort, der im Sterben lag.
    So jedenfalls war mir das menschenleere Dorf vorgekommen. Eine Oase des Schreckens, des Grauens, wo der Tod Einzug gehalten hatte und noch einmal zuschlagen würde.
    Meine Sicht war noch gut, trotzdem hatte ich die Scheinwerfer eingestellt. Die blassen Augen legten einen feinen, bleichen Teppich auf den Belag der Straße.
    Wieder rumpelte ich durch Schlaglöcher und Rinnen. Unter den Reifen spritzten kleine Steine weg, die Räder mähten die Gräser nieder, die auch auf dem Boden wuchsen.
    Diesmal lag Hartford Castle rechts von mir. Auf der Hinfahrt hatte ich von der normalen Straße her keinen Pfad gesehen, der zum Schloß hochführte. Ich hoffte nur, daß es einen gab, denn mit dem Rover kam ich nicht quer durch das Gelände.
    Die Berge und Hügel der Highlands hatten mehr Schatten bekommen. Sie sahen jetzt aus wie schwarze Buckel versteinerter Ungeheuer. Der Wind fuhr über das Gras, die Oberflächen der kleinen Seen erinnerten mich jetzt an dunkle Augen, auf denen sich Wellen kräuselten und leicht tanzten.
    Ich hatte die Fenster geöffnet. Es wehte kein Modergeruch mehr in den Wagen. Frische würzige Luft reizte zum tiefen Einatmen. Ich fühlte mich einfach besser und auch klarer im Kopf. Einen Modergestank hält auf die Dauer niemand aus.
    Von den Verdammten der Totengruft sah ich nichts. Wenn sie alle ihre schrecklichen Verliese verlassen hatten, dann war es ihnen gelungen, sich gut zu verstekken.
    Kurven

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