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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Nun, wenn es Euch kümmert, ob sie das tun, geht Ihr besser zur Center Street«, schlug Jezebel hilfsbereit vor. »Aus irgendjemandem machen sie da gleich ein Brathuhn, so sicher, wie Gott die kleinen grünen Äpfel geschaffen hat. Die ganze Stadt riecht nach heißem Teer, und die Leute kommen aus allen Wirtshäusern gequollen.«
    Melanie und Miranda kreischten gleichzeitig auf und rannten auf die Tür zu, indem sie sich an der unerschütterlichen Jezebel vorbeischoben. Ich bewegte mich eilig in dieselbe Richtung und wäre um ein Haar mit Ralston Bogues zusammengestoßen, der gerade noch rechtzeitig zur Tür hereinkam, um seine hysterische Frau aufzuhalten.
    »Randy, pass auf deine Brüder auf«, sagte er ruhig. »Ruhig, Mellie, es ist ja schon gut.«
    »Teer«, keuchte sie an ihn geklammert. »Sie hat gesagt – sie hat gesagt -«
    »Nicht ich«, sagte er, und ich sah, dass sein Haar triefte und sein Gesicht unter dem Schweiß blass war. »Sie sind nicht hinter mir her. Es ist der Drucker.«
    Er löste die Hände seiner Frau sanft von seinem Arm und trat hinter die Ladentheke, wobei er einen kurzen, neugierigen Blick auf Jezebel warf.
    »Nimm die Kinder, geh zu Ferguson«, sagte er und zog eine Flinte aus ihrem Versteck unter der Theke. »Ich komme, sobald ich kann.« Er griff in einer Schublade nach Pulverhorn und Patronenbeutel.
    »Ralston!«, flüsterte Melanie mit einem Blick auf Mirandas Rücken, doch durch die schwache Lautstärke war ihr Ton nicht weniger flehend. »Wohin gehst du?«
    Sein Mundwinkel zuckte, aber er antwortete nicht.
    »Geh zu Ferguson«, erwiderte, ohne den Blick von der Patrone in seiner Hand abzuwenden.

    »Nein! Nein, geh nicht! Komm mit uns, komm mit mir!« Sie packte ihn panisch am Arm.
    Er schüttelte sie ab und lud weiter hartnäckig das Gewehr.
    »Geh, Mellie.«
    »Nein!« Sie wandte sich drängend an mich. »Mrs. Fraser, sagt es ihm. Bitte, sagt ihm, dass es Verschwendung ist – schreckliche Verschwendung! Er darf nicht gehen.«
    Ich öffnete den Mund, ohne zu wissen, was ich zu den beiden sagen sollte, doch die Entscheidung wurde mir abgenommen.
    »Ich glaube nicht, dass Mrs. Fraser es für Verschwendung halten wird, Mellie«, sagte Ralston Bogues, den Blick immer noch auf seine Hand gerichtet. Er schlang sich den Riemen des Patronenbeutels über die Schulter und entsicherte das Gewehr. »Im Moment hält ihr Mann sie in Schach – er ganz allein.«
    Jetzt sah er mich an, nickte und war fort.
     
    Jezebel hatte Recht; man konnte in der ganzen Stadt Teer riechen. Das war zwar im Sommer alles andere als ungewöhnlich, vor allem in der Nähe der Lagerhäuser an den Docks, doch der scharfe, stickige Geruch, der mir in die Nase biss, hatte etwas Bedrohliches an sich. Abgesehen von dem Teer – und meiner Angst – keuchte ich, weil ich mich angestrengt bemühte, mit Ralston Schritt zu halten, der zwar noch nicht rannte, aber sich doch so schnell bewegte, wie es möglich war, ohne in Trab zu verfallen.
    Jezebel hatte auch Recht gehabt, was die Menschen betraf, die aus den Wirtshäusern strömten; die Ecke der Center Street war von einer aufgeregten Menge verstopft. Zum Großteil Männer, wie ich registrierte, doch ein paar Frauen von der raueren Sorte waren ebenfalls dabei, Fischweiber und Leibeigene.
    Der Apotheker zögerte bei diesem Anblick. Einige Gesichter wandten sich in seine Richtung; ein oder zwei zupften ihren Nachbarn am Ärmel und zeigten mit den Fingern auf ihn – und ihre Mienen waren nicht besonders freundlich.
    »Scher dich fort, Bogues!«, rief ein Mann. »Das ist nicht deine Sache – noch nicht!«
    Ein anderer hob einen Stein auf und warf damit. Er landete harmlos klickernd über einen Meter vor Bogues auf dem hölzernen Gehsteig, doch dies lenkte noch mehr Aufmerksamkeit auf ihn. Teile der Menge begannen, sich umzudrehen und langsam in unsere Richtung zu drängen.
    »Papa!«, sagte ein atemloses Stimmchen hinter mir. Ich drehte mich um und sah Miranda dort stehen. Sie hatte ihre Haube verloren, ihre Zöpfe fielen ihr über den Rücken, und ihr Gesicht war vom Rennen dunkelrot angelaufen.
    Ich hatte keine Zeit zum Überlegen. Ich hob sie auf und schwang sie ihrem
Vater entgegen. Dieser ließ überrumpelt das Gewehr fallen und bekam sie unter den Armen zu fassen.
    Ein Mann sprang vor und griff nach dem Gewehr, aber ich bückte mich und bekam es zuerst zu fassen. Ich wich vor ihm zurück, klammerte es an meine Brust und funkelte ihn herausfordernd an.
    Ich kannte ihn

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