Ein Haus in Italien
Imbisse verkrustet. Sein Blick wurde wilder, seine Reden bizarrer.
Schließlich trafen sich die anderen Gäste und alle Familienangehörige in Robbies Speicheratelier zu einer Besprechung. Die Kahlheit des Ateliers war durch eine exotische Mischung aus Möbeln und Ziergegenständen ersetzt worden. Es fanden sich ein Apothekerschrank voller Krüge mit Florentiner Farbpigmenten, chaises longues , Samtvorhänge, türkische Teppiche, Staffeleien und Gemälde. Unser Kriegsrat tagte im Luxus und wurde nur von zwei kreisenden Schwalben unterbrochen, die durch die Fensteröffnungen ein und aus flogen.
Wir beschlossen, da Brendan nicht abreiste, würden wir abreisen. Dies wäre die Gelegenheit, die Hügelstädte der Gegend kennenzulernen. Wir würden en masse verschwinden. Wir riefen Imolo herauf und erklärten ihm den Plan. Er war wegen Brendans sich hinziehendem Aufenthalt mehr als besorgt, hielt aber den Plan für Wahnsinn und ließ daran keinen Zweifel. Wir sagten ihm, er solle am kommenden Tag, einem Freitag, nicht arbeiten, und falls Brendan am Montagmorgen immer noch da sei, solle er ein oder zwei Tage fortbleiben.
»Er wird alles stehlen, was ihr besitzt.«
Wir erinnerten ihn daran, daß das Zeug in drei Containern gekommen sei und Brendan nur einen habe.
»Er packt den einen voll, was macht ihr dann?«
Wir erklärten ihm, daß Brendan unserer Beobachtung nach kein Freund körperlicher Arbeit sei. Ein Zwölfmeter-Container sei einfacher aus- als einzuladen. Offenbar mochte Brendan unsere Gesellschaft; wenn wir verschwanden, würde er, mit ein wenig Glück, auch verschwinden.
»Warum holt ihr nicht die Polizei?« fragte Imolo. Aber das wollte keiner von uns. Also wurde eine Schüssel Eier in die große Küche gestellt, mit einer Notiz, wir seien alle fortgerufen worden und wüßten nicht, wann wir wiederkämen. So nahmen wir Abschied von Brendan, der in der ebenerdigen Loggia in blauen Leggings und Jeansjacke hohe Kicks übte, und wir starteten zu einer Besichtigungstour durch Umbrien.
16. Kapitel
U nser erster Halt war Città di Castello, wo Fidoe einen Zug der staatlichen Eisenbahnlinie Umbriens nehmen wollte, der nach Perugia zockelte. Dort hatte er Anschluß nach Rom und konnte nach Hause fliegen. Als Erinnerung hinterließ er sein Zimmer und nahm, ungeachtet heftiger Bemühungen, eine sagenhafte Sonnenbräune mit. Wir sagten Lebewohl. Die Beauties waren ebenfalls auf dem Weg nach Rom, wo sie inzwischen viele Freunde hatten.
Ich hatte Città di Castello wegen seiner Gebäude und seiner schmalen, gepflasterten Gassen liebgewonnen, und eines, wie es zunächst schien, purpurfarbenen Matsches in Tassen, der aber eine hervorragende heiße Schokolade war. Nach unserem wenig vielversprechenden Start dort hatten meine wenigen späteren Besuche ausnahmslos etwas Traumatisches. In der Welt von San Orsola befangen und gehütet vom zuständigen geometra , der freundlicherweise allen Papierkram übernahm, der mich sonst wahnsinnig gemacht hätte, fuhr ich nur hin, wenn der Gang zur Bank sich gar nicht mehr vermeiden ließ.
Ich war noch ein Kind, da war meine Mutter bereits unmäßig stolz darauf, wie gut ich lesen konnte, und immer etwas weniger gesprächig darüber, daß ich praktisch nicht rechnen konnte. Die schlichten Fähigkeiten des Addierens und Subtrahierens entziehen sich mir. Zu dieser Schwäche kamen der bedrohliche Zustand unserer Finanzen und die immensen Ausgaben für das Haus, ferner das italienische System, wo
nach alle Schecks auf einen selbst ausgestellt werden und dann anonym von Hand zu Hand gehen, vom Norden Italiens in den Süden und zurück, manchmal ein Jahr lang, ohne eingelöst zu werden, was ein einfaches Girokonto zu einem Alptraum macht. Verhandlungen mit Robbies und meinen Agenten wurden per Telefon aus Reginas Bar abgewickelt. Die örtliche Post setzte offenbar auf mehreren Abschnitten ihres Streckensystems Maultiere ein, wodurch Briefe bis zu fünf Wochen brauchten. Keiner dieser Faktoren machte die Bankgeschäfte einfacher.
Die Sienesen behaupten, im fünfzehnten Jahrhundert das Bankensystem erfunden zu haben. Die erste Bank war die Monte dei Paschi di Siena. Banken in Italien sind immer noch bedeutende Arbeitgeber, mit Aufnahmeprüfungen ähnlich denen des früheren britischen Civil Service, in denen die glücklichen paar Tausend ausgewählt werden, die diesem geheimnisvollen Gewerbe angehören dürfen. Man zieht Fäden und zaubert Cousins aus dem Hut, um hoffnungsvolle Kandidaten
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