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Ein Haus für vier Schwestern

Ein Haus für vier Schwestern

Titel: Ein Haus für vier Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgia Bockoven
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Rattenschwänzen, die mich um Geld bat. Anna lebte damals in New Orleans. Ich flog hin und traf mich mit ihr in einem Café.
    Sie sah mich sofort, nahm sich aber Zeit zum Durchqueren des Raums, um mir zu zeigen, dass sie immer noch so sanft und sexy aussah wie die Monroe in ihren besten Zeiten. Sie küsste mich auf die Wange, bevor sie neben mir Platz nahm.
    »Du hast dich nicht verändert«, sagte sie mit einem schweren Südstaatenakzent, den ich noch nicht kannte.
    »Du auch nicht«, sagte ich, weil ich wusste, was von mir erwartet wurde.
    »Hast du das Geld dabei?«
    »Und das war es dann? Nein, so geht das nicht. Wie ist es dir ergangen? Was treibst du gerade?«
    »Dir geht es offensichtlich gut. Besser, als ich es damals für möglich gehalten hätte. Sonst hätte ich dich nicht verlassen. Ich habe beim Arzt über dein Erdbeergeschäft im Wall Street Journal gelesen. Und deine mexikanische Frau und ihr Baby waren in einer anderen Wirtschaftszeitschrift abgebildet.« Sie schlug ihre Beine übereinander und lehnte sich zu mir herüber. »Machen wir uns nichts vor, es bedeutet uns beiden nichts. Ich war jung und blöd, du alt und geil – dabei herausgekommen ist ein Kind.«
    »Du bist nie blöd gewesen.«
    Sie lächelte träge. »Du willst mir doch wohl keine Schwierigkeiten machen?«
    »Was soll das heißen?«
    Sie zog ihre Geburtsurkunde aus der Tasche. »Schau dir das Datum an und rechne nach.«
    Das tat ich. Zweimal sogar, um wirklich sicher zu sein. Da gab es kein Vertun – ich hatte Sex mit einer Sechzehnjährigen gehabt.
    »Ich kann mir gut vorstellen, dass du dir die besten Anwälte leisten kannst. Aber wie willst du dein Erdbeergeschäft vom Gefängnis aus leiten?«
    Sie bluffte. Sie hatte ihre Hausaufgaben gemacht und wusste bestimmt, dass es eine Verjährungsfrist für Unzucht mit Minderjährigen gab. Ich sah sie an und versuchte zu beurteilen, ob sie Argumenten zugänglich oder völlig verzweifelt war. Meiner Ansicht nach lag die Wahrheit irgendwo dazwischen.
    »Ich will Rachel sehen.«
    Sie drückte mir ein Foto in die Hand. Ich wollte es ansehen, musste aber meinen Vorteil wahren. Also gab ich es ihr zurück, ohne einen Blick darauf zu werfen.
    »Persönlich.«
    »Zweifelst du am Vaterschaftstest?«
    »Ich möchte mich gern davon überzeugen, dass es ihr gut geht.«
    Sie ging sofort hoch wie eine Rakete. »Was? Du glaubst, ich kümmere mich nicht ordentlich um sie?«
    »Sie ist meine Tochter. Ich möchte doch nur …«
    »Ich wusste, du würdest es versuchen.« Sie stand auf und blitzte mich an. »Meine Freunde haben mich vor dir gewarnt. Sie sagten, du würdest nett tun und mich einwickeln. Und wenn du Rachel dann treffen darfst, schnappst du sie dir, und ich sehe sie nie wieder. Also, das wird nicht passieren. Behalt dein verdammtes Geld!«, schrie sie. »Ich brauche es nicht.«
    Ich ging in die Kanzlei ihres Anwalts und erzählte ihm, was geschehen war. Er sagte, Anna wäre manchmal sehr angespannt, würde Stimmen hören und sich verfolgt fühlen. Aber das gab sich in der Regel schnell wieder. Ihre Adresse bekam ich jedoch nicht von ihm. Die musste ich mir selbst beschaffen. Bis ich herausfand, wo sie mit Rachel gewohnt hatte, waren die beiden schon auf und davon.
    Ich sprach mit ihren Freunden und den Lehrern in Rachels Schule. Sie erzählten mir unterschiedliche Geschichten mit einem gemeinsamen Kern. Anna verschwand immer, wenn sie sich verfolgt fühlte. Verschwinden schien für sie einfacher zu sein, als sich irgendwo zu verstecken.
    Ich kehrte nach Hause zurück und schickte einen Scheck an die Kanzlei ihres Anwalts. Er wurde ein paar Monate später von einer Bank in Tulsa, Oklahoma, eingelöst. Von Anna habe ich nie wieder etwas gehört oder gesehen.
    Jahre später unterhielt ich mich mit einem Freund über seinen schizophrenen Bruder. Da wurde mir klar, dass Anna wahrscheinlich auch geistig instabil gewesen sein musste. Aber da war Rachel schon erwachsen. Jede Hilfe wäre zu spät gekommen. Ich schäme mich dafür, dass ich erleichtert gewesen bin, das nicht früher herausgefunden zu haben. Ich hatte nichts vorzuweisen, das mich als Vater empfahl, und Rachel hatte keinen Grund, mir zu vertrauen.

44
    Rachel
    »Hast du das gewusst?«, fragte Ginger.
    Rachel fühlte sich wie eine Feder im Auge eines Orkans. Sie runzelte die Stirn und versuchte, sich zu konzentrieren. »Nein. Ich habe nicht das Geringste geahnt. Du verlierst jeden Maßstab, wenn du Tag für Tag mit einem solchen Menschen

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