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Ein Herzschlag bis zum Tod

Ein Herzschlag bis zum Tod

Titel: Ein Herzschlag bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara J. Henry
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übermüdet, denn keiner von uns wollte von der Angst eines kleinen Kindes erzählen, im Schlaf von Einbrechern entführt zu werden. Ich setzte mich zu Paul, bis er eingeschlafen war, und danach übernahm Philippe die Wache.
    Als Paul wieder aufgewacht war, fuhren wir in die Stadt und bewunderten die unzähligen leuchtend bunten Tulpen auf dem Parliament Hill. Paul hob ein paar abgefallene Blütenblätter auf. Ich kannte die Geschichte schon, Simon aber noch nicht: Während des Zweiten Weltkrieges war Juliana, Prinzessin der Niederlande, hier evakuiert gewesen und hatte in einem Krankenzimmer, das vorübergehend zum internationalen Territorium erklärt wurde, ein Kind geboren. Als Dank dafür schicken die Niederlande jedes Jahr Hunderte von Tulpenzwiebeln, so dass Ottawa im Mai ein eigenes Tulpenfestival abhalten kann.
    Vom Parliament Hill aus gingen wir zu den Schleusen zwischen Ottawa River und Rideau Canal. Ein Traum für einen kleinen Jungen   – Paul war fasziniert, wie sich die Schleusentore öffneten und schlossen und die Schiffe mit dem Wasserstand sanken. Ich schaute unwillkürlich in alle Gesichter, ob ich eine Ähnlichkeit zu Simons Zeichnungen entdecken konnte, obwohl es unlogisch war, dass die Entführer aus Montreal hier sein könnten. Vermutlich passten Simon und Philippe genauso auf wie ich.
    Dann blieben wir an einem Imbissstand stehen, um Poutine zu kaufen, was sich grob mit »Riesensauerei« übersetzen lässt. Dabei handelt es sich um dicke Pommes, die mit geriebenem Käse bestreut und mit Bratensoße übergossen werden. Am besten spült man sie mit Pepsi aus der Dose hinunter. Ich weiß, es hört sich schrecklich an, schmeckt aber köstlich. Ich lachte, als Simons Gesichtsausdruck von misstrauisch zu selig schwenkte. Wir erklärten Paul, dass man Poutine nicht überall kaufen könne und Simon sie zum ersten Mal probiert habe.
    Zum Glück hatte Philippe Elise gesagt, sie müsse kein |161| Abendessen vorbereiten, denn keiner von uns hätte auch nur einen Bissen hinuntergebracht. Nachdem Paul gebadet hatte, fielen ihm die Augen zu. Wir packten ihn ins Bett, und er ließ sich schläfrig umarmen, bevor sein Vater ihm noch eine Gutenachtgeschichte vorlas.
    Als ich in die Bibliothek kam, schaute Simon mich eindringlich an. Er fuhr sich durch die Locken, die sofort wieder in Form sprangen. Den Ausdruck in seinen grünen Augen konnte ich nicht deuten.
    »Was? Was ist denn los?!«
    »Das sind nette Menschen, Troy. Und es ist ein schönes Haus.«
    Nicht meine Leute. Nicht mein Haus.
Er sprach es nicht aus, doch ich verstand es auch so. »Ich weiß, Simon«, sagte ich mit leiser Stimme, als wir Philippes Schritte im Flur hörten. »Es ist ja nur vorübergehend.«
    Er warf mir einen Blick zu, als wollte er sagen
Vergiss das bloß nicht.

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    Später saßen wir in der Bibliothek und tranken Rotwein. Philippe erzählte uns von seinem Marketingunternehmen und einigen Kunden: einer Brauerei, einer Druckerei und einer Bank. Wir sprachen darüber, dass Paul vielleicht auf eine englischsprachige Schule gehen sollte, um die Sprache besser zu lernen, und ich schlug Philippe ein Programm vor, mit dem er von zu Hause aus auf seine Geschäftsdateien zugreifen konnte.
    In vielerlei Hinsicht war es wie ein netter Abend unter Freunden. Dennoch lief Simons Polizistengehirn auf Hochtouren, was auch mit seiner Rolle als besorgter Bruder zu tun hatte. Philippe war sich dessen durchaus bewusst. Es hätte katastrophal enden können, aber die beiden waren versiert im Umgang mit Menschen, und so spielten sich die Konflikte auf einer anderen Ebene ab.
    Dann spielte Philippe seine Trumpfkarte aus. »Pauls Psychologin hat mir gesagt, dass Paul sich bei Troy sicher fühlt, weil sie ihn gerettet hat. Es wäre eine große Hilfe, wenn sie noch einige Wochen bei uns bleiben könnte.« Philippe schaute von Simon zu mir, und ich beantwortete die Frage, bevor er sie gestellt hatte.
    »Natürlich.«
    Simons Körpersprache verriet nichts – einer der großen Vorzüge meines Bruders. Sicher, wenn ich hierblieb, würde es mein Leben durcheinanderbringen und den späteren Abschied noch schwerer machen. Ich wusste es, und Simon wusste, dass ich |163| es wusste, so dass er mich nicht darauf hinweisen musste. Ein solcher Bruder entschädigt einen fast für den Rest der Familie.
    Philippe entspannte sich sichtlich. »Das wäre wunderbar. Was immer Sie brauchen, kann ich Ihnen besorgen – Handy oder Ähnliches. Sie können meinen Computer

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