Ein Hauch von Schnee und Asche
dem Stahl klappern hören wie bei einer Totenwache, Mrs. Claire; warum konntet Ihr nicht in die Küche kommen und Euch Feuer holen wie ein normaler Mensch?« Sie hielt den Docht an das Brennmaterial in meinem Kohlebecken, das prompt in Flammen aufging.
»Übung«, sagte ich und legte Stöckchen auf das junge Feuer. »Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, irgendwann zu lernen, wie man in weniger als einer Viertelstunde Feuer macht.«
Marsali und Mrs. Bug prusteten gleichzeitig voller Verachtung los.
»Och, Lämmchen, eine Viertelstunde ist doch gar nichts! Gott, wie oft habe ich schon eine Stunde und mehr dazu gebraucht, feuchten Zunder zum Brennen zu bringen – vor allem in Schottland, wo es im Winter nichts Trockenes gibt. Warum glaubt Ihr, dass sich die Leute solche Mühe geben, ihr Feuer für die Nacht auf Sparflamme weiterglimmen zu lassen?«
Dies führte zu einer erregten Diskussion darüber, wie man am besten ein Feuer für die Nacht abdämpfte, einschließlich einer Auseinandersetzung darüber, welches Gebet dabei zu sprechen sei. Und dies dauerte so lange, dass ich das Kohlebecken ordentlich zum Glühen bringen und einen kleinen Kessel hineinstellen konnte, um Tee zu machen. Ich hatte nur noch einen winzigen Vorrat an echten Teeblättern, doch ich war der Meinung, dass der Anlass es rechtfertigte.
Die Erwähnung Schottlands schien Marsali auf einen Gedanken gebracht zu haben, denn sie erhob sich auf ihren Ellbogen.
»Mutter Claire – glaubst du, es würde Pa etwas ausmachen, wenn ich mir ein Blatt Papier und etwas Tinte borge? Ich glaube, es wäre gut, wenn ich meiner Mutter schriebe.«
»Ich glaube, das wäre eine hervorragende Idee.« Ich ging Papier und Tinte holen, und mein Herz schlug ein wenig schneller. Marsali war ganz ruhig; ich war es nicht. Doch ich hatte das schon öfter erlebt; ich war mir nicht sicher, ob es Fatalismus, Glaube oder ein rein körperliches Phänomen war – aber Frauen unter der Geburt schienen oft jede Angst zu verlieren, sich ganz auf sich zu konzentrieren und eine Selbstversunkenheit an den Tag zu legen, die an Gleichgültigkeit grenzte – einfach nur, weil sie nicht die geringste Aufmerksamkeit für etwas anderes als jenes Universum übrig hatten, das im Inneren ihrer Bäuche lag.
Also ließ mein anhaltendes Gefühl des Grauens nach, und zwei oder drei Stunden verstrichen in friedlicher Ruhe. Marsali schrieb an Laoghaire, aber auch an jedes ihrer Kinder. »Nur für alle Fälle«, sagte sie lakonisch, als sie mir die zusammengefalteten Notizen reichte, damit ich sie weglegte. Mir fiel auf, dass sie nicht an Fergus geschrieben hatte, doch ihr Blick fuhr bei jedem Geräusch zur Tür.
Malva Christie kreuzte auf. Ihre Miene war aufgeregt, und ich gab ihr sofort etwas zu tun, nämlich aus Tobias Smollets Die Abenteuer des Peregrine Pickle vorzulesen.
Jamie kam herein. Er war voller Straßenstaub und küsste mich auf die Lippen und Marsali auf die Stirn. Er betrachtete die unorthodoxe Situation und sah mich mit dem Hauch einer hochgezogenen Augenbraue an.
»Wie geht es denn, a muirninn ?«, fragte er Marsali.
Sie verzog ein wenig das Gesicht und streckte ihm die Zunge heraus, und er lachte.
»Du hast nicht zufällig Fergus irgendwo gesehen, oder?«, fragte ich.
»Aye, das habe ich«, sagte er und schien ein wenig überrascht zu sein. »Braucht ihr ihn?«
»Ja«, sagte ich mit Nachdruck. »Wo ist er denn?«
»Woolam’s Mill. Er dolmetscht für einen Reisenden aus Frankreich, ein Künstler, der hier auf der Suche nach Vögeln ist.«
»Vögel, wie?« Diese Vorstellung schien Mrs. Bug zu verärgern, denn sie legte ihre Strickarbeit nieder und richtete sich auf. »Dann spricht unser Fergus also in Vogelzungen, wie? Nun, geht und holt ihn sofort zurück. Dieser Franzose kann sich selbst um seine Vögel kümmern!«
Jamie, den so viel Vehemenz sehr zu verblüffen schien, ließ sich von mir aus dem Zimmer in den Flur und bis zur Haustür geleiten. Als wir außer Hörweite waren, blieb er stehen.
»Was ist mit der Kleinen?«, wollte er leise wissen und warf einen Blick zurück zum Sprechzimmer, wo Malvas klare, hohe Stimme wieder zu lesen begonnen hatte.
Ich sagte es ihm, soweit ich es konnte.
»Möglich, dass es nichts ist; ich hoffe es sehr. Aber – sie verlangt nach Fergus. Sie sagt, er hat sich von ihr fern gehalten, weil er sich schuldig fühlt an den Vorfällen bei der Mälzerei.«
Jamie nickte.
»Nun, aye, das kann ich verstehen.«
»Verstehen? Aber
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