Ein Hauch von Schnee und Asche
»Tory-Tory-Tory!«-Rufe waren verstummt, während sich alles fasziniert mit dem Konflikt in der oberen Etage befasste, doch jetzt begannen sie von neuem – unterbrochen von lauten Aufforderungen an den Drucker, herauszukommen und sich zu ergeben.
»Kommt heraus, Simms!«, brüllte Forbes. Ich sah, dass er sich mit einem frischen Besen bewaffnet hatte und sich der Tür der Druckerei näherte. Jamie bemerkte ihn ebenfalls, und ich sah, wie er verächtlich den Mund verzog.
Silas Jameson, der Betreiber einer Gastwirtschaft im Ort, stand hinter Forbes, zusammengekauert wie ein Ringer, das breite Gesicht zu einem gemeinen Grinsen verzogen.
»Komm raus da, Simms!«, wiederholte er. »Was für ein Mann sucht denn Zuflucht unter einem Schottenrock, hä?«
Jamesons Stimme war so laut, dass jeder das hörte, und die meisten lachten – auch Jamie.
»Ein kluger!«, rief Jamie zurück und schüttelte das Ende seines Plaids in Jamesons Richtung. »Dieser Tartan hat in seinem Leben schon so manchem armen Kerl Zuflucht geboten!«
»Und bestimmt auch’ner Menge Mädchen, wette ich!«, rief eine mutige Seele in der Menge.
»Was, glaubt Ihr, Eure Frau steckt unter meinem Plaid?« Jamie atmete schwer, sein Hemd und sein Haar klebten ihm verschwitzt am Körper, doch
er grinste immer noch, als er seinen Kiltsaum ergriff. »Möchtet Ihr sie vielleicht suchen?«
»Ist für mich da unten auch noch Platz?«, rief eins der Fischweiber prompt.
Gelächter wogte durch die Menge. Dieser Pöbel war genauso wankelmütig wie alle anderen, und die Stimmung der Leute schwankte zwischen Bedrohung und Amüsement. Ich holte tief und bebend Luft und spürte, wie mir der Schweiß zwischen den Brüsten hinunterlief. Er hatte sie im Griff, aber er balancierte auf Messers Schneide.
Wenn er es sich in den Kopf gesetzt hatte, Simms zu beschützen – und das hatte er -, dann konnte ihn keine Macht der Erde dazu bringen, den Drucker im Stich zu lassen. Wenn der Pöbel Simms wollte – und das wollte er-, mussten sie Jamie überwältigen. Und das würden sie, dachte ich. Es konnte sich nur noch um Minuten handeln.
»Komm raus, Simms!«, gellte eine Stimme aus den schottischen Lowlands. »Du kannst dich doch nicht den ganzen Tag hinter Fraser verstecken!«
»Lieber einen Drucker im Hintern als einen Anwalt!«, rief Jamie zurück und schwenkte zur Demonstration seinen Besen in Forbes’ Richtung. »Ein Drucker nimmt weniger Platz weg, aye?«
Das brachte sie zum Grölen; Forbes war ein massiger Kerl, während Fogarty Simms ein wahrer Hänfling war. Forbes lief puterrot an, und ich sah, wie sich viel sagende Blicke auf ihn richteten. Forbes war Mitte vierzig, nie verheiratet gewesen, und es gab Gerede…
»Ich möchte keinen Rechtsanwalt im Hintern stecken haben«, rief Jamie fröhlich und stieß mit dem Besen nach Forbes. »Er stiehlt einem die Scheiße und kassiert für ein Klistier!«
Forbes öffnete den Mund, und sein Gesicht wurde lila. Er trat einen Schritt zurück und schien etwas zurückzuschreien, doch niemand konnte seine Antwort hören, die im dröhnenden Gelächter der Menge unterging.
»Und dann würde er sie einem noch als Dünger zurückverkaufen«, brüllte Jamie, sobald er wieder zu hören war. Er drehte seinen Besen flink um und stach Forbes mit dem Griff in den Bauch.
Die Menge johlte schadenfroh, und Forbes, der ein schlechter Verlierer war, verlor den Kopf und ging auf Jamie los. Er hielt seinen Besen wie eine Schaufel vor sich hin. Jamie, der ganz offensichtlich auf einen solchen unüberlegten Schachzug gewartet hatte, trat wie ein Tänzer beiseite, stellte Forbes ein Bein und schlug ihm den teerverschmierten Besen über die Schulter, so dass er zum lautstarken Entzücken der ganzen Straße bäuchlings in der abkühlenden Teerpfütze landete.
»Hier, Tante Claire, halt das fest!« Die Flinte wurde mir plötzlich wieder in die Hände gedrückt.
»Was?« Ich fuhr völlig überrumpelt herum und sah, wie sich Ian hinter
der Menge entlangbewegte und Fergus zuwinkte. Unbemerkt von der Menge – deren Aufmerksamkeit ganz dem am Boden liegenden Forbes galt – erreichten sie in Sekunden das Haus, aus dessen Fenster das Federbett hing.
Ian bückte sich und verschränkte die Hände; Fergus trat in diesen improvisierten Steigbügel, schwang sich aufwärts und hieb mit seinem Haken nach dem Federbett. Er blieb hängen; Fergus baumelte einen Moment daran und packte mit der gesunden Hand hektisch den Haken, um zu verhindern, dass er sich
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