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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Pferderücken schwang – mehr, um sich zu beschäftigen, als es nötig gewesen wäre. Sie hatte die Unterlippe zwischen die Zähne geklemmt und gab sich Mühe, keinen besorgten Eindruck zu machen, doch sie konnte niemandem etwas vorgaukeln.
    Er hob Jem hoch, damit er dem Maultier die Nase streicheln konnte, und um seiner Tochter und ihrem Mann einen Moment unter vier Augen zu gewähren. Clarence war von der gutmütigen Sorte und ließ Jems heftiges Tätscheln und seine falsch ausgesprochenen Cherokee-Ausdrücke geduldig über sich ergehen. Doch als sich Jem auf seinem Arm in Gideons Richtung wandte, lehnte sich Jamie abrupt zurück.

    »Nein, Junge, diesen hinterlistigen Kerl fasst du besser nicht an. Er beißt dir glatt die Hand ab.«
    Gideon zuckte mit den Ohren und stampfte ungeduldig mit dem Huf. Der kräftige Hengst konnte es gar nicht abwarten, aufzubrechen und sich erneut an Jamies Ermordung zu versuchen.
    »Warum behältst du dieses gemeingefährliche Vieh?«, fragte Brianna, als sie sah, wie Gideon seine Lippe kraus zog und voller Vorfreude seine gelben Zähne bleckte. Sie nahm ihm Jemmy ab und trat weit aus Gideons Reichweite heraus.
    »Was, unseren Gideon? Oh, wir kommen schon zurecht. Außerdem ist er die Hälfte meiner Tauschware, Liebes.«
    »Wirklich?« Sie warf dem großen Fuchs einen argwöhnischen Blick zu. »Bist du sicher, dass du keinen Krieg heraufbeschwörst, wenn du den Indianern so etwas gibst?«
    »Oh, ich habe nicht vor, ihnen Gideon zu geben«, versicherte er ihr. »Zumindest nicht direkt.«
    Gideon war ein übel gelauntes, eigensinniges Pferd mit einem eisernen Maul und dem dazu passenden Willen. Diese abstoßenden Eigenschaften schienen den Indianern höchst begehrenswert vorgekommen zu sein, genau wie seine kräftige Brust, seine Kondition und sein gut bemuskeltes Gebäude. Als ihm Quiet Air , der Sachem in einem der Dörfer, drei Hirschfelle im Austausch dafür angeboten hatte, seine gescheckte Stute von Gideon decken zu lassen, war Jamie mit einem Mal klar geworden, über was für ein Kapital er hier verfügte.
    »Es ist ein Riesenglück, dass ich nie Zeit hatte, ihn zu kastrieren«, sagte er. Er klopfte Gideon vertraulich auf den Widerrist und wich automatisch aus, als der Hengst mit dem Kopf herumfuhr, um nach ihm zu schnappen. »Er verdient sich seinen Lebensunterhalt und mehr, wenn er die Indianerpferde deckt. Es ist das Einzige, worum ich ihn je gebeten habe, ohne dass er sich geweigert hätte.«
    Brianna war von der Morgenkälte so rot wie eine Christrose; bei diesen Worten lachte sie jedoch und wurde noch röter.
    »Was heißt kastrieren?«, erkundigte sich Jemmy.
    »Das wird dir deine Mutter erklären.« Er grinste sie an, wuschelte mit der Hand durch Jemmys Haar und wandte sich Roger zu. »Fertig, Junge?«
    Roger beugte sich aus dem Sattel, um Brianna ein letztes Mal zu küssen, dann waren sie unterwegs. Er hatte sich vorhin schon unter vier Augen – und gründlich – von Claire verabschiedet.
    Sie stand im Fenster ihres Schlafzimmers, um ihnen im Vorbeireiten zuzuwinken, ihre Haarbürste in der Hand. Ihre Locken umstanden ihren Kopf in alle Richtungen, und die frühe Morgensonne fing sich darin wie Flammen in einem Dornbusch. Ihm wurde merkwürdig zumute, als er sie so ungeordnet sah, halb nackt in ihrem Hemd. Es war ein Gefühl heftigen
Verlangens, trotz der Dinge, die er vor nicht einmal einer Stunde mit ihr getan hatte. Und etwas, das beinahe Angst war, als könnte er sie nie wiedersehen.
    Unwillkürlich blickte er auf seine linke Hand und sah den Geist der Narbe an der Wurzel seines Daumens. Das »C« war so verblichen, dass es kaum noch zu sehen war. Er hatte es seit Jahren nicht mehr bewusst wahrgenommen oder daran gedacht, und plötzlich hatte er das Gefühl, als reichte die Luft nicht zum Atmen.
    Doch er winkte, und sie warf ihm lachend einen spöttischen Kuss zu. Himmel, er hatte seinen Abdruck auf ihr hinterlassen; er konnte den dunklen Flecken sehen, den er auf ihren Hals gedrückt hatte, und vor Verlegenheit stieg ihm die Röte ins Gesicht. Er bohrte Gideon die Fersen in die Flanken, woraufhin der Hengst missmutig quietschte und herumfuhr, um ihn ins Bein zu beißen.
    Dadurch wurde er abgelenkt, bis sie das Haus hinter sich gelassen hatten. Er blickte nur noch einmal zurück, an der Wegmündung, und sah sie immer noch dort stehen, vom Licht umrahmt. Sie hob die Hand, als wollte sie ihn segnen, und dann verschwand sie hinter den Bäumen.
    Das Wetter war schön,

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