Ein Haus in Italien
versuchte vergeblich, ihnen klar zu machen, daß ich angesichts der Lage zwar ihre Unschuld akzeptierte, doch auch meine eigene geltend machen wolle. Die Container waren in einem schwarzen Loch versunken, das in keiner der zehntausend Verordnungen, Klauseln und Unterklauseln vorkam, wie sie jeder Hafenbehörde lieb und teuer sind, und es drohte die Möglichkeit, daß wir unser Eigentum nie wiedersehen würden. Vor einer Geräuschkulisse von Streit und lauten Begrüßungen umklammerte ich den Hörer des einzigen öffentlichen Telefons und versuchte, den Reedereivertreter und einen bestimmten Zollbeamten dazu zu bekommen, unsere Sachen abzufertigen. Diese Gespräche waren so weit gediehen, daß der Reedereivertreter unweigerlich jedes Gespräch beendete, indem er mit herablassender, mich zur Raserei bringender Ruhe sagte: »Also, ich weiß, es wird Ihnen nicht gefallen, Signora Santobin, aber ich hänge jetzt wieder auf.«
Dann machte ich es mir vor Reginas Bar auf einer der langen Bänke bequem, um auf einen doppelten Vecchia Romagna zu warten, während die Kinder die Tiefkühltruhe ausein
andernahmen, um Blobs, Super Marios, Boomies oder irgendein anderes buntes Eis am Stiel zu finden, nach dem sie in dieser Woche gerade süchtig waren. Robbie trank Bier der lauwarmen und unappetitlichen Sorte, dem die Einheimischen während ihrer Boccia-Wettkämpfe auf der langen Sandbahn hinter der Bar zusprachen. Er erinnerte mich an alle Hindernisse, die ich überwunden hatte, um unseren ersten Container mit Möbeln von Norfolk nach Italien und von Livorno bis in einen Kanal in Venedig zu bekommen. Er drängte mich, hinzufahren und persönlich mit ihnen zu sprechen. Ich warf ein, daß sie sich weigerten, mich zu empfangen.
»Na ja, wir campen hier – nimm die Kinder und campe dort, bis sie dir unsere Sachen geben.«
Da wir kein Auto besaßen, das uns alle legal nach Livorno hätte bringen können, versicherte ich mich der Dienste eines Taxifahrers aus Città di Castello, der uns von San Orsola zum Hafen bringen sollte. Als ich das Taxi bestellte, war es der Fahrer, der vorschlug, am 10. August zu fahren, il giorno delle stelle cadente , »am Tag der fallenden Sterne«. Er erklärte, wenn man am 10. August, nur dann, eine Sternschnuppe sehe und sich etwas wünsche, gehe der Wunsch in Erfüllung. In Abwesenheit fallender Sterne, aber umgeben von einer Menge fallenden Gemäuers, machten das Kind Iseult, Allie und ich uns an dem Tag mit der glückverheißenden Aura auf den Weg.
Wir waren darauf eingestimmt, unser Anliegen auf die hilfloseste und herzergreifendste Weise darzulegen. Die fünfstündige Taxifahrt, die Hitze und die Kosten für alles verfehlten nicht ihre überzeugend erbarmungswürdige Wirkung. Ich hatte den Kindern eingeschärft, still vor sich hin zu weinen und das Reden mir zu überlassen. Ich hatte ihnen einge
schärft, sich keine Überraschung anmerken zu lassen, welche Geschichten ich auch zum besten geben würde. Ihre Tränen sollten ungehindert fließen, aber es durfte keine unschicklichen Geräusche geben. Wir alle mußten so einnehmend wie möglich aussehen und penibel sauber sein.
So fuhren wir auch los, aber bei der Ankunft in Livorno waren wir wegen der Hitze verschmiert und klatschnaß. Wir säuberten uns auf dem Rücksitz des Taxis mit einer Packung feuchter Erfrischungstücher, für das Kind hatten wir ein sauberes, gebügeltes Kleid von züchtigem Schnitt mit monströs gestärktem weißem Kragen, für Allie einen hinreißenden weißen Matrosenanzug und für mich ein schmeichelnd sittsames Kostüm. Wir parkten beim Hafen neben dem Güter-Notaufnahmelager, wo, wie man mir gesagt hatte, unsere beschlagnahmten Möbel ewig und auf meine Kosten festgehalten würden.
Als wir anfingen, uns in seinem Auto zu waschen, blickte der Taxifahrer ausgesprochen unglücklich und öffnete seine Tür. Als wir anfingen, uns umzuziehen, stieg er aus und ging umher, wobei er abwechselnd vorgab, uns nicht zu kennen, und zurückkam, um zu protestieren.
»Was tun Sie? Was tun Sie in meinem Auto? Was werden die Leute denken?« flehte und schimpfte er.
Das Containerlager war menschenleer, und wir beendeten unsere Toilette, ohne auf ihn zu achten, außer daß wir uns entschuldigten und ihm sagten, es werde alles gut werden. Als wir ausstiegen, ganz adrette Musterfamilie, war er beeindruckt, und als wir auf die Bürogebäude zugingen, wünschte er uns halb hoffnungsvoll »Auguri«.
Da Frauen seit Jahrtausenden
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