Ein Hauch von Seide - Roman
Paravent auf, um ihre Kleider zu holen, und stieß beinahe mit ihm zusammen. Sie hielten beide abrupt inne und starrten einander an.
Lew blickte finster drein, als er Dougie sah. »Was willst du?«
»Ich sollte dich daran erinnern, dass du später mit Lady Pamela zu Abend isst, um die Arrangements für die Fotos bei der Taufe zu besprechen.«
»Um mir das zu sagen, bist du extra hochgekommen? Es ist doch erst drei Uhr.«
Emerald schnappte sich ihre Sachen, zog sich hinter den Paravent zurück und kleidete sich eilig an. Verdammt, verdammt, verdammt. Warum musste der blöde Australier reinkommen und sie so sehen?
»Also, wenn du schon da bist, dann kannst du Lady Emerald auch gleich zur Tür bringen, denn sie hat es sich anders überlegt. Dumm von dir, so in Panik zu geraten, Schätzchen«, sagte er spitz zu Emerald. »Du warst hier vollkommen sicher. Ich bumse keine Mädchen, die rosa Twinsets tragen, und selbst wenn, jungfräuliche Debütantinnen zu bumsen ist einfach nicht mein Stil, viel zu unergiebig. Oh, und einen kleinen Rat noch: Trag niemals Rosa, es steht dir nicht. Macht dich blass.« Der beißende Tonfall, in dem diese Bemerkungen fielen, beseitigte bei Emerald die letzten Zweifel, was Lew von ihr hielt. Und natürlich hatte der Australier alles mit angehört und ergötzte sich an ihrer Demütigung. Emeralds verletzter Stolz ließ ihre Wangen leuchtend rosa glühen.
Also ging Lady Emerald aus eigenem Antrieb, und Dougie hätte gar nicht hochkommen und das Risiko eingehen müssen, das Missfallen seines Chefs zu erregen? Er fluchte leise in sich hinein.
»Es scheint, dass Lady Emerald sich den falschen Fotografen ausgesucht hat«, erklärte Lew mit Geringschätzung. »Versuch’s das nächste Mal bei Cecil Beaton, Schätzchen. Er hat einen hübschen weichgezeichneten Perlen-und-Twinset-Look drauf, genau das Richtige für prüde kleine Jungfrauen«, fügte er unfreundlich hinzu.
Emerald warf Dougie einen zornigen Blick zu und schoss an ihm vorbei. Sie wusste, dass sie sich zum Narren gemacht hatte, und sie konnte sich gut vorstellen, wie die beiden Männer über sie lachten, sobald sie draußen war.
»Ich bringe Sie zur Tür«, sagte Dougie und holte sie im Flur ein.
»Machen Sie sich keine Mühe«, fuhr Emerald auf. Der schreckliche Australier mochte ein unbewegtes Gesicht machen, doch sie wusste, dass er innerlich über sie lachte. Sie hasste die beiden, doch den grässlichen Australier hasste sie am meisten.
Und was das Foto anging … Sie musste sich eben mit Cecil Beatons Foto behelfen, und das war schon im Tatler erschienen. Nun, ihr würde schon ein anderer Weg einfallen, ihren Namen in der Öffentlichkeit mit dem des Herzogs in Verbindung zu bringen. Vielleicht konnte sie die Dinge so drehen, dass sie bei einem der Debütantinnenbälle zusammen fotografiert wurden? Wenn ihr Vater noch lebte, hätte sie ihn überreden können, den Herzog zu einem Besuch in Osterby einzuladen. Ihn nach Denham einzuladen hatte keinen Sinn. Er war schließlich ein Herzog von königlichem Geblüt und würde wohl kaum eine Einladung in das Haus einer Seidenfabrikantin annehmen.
9
April 1957
Rose schob sich auf dem Weg zum Salon durch die Menschenmenge, die sich an diesem Samstag in der King’s Road drängte, und hoffte, dass sie nicht zu spät kam. Sie hatte Schuldgefühle, weil sie Janey vertröstet hatte und nicht, wie ursprünglich verabredet, einen Kaffee mit ihr trinken ging. Doch Janey hatte zum Glück Verständnis gezeigt, als Rose ihr erklärt hatte, Josh habe in letzter Minute angerufen, ob sie in den Salon kommen könne. Er hatte ein Treffen mit seinem Freund, dem Fotografen, arrangiert, der einige seiner Fotos für Vogue mitbringen wollte, damit Rose sie durchsehen und welche für das Treppenhaus aussuchen konnte.
Die Zeit ging rasend schnell vorbei, die Tage wurden länger und die Luft wärmer, die Frühlingsblumen standen in Blüte. Selbst auf der Arbeit fühlte sie sich nicht mehr so elend, obwohl sie wusste, dass sie bei Ivor Hammond auf Dauer niemals glücklich sein würde, nicht so, wie man sie dort behandelte.
Die Osterfeiertage rückten heran, da bekam sie wenigstens bald mal eine kleine Pause von der Arbeit.
Ostern. Ostern bedeutete, nach Hause nach Denham zu fahren und, wenn sie sehr viel Glück hatte und Fortuna ihr hold war, John zu sehen.
Sie lächelte noch, eingesponnen in ihre heimlichen Tagträume, als sie mit dem Schlüssel, den Josh ihr gegeben hatte, die Tür zum Salon
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