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Ein Haus in Italien

Ein Haus in Italien

Titel: Ein Haus in Italien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa St Aubin de Terán
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benachteiligt worden sind, schien es nur fair, im Kampf um diese Sache zu unsauberen
Methoden zu greifen. Ironischerweise bestand der unsaubere Teil darin, eine saubere Familie jener Art zu präsentieren, die jeder italienische Mann stolz sein eigen nennen und beschützen würde. Zu den wenigen Vorteilen der italienischen Bürokratie gegenüber anderen Bürokratien zählt, daß es in ihr immer einen Bodensatz von Menschlichkeit und Großherzigkeit gibt. Näherte man sich ihr ungeschickt, verwandelte sie sich sekundenschnell in ein unüberwindbares Hindernis, doch ging man sie geschickt an, konnte sie flexibel genug sein, um eine Lösung zu gestatten.
    In dem Labyrinth des Hafengeländes brauchten wir eine Stunde, um das richtige Büro zu finden. Dann brauchten wir weniger als zehn Minuten, um unseren Fall (mit einigen Auslassungen und Ausschmückungen) darzulegen, darum zu bitten, daß die betreffenden Dokumente abgestempelt würden, und die Freigabe unserer Möbel zu erreichen. Es wurde kein Geld über den Tisch geschoben, es wurden keine persönlichen Gefälligkeiten angeboten oder verlangt. Allie hatte aufs Stichwort verstohlen gehustet, als ich beschrieb, wie er auf dem nackten Fußboden schlief. Das Kind hatte sich die Tränen aus den schönen Augen gewischt, und ich war so unterwürfig, wie ich nur konnte, als ich von meinem behinderten Ehemann sprach und von meiner Unfähigkeit (ich war doch nur eine Frau), mich im italienischen Rechtssystem zurechtzufinden. Der zuvor unnachgiebige Beamte, mit dem ich Dutzende Male am Telefon gestritten hatte, sah plötzlich, daß wir anständige Menschen waren. Wir sprachen und weinten auf ruhige, vernünftige Weise, und er reagierte darauf, indem er das Vernünftige tat und uns aus dem Labyrinth seiner Bürokratie entließ. Wir würden die Möbel in zwei Tagen haben.
    Die nächsten paar Tage waren das schiere Glück. Nicht
nur dachten wir an die Wiedervereinigung mit unseren Sachen und an den Komfort, der auf uns wartete, Robbie hatte auch während unserer Abwesenheit einen weiteren See entdeckt. Dies war kein improvisierter Teich, dies war ein richtiger See, mehrere hundert Meter lang und im Wald hinter unserem Haus versteckt. Er war vom palazzo und vom Dorf aus weder im Sommer noch im Winter zu sehen. Eine Zypressenallee führte zu ihm hin, und er lag nur drei Minuten von unserem Haus entfernt. Dieser neue See, von Eichen, Weiden und Kiefern umstanden, war von verführerischer Stille. Libellen schwebten an den Rändern, wo Zweige ins spiegelglatte Wasser sanken. An einer Seite war zwischen Ufer und Bäumen ein Stück Wiese. Ein lila Windenband durchzog sie wie ein gelüpfter Schleier. Am anderen Ende ragte ein glatter, flacher Felsen über das Wasser und bildete die perfekte Terrasse zum Sonnenbaden, Angeln oder Sinnieren.
    Zu Allies großer Freude führten wir unsere Picknicks wieder ein, trugen einen Korb Verpflegung und eine Tischdecke zum See hinunter und machten uns die Hitze erträglicher, indem wir in dem tiefen, kühlen Wasser schwammen. Als wir Imolo befragten, warum er diesen wunderbaren neuen See nie erwähnt habe, antwortete er erstaunt, auf echt umbrische Weise:
    »Was wollt ihr mit zwei Seen? Giovannis See war gut genug zum Waschen, der andere ist nur Wasser.«
    Es entsetzte ihn, daß wir darin schwammen, und er fürchtete dermaßen um Allies Leben, daß ich seine Schwimmflügel durch eine regelrechte Schwimmweste ersetzen mußte.
    »Es ist gegen die Natur, daß Menschen schwimmen«, insistierte Imolo. »Der Herr hat uns aus guten Gründen keine Flossen gegeben.«
    Das ganze Dorf teilte seine Meinung, alle kannten den neuen See und hätten nicht im Traum daran gedacht sich hineinzubegeben.
    »Er ist zweiundzwanzig Meter tief«, sagten sie uns. »Das ist nicht sicher.« Sobald Wasser höher stand als in einer normalen Badewanne, galt es nicht nur als unsicher, sondern als ungesund. Aber wir schwammen alle und schwelgten in unserem neuen Fund und seiner perfekten Abgeschiedenheit.
     
    Die Wiesen um den palazzo , eingefügt zwischen die umliegenden Wälder und die unregelmäßigen Weinfelder, waren voller Farbkleckse, wie die Leinwand eines ungeübten Malers. Erst wuchs eine Unmenge blaßblauer Ehrenpreis, dann flammte scharlachroter Ackergauchheil auf, der unvermittelt erst dem Löwenzahn und dann, in schneller Folge, Butterblumen, Mohnblumen und Skabiosen wich. Die eine Farbe löschte die vorherige, als habe die Natur es sich anders überlegt, einen Ton

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