Ein Hauch von Moder
elendig verhungern und verdursten. So genau ist es gewesen.«
Ich nickte. »Und das alles geschah tatsächlich freiwillig? Haben es die Templer wirklich so gewollt?«
»Das erzählt man sich.«
»Die Hartfords gehörten nicht zu ihnen?«
»Nicht direkt, meine ich. Ich kann mich auch irren. Vielleicht haben die Hartfords die Templer unterstützt. Ich weiß einfach zu wenig darüber.«
»Auf welcher Seite standen die Templer? Auf der des Teufels oder auf der anderen?«
»Wieso anderen?«
»Schon gut.« Ich winkte ab. »Kommen wir zu Ihnen. Sie haben den Modergeruch abgegeben. Das können Sie nicht abstreiten. Wie ist es dazu gekommen?«
»Sie waren hier.« Während seiner Worte senkte er den Kopf. »Sie waren überall. Wir konnten uns nicht wehren. Sie durchstreiften den Ort wie Geister.«
»Die Verdammten der Totengruft?«
»Ja, wer sonst?«
»Wie sahen sie aus?«
Der Wirt überlegte vor seiner Antwort. »Ich kann sie nicht genau beschreiben. Sie wurden von Nebelwolken begleitet. Sie waren eingehüllt in diesen Dampf. Sie stanken entsetzlich. Manche von ihnen hatten schwarze Gesichter. Einige hockten auf den Rücken knochiger Gäule. Sie ließen keinen von uns aus.«
»Haben sie auch getötet?« fragte ich.
»Jeder ist tot.«
Ich begriff seine Worte nicht so recht. »Wie meinen Sie das, Mister?«
»Wer von ihnen berührt ist, der stirbt langsam, aber sicher. Sie stehlen die Seele des Menschen.«
Stirbt langsam, aber sicher… Diese Worte hallten in meinem Kopf nach. Ich bekam starkes Magendrücken, wenn ich an Glenda Perkins und Sir James dachte. Auch sie waren von den Verdammten der Totengruft berührt worden, sogar von demjenigen, der sie meiner Ansicht nach anführte.
»Wollen Sie noch mehr wissen?« fragte der Wirt leise.
»Ja. Wir suchen zwei Menschen. Eine Frau und einen Mann. Wahrscheinlich sind sie hier.«
Ich beschrieb ihm Glenda und Sir James. Der Wirt schüttelte den Kopf. »Nein, die habe ich nie gesehen. Ich kenne sie nicht.«
»Aber Sie kennen einen gewissen Basil Hartford -oder?«
Der Wirt nickte. Gleichzeitig wehte mir wieder eine Moderwolke entgegen. »Ja, den gibt es. Er hat sich hier gezeigt. Er gehört zu denen, die alles unter Kontrolle halten.«
»Ist er der Anführer?«
»Ja.«
»Und Sie betreiben die Schänke allein?«
»Nein, meine Frau ist noch dabei.«
»Wo?«
»Ich habe sie in Sicherheit bringen können. Sie hat den Ort verlassen. Sie soll nicht sterben. Wir alle werden vergehen, Sir. Es gibt keine Chance für uns. Es wird immer schlimmer. Die nächsten Tage werden uns zeichnen, bis wir so aussehen wie die Verdammten aus der Totengruft. Das ist ihr Ziel.«
»Und eine Rettung gibt es nicht.«
»Nein, es ist alles so furchtbar.«
»Ich habe mein Kreuz, das…«
In einer panikartigen Reaktion streckte er mir beide Arme entgegen und spreizte die Hände. »Nein, nicht das Kreuz. Es ist unser Verderben. Es würde uns töten.«
»Sie werden, wenn sich der Fluch erfüllt und wir kein Gegenmittel finden, sowieso sterben.«
»Es gibt keine Rettung!«
»Haben sie schon etwas vom Dunklen Gral gehört?«
Der Wirt schaute mich an und schüttelte den Kopf. »Das ist ein mir fremder Begriff. Nie etwas davon gehört — nie!« Er wurde nervös und verknotete die Finger ineinander. »Ich will allein sein. Hier gibt es nichts mehr.« Seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern. »Alles ist vorbei, alles ist dem Tod geweiht. Dieser Ort wird sterben, wir werden sterben. Der Tod schwebt über uns, man hat uns die Seelen entrissen, wir sind nur noch äußerlich Menschen.«
»Geben Sie die Hoffnung trotz allem nicht auf. Noch sind Sie kein Veränderter.«
»Die Nacht wird es bringen«, gab er flüsternd zurück. »Die Nacht, wissen Sie…?«
»Was passiert dort Besonderes?«
»Da kommen sie wieder. Ich schwöre es Ihnen.«
»Und sie werden von Nebelwolken begleitet?« fragte ich.
»Ja, daran kann man sie erkennen. Dann reiten sie wie Gespenster und Geister. Lautlos…«
»Wenn das so ist, haben wir sie auch gesehen«, sagte ich. »Die Verdammten haben die Totengruft bereits verlassen. Sie müßte eigentlich leerstehen«, fügte ich noch murmelnd hinzu, bevor ich mich abwandte und zu Suko ging, der an der Tür wartete, mir jetzt den Weg freigab, so daß wir nach draußen gehen konnten.
Der Wirt stand wie ein Denkmal hinter der Theke und starrte uns noch nach.
Es war noch nicht dunkel geworden. Allerdings hatte der Himmel eine graue Farbe angenommen. Die Bläue war
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