Ein Herz bricht selten allein
so.
»Oh, Armand war hier!« rief sie aus und warf ihre weißen Handschuhe auf einen Stuhl, um sich über einen Strauß zinnoberroter Rosen zu beugen. »Ist die Farbe nicht ungeheuer? Ich kriege einfach nicht ‘raus, wo er die auftreibt«, sagte sie. Sie trug die Rosen ins Zimmer und schleuderte ihre Pumps übermütig in die Luft.
»Armand ist also auch einer von den Glücklichen, die einen Wohnungsschlüssel haben«, sagte Poldi aggressiv.
Nancy musterte ihn lange. Dann meinte sie trocken: »Sei kein Narr. Armand hat keinen Wohnungsschlüssel. Sarah war heute da, sie wird ihn hereingelassen haben.«
Sarah kam zweimal in der Woche zum Saubermachen, eine achtzehnjährige hübsche Farbige, flink bei der Arbeit und flink mit ihrem Mundwerk. Nancy hing an Sarah wie an einer jüngeren Freundin, sie verwöhnte sie und kleidete sie ein und ließ sie auf ihrer Schreibmaschine schreiben.
Poldi sammelte Nancys Schuhe auf und stellte sie nebeneinander auf den fraisefarbenen Teppich. »Mit dem, was ich dir sage, kann ich in deinen Augen nicht gerade paradieren, Nancy, aber es klärt die Atmosphäre zwischen uns«, begann er. Herrgott, war das heiß im Zimmer! Er riß ein Fenster auf.
Nancy ließ sich auf die Couch fallen, rutschte ganz in eine Ecke, Knie hochgezogen, und sah ihn an. »Fang an!«
»Ich will keine Umschweife machen, Nancy. Ich kenne deine Ansichten, und bisher glaubte ich, auch meine zu kennen. Aber ich muß an ihnen etliche Korrekturen vornehmen. Schau, ich wollte nie wissen, wieviel Liebhaber du vor mir hattest, und es wäre die reinste Idiotie, mir von dir schwören zu lassen, daß du nach mir keine mehr haben wirst. Der Mensch kann keine Wechsel auf die Zukunft ziehen, aber in der Gegenwart weiß er Bescheid. Ich zum Beispiel kann neben mir keinen zweiten Mann ertragen. Ich habe es versucht, aber es geht mir gegen den Strich. Da bin ich einfach zu normal, wenn du es vielleicht auch kleinlich findest oder primitiv.«
»Warum marschierst du denn vor mir auf und ab wie ein Wachsoldat?« unterbrach ihn Nancy. »Setz dich doch.«
Poldi setzte sich ihr gegenüber und nahm Nancys Hände. »Ich war ein Dussel, als ich glaubte, unsere Liebe könnte modern sein und all die Gefühlsduselei und der Großmutterschwulst seien überholter Ballast. Ich war auf dem Holzweg, zum Teufel mit der freien Liebe.«
»Sei mir nicht böse, wenn ich dich unterbreche, aber bitte mach das Fenster zu. Ich friere.«
Nancy fror immer. Sie aß einfach zu wenig. Er würde dafür sorgen, daß sie mehr aß. Würde er? Nachdem er das Fenster geschlossen hatte, kehrte er zurück an seinen Platz. »Mein Fehler war, mir einzureden, ich hätte dich körperlich und geistig akzeptiert, aber ich muß leider auf den konfusen, nicht zu analysierenden Begriff Liebe zurückgreifen. Offenbar liebe ich dich, Nancy. Denn ich ertrage die Vorstellung nicht, daß du einem anderen Mann dieselben Rechte einräumst wie mir, es ist für mich genauso quälend, als ob du sterben würdest, quälender vielleicht sogar.« Das erstaunte Lächeln auf Nancys Gesicht ermutigte ihn nicht gerade sehr, in seinem Bekenntnis fortzufahren, aber es mußte alles ausgesprochen werden, woran er in den letzten Wochen fast erstickt war. »Ich möchte dich immer bei mir haben, verstehst du, auch später, wenn ich alt und tattrig werde. Ich möchte für dich da sein und nehme alles in Kauf. Aber ich kann dich mit niemandem teilen, mit keinem Mann. Schlicht gesagt: Ich könnte mich mit Armand, dessen Charme außer Zweifel steht, aus Eifersucht anlegen, ihn anpöbeln und mich mit ihm prügeln. Das ist alles für den Anfang.«
»Eine ganz schöne Abfuhr«, sagte Nancy, deren Augen funkelten. Vor Ärger?
»Das war keine Abfuhr, das war ein Antrag.«
Nancy entzog ihm ihre Hände und verschränkte sie hinter dem Nacken.
»Wenn die Sache so steht... «, sagte sie gedehnt und schob die Unterlippe vor. Auf dem Hintergrund ihrer Augen schimmerte gutmütige Schadenfreude. »Damit hättest du auch schon früher herausrücken können, Poldi.«
»Da war ich noch nicht so in Bedrängnis. Aber jetzt bin ich’s.«
Beide griffen nach der Zigarettenpackung, die auf dem Tisch lag und nur noch eine einzige Zigarette enthielt. Poldi ließ sie Nancy und gab ihr Feuer. Dann begann er, seine Taschen zu durchsuchen. »Ich habe keine bei mir, ich habe sie bei euch zu Hause liegenlassen. Hast du noch eine im Geheimversteck?«
Nancy schüttelte den Kopf und reichte ihm ihre Zigarette
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