Ein Hauch von Schnee und Asche
meinen Blick mit einem humorvollen Glitzern in den Augen, doch er nickte ernst.
»Nun gut.«
Auf meine Anweisung hin erhob er das schwere Gefäß mit den Kräutern: eine Mischung aus geriebenem Muskat und zerstoßenem Majoran, Salbei und Cayenne, Petersilie und Thymian. Roger hielt ihm die Hände hin, so dass sie eine Schale formten, und Jamie schüttete sie ihm voll. Dann zerrieb Roger die Kräuter langsam zwischen seinen Handflächen und ließ die staubigen, grünlichen Krümel in das Fass rieseln, wobei sich ihr durchdringender Duft mit dem Blutgeruch vermischte und Jamie langsam die Worte sprach, in einer uralten Zunge, die aus den Tagen der Nordmänner überliefert war.
»Sag es auf Englisch«, sagte ich, denn ich konnte Roger ansehen, dass er die Worte zwar wiederholte, aber nicht jedes verstand.
»O Herr, segne das Blut und das Fleisch dieser Kreatur, die du mir geschenkt hast« , betete Jamie leise. Er ergriff ebenfalls eine Prise der Kräutermischung und zerrieb sie zwischen Daumen und Zeigefinger zu einem duftenden Staubregen.
»Von deiner Hand erschaffen, wie du den Menschen erschaffen hast.
Leben, zum Leben gegeben.
Dass ich und die Meinen essen können, voll Dank für das Geschenk,
Dass ich und die Meinen dir danken können für dein eigenes Opfer aus
Fleisch und Blut,
Leben, zum Leben gegeben.«
Die letzten der grauen und grünen Krumen verschwanden unter meinen Händen in der Mischung, und das Ritual des Wurstteiges war vollendet.
»Das war lieb von dir, Sassenach«, sagte Jamie, als er mir hinterher meine sauberen, nassen Hände und Arme mit dem Handtuch abtrocknete. Er wies kopfnickend auf die Hausecke, hinter der Roger jetzt mit wesentlich friedvollerem Gesichtsausdruck verschwunden war, um bei den restlichen Metzgerarbeiten zu helfen. »Ich wollte es ihm vorher sagen, aber ich wusste nicht, wie.«
Er zog eine angedeutete Grimasse und wischte sich eine Haarsträhne zur Seite, die der Wind aus seinem Zopf gerupft hatte.
Ich lachte und trat dichter an ihn heran. Es war ein kalter, windiger Tag, und jetzt, wo ich zu arbeiten aufgehört hatte, trieb mich die Kühle dichter zu ihm, um seine Wärme zu suchen. Er legte die Arme um mich, und ich spürte die beruhigende Hitze seiner Umarmung – und das leise Knistern von Papier in seinem Hemd.
»Was ist das?«
»Oh, ein Briefchen, das Sinclair mitgebracht hat«, sagte er und trat ein
Stück zurück, um in sein Hemd zu fassen. »Ich wollte es nicht in Gegenwart des Majors öffnen, und ich hatte die Befürchtung, dass er es lesen würde, wenn ich aus dem Zimmer gehe.«
»Der Brief ist sowieso nicht für dich«, sagte ich und nahm ihm das fleckige Papier ab. »Er ist für mich.«
»Ach ja? Davon hat Sinclair nichts gesagt, hat ihn mir einfach nur gegeben.«
»Typisch!« Wie üblich betrachtete mich Ronnie Sinclair – genau wie alle anderen Frauen – als unbedeutendes Anhängsel eines Ehemannes. Die Frau, die er womöglich zur Heirat verleiten würde, tat mir jetzt schon Leid.
Ich faltete den Brief unter Schwierigkeiten auseinander; er war so lange auf verschwitzter Haut getragen worden, dass seine Ränder ausgefranst waren und zusammenklebten.
Die Botschaft, die er enthielt, war kurz und rätselhaft, aber beunruhigend. Sie war mit einem Werkzeug wie einem angespitzten Stöckchen in das Papier geritzt worden, und die verwendete Tinte erinnerte unangenehm an getrocknetes Blut, selbst wenn es wahrscheinlich eher Beerensaft war.
»Was steht denn da, Sassenach?« Als er das Stirnrunzeln sah, mit dem ich das Papier betrachtete, trat Jamie an meine Seite, um es sich anzusehen. Ich hielt es ihm hin.
Ganz unten in einer Ecke, als hätte der Absender gehofft, dass es so nicht auffallen würde, war in blassen, winzigen Buchstaben das Wort Faydree geschrieben. Darüber war in kühneren Buchstaben die Nachricht hingekratzt:
Kum
Her
»Sie muss es sein«, sagte ich und zog mein Schultertuch fester um mich, weil ich zitterte. Im Sprechzimmer war es kalt, obwohl das kleine Kohlebecken in der Ecke brannte, aber in der Küche warteten Ronnie Sinclair und Major MacDonald bei einem Glas Cidre darauf, dass die Würstchen fertig wurden. Ich breitete die Note mit der finsteren, bestimmten Aufforderung über der zaghaften Signatur auf dem Sprechzimmertisch aus. »Sieh doch. Wer könnte es sonst sein?«
»Sie kann doch wohl nicht schreiben?«, wandte Jamie ein. »Aber vielleicht hat es ja jemand anders für sie geschrieben«, verbesserte er sich
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