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Ein Hauch von Moder

Ein Hauch von Moder

Titel: Ein Hauch von Moder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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erschienen im blassen Schein der Lichter. Sehr eng, so daß ich gezwungen war, hart zu kurbeln. Dann sah ich die Herde. Ein vorspringender Hügelkamm an der linken Seite hatte mir bisher die Sicht verwehrt.
    Plötzlich tauchte eine Herde Schafe auf. Wie in Panik rannten sie, ohne auf irgendwelche Hindernisse zu achten.
    Ich war hart auf die Bremse getreten, dennoch hatte ich es nicht geschafft, den Rover früh genug zum Halten zu bekommen. Die ersten Schafe wichen nicht schnell genug aus. Sie prallten gegen den linken Kotflügel, den Wagen schüttelte es durch, er bekam Beulen, das alles war mir egal.
    Sekunden später hatte mich die Herde umringt. Ich vernahm das ängstliche Blöken der Tiere, es hörte sich an, als würden sie schreien. Sie drängten und schubsten sich gegenseitig, wurden gegen den Rover gepreßt und schrien weiter.
    Nur allmählich fanden die Schafe den Weg auf die andere Seite. Die Herde löste sich auf. Kläffend sprangen große Hunde näher. Sie bellten mich wütend an, bevor sie weiterrannten und die Schafe wieder zusammentrieben. Keine Herde ohne Schäfer. Auch hier entdeckte ich ihn. Nur benahm er sich ungewöhnlich.
    Schäfer sind normalerweise ruhige, naturverbundene Menschen. Dieser Mann schien vom Teufel gejagt zu werden. Er rannte die abschüssige Weidefläche hinab, der lange Mantel wehte wie eine Fahne hinter ihm her. Er schwang seinen Stock und wäre am Wagen vorbeigelaufen, hätte ich ihm nicht aus dem offenen Fenster her etwas zugerufen.
    »Bleiben Sie, Mister.«
    Er stoppte abrupt, sah mein Winken, schaute zuerst auf die Herde, die sich auf der anderen Seite des Pfads wieder gesammelt und auch beruhigt hatte.
    Zwei Hunde umkreisten sie kläffend.
    Ich stieg aus. Der Schäfer war mißtrauisch. Seine zögernden Schritte bestärkten mich in diesem Eindruck. Deshalb ging ich ihm entgegen und hob grüßend die Hand.
    »Ich… konnte nichts machen!« erklärte der bärtige Mann. »Tut mir leid, daß meine Tiere gegen Ihren Wagen gelaufen sind, aber sie gerieten plötzlich in Panik.«
    Ich ging noch näher auf ihn zu. »In Panik? Das muß doch einen Grund gehabt haben.«
    »Hatte es auch.« Er atmete heftig.
    »Welchen?«
    »Fliehen Sie um alles in der Welt, Mister. Meine Tiere haben das Böse gerochen. Es lauert in der Nähe, es ist hier, das kann ich Ihnen versichern. Das Böse hat sein Versteck verlassen…«
    »Die Verdammten der Totengruft?«
    Er starrte mich an. »Ja… ja… woher wissen Sie das?«
    »Ich suche sie.«
    Der Schäfer schlug hastig ein Kreuzzeichen. »Versündigen Sie sich nicht, Mister.« Dann schaute er sich scheu um. »Sie sind gefährlich, sie sind grauenhaft. Glauben Sie es mir.«
    »Das will ich gern tun. Aber mich interessieren noch andere Dinge. Ich will rüber zum Hartford Castle.«
    Der Mann kam mir vor, als wäre er am liebsten im Boden versunken.
    »Wohin wollen Sie?«
    »Zur Ruine. Dort soll sich die Totengruft befinden, wie ich gehört habe.«
    »Ja, die ist dort.«
    »Und auch verlassen?«
    Der Schäfer hob unbehaglich die Schultern. »Ich kann Ihnen wirklich nicht sagen, ob alle aus der Gruft entkommen sind. Das kann stimmen, muß aber nicht. Ich… ich weiß es nicht.«
    »Schon gut«, winkte ich ab. »Davon möchte ich mich gern selbst überzeugen.«
    »Sie werden nicht lebend zurückkehren, Mister.«
    »Das wollen wir mal dahingestellt sein lassen. Jedenfalls bedanke ich mich bei Ihnen.«
    Er lachte bellend. »Wofür? Dafür, daß es mir nicht gelungen ist, Sie davon abzuhalten, in den Tod zu laufen?«
    »So leicht stirbt man nicht. Sie haben gesagt, daß die Verdammten die Totengruft verlassen haben. Ich werde sie leer vorfinden, nehme ich an. Noch eine Frage. Kennen Sie den genauen Weg? Wenn ja, dann bitte beschreiben Sie ihn mir, damit ich nicht zu lange suchen muß.«
    »So einen Menschen wie Sie habe ich noch nie kennengelernt.« Der Schäfer knetete den Knauf seines Stockes. »Also passen Sie auf. Sie finden gleich einen Pfad, der hoch zur Ruine führt. Er ist sehr schmal, mit Gras überwachsen, deshalb müssen Sie schon sehr genau hinschauen, um die Abzweigung zu entdecken. Dem folgen Sie!«
    »Danke, das reicht.«
    »Der Herrgot sei mit Ihnen!« flüsterte der Schäfer zum Abschied mit bebender Stimme.
    Als ich anfuhr, winkte er mir nicht einmal nach. Fast fluchtartig wandte er sich wieder seiner Herde zu.
    Was den schmalen Pfad betraf, so hatte er mich nicht angeschwindelt. Wahrscheinlich hätte ich ihn ohne seinen Hinweis überhaupt nicht

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