Ein Hauch von Schnee und Asche
wenn auch kalt, so früh, wie es noch im Herbst war; der Atem der Pferde dampfte, als sie von Fraser’s Ridge hinunter durch die winzige Siedlung ritten, die die Leute jetzt Cooperville nannten, und sich dann Richtung Norden dem Great Buffalo Trail anschlossen. Er behielt den Himmel stets im Blick; es war viel zu früh für Schnee, aber schwere Regenfälle waren nichts Ungewöhnliches. Doch die wenigen Wolken waren Zirruswolken; kein Grund zur Sorge.
Sie redeten nicht viel, denn sie waren beide allein mit ihren Gedanken. Roger Mac war normalerweise ein angenehmer Begleiter. Doch ihm fehlte Ian; er hätte sich gern mit ihm darüber unterhalten, wie die Dinge jetzt mit Tsisqua standen. Ian verstand die Gedanken der Indianer besser als die meisten Weißen. Jamie hatte zwar keine Schwierigkeiten damit, Birds Geste, ihm die Gebeine des Eremiten zu schicken, zu verstehen – es sollte der Beweis seines fortgesetzten guten Willens gegenüber den Siedlern sein, falls der König ihm Gewehre schickte -, doch Ians Meinung wäre ihm viel wert gewesen.
Und um der Zukunft willen war es zwar notwendig, Roger Mac in den Dörfern vorzustellen… aber er wurde rot bei dem Gedanken, dem Mann erklären zu müssen, was …
Dieser verflixte Ian. Der Junge war einfach vor ein paar Tagen in der Nacht gegangen, er und sein Hund. Es war nicht das erste Mal, und er würde gewiss genauso plötzlich, wie er verschwunden war, wieder auftauchen. Welche Dunkelheit ihn auch immer aus dem Norden zurückgebracht hatte, dann und wann wurde sie zu viel für ihn, und er verschwand im Wald,
um schließlich schweigend und in sich gekehrt, aber friedvoller zurückzukehren.
Jamie verstand ihn sehr gut; das Alleinsein war auf seine eigene Weise ein Balsam gegen die Einsamkeit. Und gegen die Erinnerung, vor der der Junge im Wald flüchtete – oder die er dort suchte …
Hat er dir je von ihnen erzählt? , hatte Claire ihn sorgenvoll gefragt. Seiner Frau, seinem Kind?
Nein. Ian erzählte nicht das Geringste von seiner Zeit bei den Mohawk. Das Einzige, was er aus dem Norden mitgebracht hatte, war eine Armbinde aus blauen und weißen Wampum-Muscheln. Jamie hatte sie einmal in Ians Sporran erspäht, aber nicht genug gesehen, um das Muster zu erkennen.
»Der selige Michael beschütze dich, Junge, und mögen dich die Engel heilen« , dachte er an Ian gewandt.
So kam es, dass er kein wirkliches Gespräch mit Roger Mac führte, bis sie anhielten, um zu Mittag zu essen. Mit Genuss aßen sie die frisch zubereiteten Dinge, die die Frauen ihnen mitgegeben hatten. Es blieb genug für das Abendessen übrig; vom nächsten Tag an gab es nur noch Maisküchlein und alles, was ihren Weg kreuzte und sich leicht fangen und braten ließ. Dann noch ein Tag, und die Snowbird -Frauen würden sie als Vertreter des Königs von England auch königlich verpflegen.
»Letztes Mal gab es gefüllte Ente mit Yamswurzeln und Mais«, berichtete er Roger. »Wenn man Gast ist, gehört es sich, so viel zu essen, wie man kann, ganz gleich, was es gibt.«
»Verstehe.« Roger lächelte schwach, dann sah er das halb gegessene Wurstbrötchen in seiner Hand an. »Das mit den Gästen, meine ich. Ich glaube, wir haben ein kleines Problem – mit Hiram Crombie.«
»Hiram?« Jamie war überrascht. »Was ist denn mit Hiram?«
Rogers Mund zuckte; er war unsicher, ob er lachen sollte oder nicht.
»Nun, es ist nur – du weißt doch, dass alle das Skelett, das wir beerdigt haben, ›Ephraim‹ nennen, aye? Es ist ganz allein Briannas Schuld, aber so ist es nun einmal.«
Jamie nickte neugierig.
»Nun gut. Gestern ist Hiram zu mir gekommen und hat gesagt, er hätte über die Angelegenheit nachgedacht – im Gebet und so – und sei zu dem Schluss gelangt, dass, wenn es wahr sei, dass einige der Indianer Verwandte seiner Frau seien, es doch nur auf der Hand läge, dass einige von ihnen gerettet werden müssten.«
»Oh, aye?« Auch in seiner Brust regte sich Belustigung.
»Ja. Und deshalb, so sagt er, fühlt er sich berufen, diesen ahnungslosen Wilden das Wort Christi zu überbringen. Denn wie sollten sie es sonst hören?«
Jamie rieb sich die Oberlippe. Er war jetzt hin- und hergerissen zwischen
Belustigung und Bestürzung bei der Vorstellung, dass Hiram Crombie mit dem Psalmbuch in der Hand in die Dörfer der Cherokee eindrang.
»Mmpfm. Nun, aber… glaubt ihr – Presbyterianer – nicht, dass alles vorherbestimmt ist? Dass die einen gerettet werden, meine ich, und sich nichts daran ändern
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