Ein Hauch von Seide - Roman
so fotogen war, wie er vermutet hatte.
Er zog seine Lederjacke aus und warf sie über einen Stuhl, dann schob er die Ärmel seines schwarzen Pullovers hoch und sagte: »Das Twinset muss verschwinden. Da ist ein Paravent, hinter dem Sie sich ausziehen können. Da müsste auch ein Morgenrock sein.«
Da das Foto, aufgrund dessen sie hierhergekommen war, die nackten Schultern der Debütantin gezeigt hatte, erschrak Emerald nicht allzu sehr über diesen Vorschlag. Doch als sie hinter dem Paravent war und ihr Twinset auszog und er lässig meinte: »Oh, und den BH ziehen Sie besser auch gleich aus«, fuhr sie dann doch etwas zusammen. Der Morgenrock, von dem er gesprochen hatte, war ein hauchdünnes Seidenfähnchen, durch das er leicht ihre nackten Brüste sehen konnte, doch Emerald fürchtete, wenn sie Einwände erhob, würde er sich erst gar nicht an die Arbeit machen. Es war nicht so, als würde es ihr etwas ausmachen, wenn er ihre Brüste sah – unter anderen Umständen hätte es ihr womöglich sogar Spaß gemacht, ihn zu reizen –, doch sie musste an ihren Ruf denken und ihre geplante Zukunft als Ihre Königliche Hoheit, die Herzogin von Kent. Es schickte sich nicht, einem Mann, geschweige denn einem Fotografen, zu erlauben, sie bis zur Taille nackt zu sehen.
»Was ist los? Brauchen Sie Hilfe?«
Als Lew plötzlich mit einem Glas und einer Flasche Whisky in den Händen hinter dem Paravent auftauchte, als sie gerade ihren BH aufhaken wollte, legte sich Emerald rasch den Morgenmantel um und sagte kokett: »Nicht gucken!«
Als Antwort lachte er nur und sagte: »Ich schätze, Sie sind viel zu jung und zu unschuldig, als dass ich Ihnen ein Glas Whisky anbieten könnte?«
Emerald zog einen Flunsch. »Ich hätte einen Martini vorgezogen.«
Sie hatte eine phantastische Figur, fand Lew, feste Brüste und eine winzige Taille, eine aufreizende Kombination. Er warf einen Blick auf die Perlen, die sie zu dem Twinset getragen hatte. Verglichen mit den bescheidenen ein- oder zweireihigen Perlenketten der meisten Debütantinnen waren diese sinnlich und glühten vor Farben.
»Hübsche Perlen«, bemerkte er.
»Sie haben meiner Urgroßmutter gehört.«
Plötzlich kam ihm eine Idee. Er nahm die Perlen und erklärte Emerald: »Ich möchte, dass Sie den Morgenmantel ablegen, die hier wieder anlegen und dann so posieren …« Er setzte sein Glas ab, ging in die Ecke des Studios und nahm einen dunkelgrünen Streifen Seide aus seiner Sammlung von Requisiten, warf ihn auf den Boden und legte sich bäuchlings darauf. Dann hob er den Oberkörper und stützte das Kinn in die Hände.
Emerald runzelte die Stirn. Die Pose war verführerisch und sehr verlockend für eine junge Frau, die sich einen Namen machen und aus der Masse hervorstechen wollte, und sie kam ihrem Ego entgegen. Normalerweise hätte sie die Gelegenheit beim Schopf ergriffen, ihre Vorzüge vorteilhaft zur Geltung zu bringen, doch sie war auch sehr aufreizend – viel zu aufreizend für die zukünftige Gemahlin des Herzogs von Kent.
»Ich glaube, Sie sollten mich besser im Sitzen fotografieren, vom Hals aufwärts«, erklärte sie Lew resolut, als er aufstand.
Er sah sie erstaunt an. »Mein liebes Mädchen, ich bin hier der Fotograf.«
»Und ich bin die Kundin, und meine Mutter wird Ihre Rechnung bezahlen«, zwitscherte Emerald süß.
Eine Etage tiefer schob Dougie seinen Stuhl zurück und stand auf. Er hatte sich lange genug gequält. Es nützte nichts. Er musste etwas unternehmen.
Oben wurde aus Lews Amüsement rasch ungehaltene Verärgerung.
»Entweder fotografiere ich Sie, wie ich will, oder gar nicht.«
Emerald starrte ihn wütend an. Sie war es gewohnt, dass die Leute ihr ihren Willen ließen, und nicht, dass sie ihr ein Ultimatum stellten. Sie hatte unbedingt von ihm fotografiert werden wollen, doch nicht in einer Pose, die deutlich verriet, dass sie beim Fotografieren halb nackt gewesen war.
Ohne ihm eine Antwort zu geben, verschwand Emerald wieder hinter dem Paravent und machte sich daran, sich wieder anzuziehen, doch erst, als sie ihren BH wieder anhatte, ging ihr auf, dass ihr Twinset auf der anderen Seite des Paravents zu Boden gefallen war.
Dougie klopfte laut an die Tür und öffnete sie dann, ohne auf eine Antwort zu warten. Im Bett waren sie bestimmt noch nicht. Lew schuf bei einer Fotosession immer erst die richtige Stimmung fürs Bett.
In dem Augenblick, als Dougie eintrat, tauchte Emerald in dem durchscheinenden Morgenmantel hinter dem
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