Ein Haus zum Traumen
Super-Verbrechensbekämpfer-Geschichte?«
»Ja, so etwas in der Art. Ein erfolgloser Privatdetektiv stolpert zufällig über den Plan eines Irren, die großen Kunstwerke der Welt mithilfe eines molekularen Zerhackers zu vernichten, der sie unsichtbar macht. Als er ihn aufhalten will – um sich selber Ruhm und Vermögen zu sichern –, kommt seine geliebte Freundin ums Leben. Er selbst bleibt tot liegen und gerät in den Zerhacker.«
»Und ist seitdem unsichtbar«, vollendete Cilla die Geschichte. »Davon habe ich gehört. Ein paar der Typen auf meinen Baustellen standen auf Comic-Romane. Und Steve auch«, erwähnte sie ihren Exmann. »Sie haben stundenlang darüber diskutiert, ob der Seeker besser ist als Dark Knight oder ob man X-Men mit den Fantastischen Vier vergleichen kann. Wenn ich eine Bemerkung über erwachsene Männer und Comics gemacht habe, haben sie mich bloß scheel angesehen.«
»Gavin liest sie auch gerne. Vor allem die von Ford.«
»Wirklich?« Die Vorstellung des ruhigen Highschool-Lehrers, der sich Superhero -Comics reinzog, amüsierte sie. »Weil er ein Schüler von dir war?«
»Das spielt bestimmt eine Rolle. Aber der Junge kann wirklich gut Geschichten erzählen. Sein Protagonist ist kompliziert und strebt nach Erlösung, indem er sich dem Bösen stellt. Er versucht, wenn auch aus den falschen Gründen, genau das Richtige zu tun. Er hält einen Irren auf, aber nur zu seinem persönlichen Nutzen. Und dieser Akt kostet die Frau, die ihn geliebt hat und die er nachlässig behandelt hat, das Leben. Dass er unsichtbar wird, wird zu einer Metapher – er wird ein Held, aber niemand sieht ihn. Wirklich interessant.«
»Er ist Single«, fügte Patty hinzu und brachte Gavin damit zum Lachen. »Na ja, ich erwähne es ja nur, weil er direkt gegenüber wohnt und weil Cilla alleine auf der Farm ist. Ab und zu möchte sie doch sicher mal ein wenig Gesellschaft haben.«
Vergiss es, dachte Cilla. »Tagsüber werde ich auf der Baustelle sein, und abends muss ich die einzelnen Arbeitsphasen planen. Ich werde eine ganze Weile kaum Zeit für Gesellschaft haben. Und ich sollte auch jetzt langsam mal gehen, ich habe morgen viel zu tun.«
»Oh, willst du nicht zum Abendessen bleiben?«, protestierte Patty. »Du musst doch was Anständiges essen, bevor du fährst. Ich habe Lasagne vorbereitet. Sie muss nur noch in den Backofen geschoben werden. Es dauert nicht lange.«
»Das klingt toll.« Das stimmte wirklich, stellte Cilla fest. »Doch, ich esse gerne hier.«
»Bleib einfach sitzen und trink noch ein Glas Eistee mit deinem Vater.«
Cilla blickte Patty nach, die ins Haus eilte. »Soll ich ihr helfen?«
»Sie kümmert sich gerne ums Essen. Es entspannt sie wie mich die Gartenarbeit. Ihr ist es sicher lieber, wenn du hier sitzen bleibst.«
»Ich mache sie nervös.«
»Ein bisschen, aber es wird schon vergehen. Sie wäre bestimmt enttäuscht gewesen, wenn du nicht zum Essen geblieben wärst. Lasagne ist Pattys Spezialität. Sie macht die Sauce jeden Sommer aus meinen selbst gezogenen Tomaten und weckt sie ein.«
»Du machst Witze.«
Seine Mundwinkel zuckten bei ihrer überraschten Äußerung. »Wir leben hier in einer anderen Welt, Süße.«
»Das merke ich.«
In dieser Welt, entdeckte Cilla, aßen die Leute selbst gemachte Lasagne und Apfelkuchen, und bei Mahlzeiten ging es eher ums Essen als um die Performance. Und ein Gast oder ein Familienmitglied – und sie war wohl irgendwas dazwischen – bekam die Reste auf einem mit Folie überzogenen Teller mit nach Hause. Und wenn der Gast oder das Familien mitglied noch Auto fahren musste, gab es nur ein einziges Glas Wein zum Essen und hinterher Kaffee.
Cilla blickte auf ihre Armbanduhr und lächelte. Um acht war sie zu Hause.
Sie stellte die beiden Teller mit den Resten in ihren geputzten Kühlschrank, stemmte die Hände in die Hüften und schaute sich um. Die nackten Glühbirnen warfen ein hartes Licht und scharfe Schatten, beleuchteten Risse im Putz und zer kratzte Dielenböden. Armes altes Mädchen, dachte sie. Du brauchst dringend ein Facelift.
Sie nahm ihre Taschenlampe und schaltete sie ein, bevor sie das Deckenlicht löschte, und ging zur Treppe.
Als sie aus dem Fenster blickte, sah sie, dass überall in den Hügeln Lichter funkelten. Auch andere Leute hatten vermutlich zu Abend gegessen und schauten jetzt fern oder erledigten Schreibkram. Vielleicht brachten sie ihre Kinder zu Bett oder forderten sie auf, ihre Hausaufgaben fertig zu
Weitere Kostenlose Bücher