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Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit

Titel: Ein Herzschlag bis zur Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevanian
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auf den Backsteinen. Ich denke, der ist besoffen oder sonstwie. Vielleicht ist er krank, sag' ich bei mir. Ich hab' nämlich beim Militär Erste Hilfe gelernt. Da kannst du aus'm Gürtel 'ne Aderpresse machen. Haben Sie das gewußt? Klar. Ein Kinderspiel, wenn man weiß, wie. Dies Gesindel auf der Straße hat ja von nichts 'ne Ahnung. Die warn eben nie beim Barras. Kennen nicht mal den Unterschied zwischen Scheiße und Shinola. Also, ich die kleine Straße rauf. Der rührt sich nicht. Und keiner weit und breit. Ist saukalt und kein Mensch auf der Main. Also, filzen – daran hab' ich überhaupt nicht gedacht. Ehrlich, Lieutenant. Hab' mir nur gedacht, vielleicht ist er krank oder so. Braucht vielleicht 'nen Druckverband. Wie ich näher rangehe, sehe ich, der ist piekfein angezogen. Sieht komisch aus. Ich meine, Sie wissen … lächerlich. Kniet da mit dem Arsch in der Luft. Dann sehe ich halb aus der Tasche raus seine Brieftasche. Da … hab' ich eben … hab' sie eben genommen. Ich meine, wenn ich sie nicht genommen hätte – einer von diesen Straßenpennern hätte sie bestimmt genommen. Also, warum nicht? Wer zuerst kommt, mahlt zuerst – haben wir beim Barras immer gesagt.«
    »Du hast nicht gemerkt, daß er tot ist?«
    »Ehrlich, hab' ich nicht gemerkt. Kein Blut und nichts.«
    Das stimmt. Er hatte fast nur innere Blutungen.
    »Jedenfalls denke ich: Mensch, kannst ihm eigentlich die Marie abnehmen. Vermögensverteilung, wie wir beim Barras immer gesagt haben. Ich lange also hin und zieh' sie raus. Warn hartes Stück Arbeit, so, wie der da kauert und die Hose stramm überm Arsch, wissen Sie. Und wie ich sie gerade habe, da hält doch plötzlich dieser Bullenwagen am anderen Ende, und der Bulle schreit mich an!« Wie der Vet seine Angst von neuem durchlebt, werden seine Atemzüge kürzer. »Ich zische also ab. Hatte irre Angst, der bunkert mich ein. Ich kann nicht in 'ne Zelle, Lieutenant! Wenn ich in einem geschlossenen Raum bin, fange ich an zu schreien. Sie wissen, was ich meine? Sie wissen, was ich meine?«
    »Schon gut. Beruhige dich.«
    »Hab' ich Ihnen schon erzählt, daß mich die Militärärzte nach der Befreiung des Lagers eingesperrt haben?«
    »Du erwähntest es. Wo müssen wir hin?«
    »Nur immer die Main geradeaus. Bis zur Van Hörne. Ich zeig' Ihnen dann weiter. Ja, die Ärzte haben mich in ein Sonderlazarett für Bekloppte gesteckt. Haben's nicht verstanden. Ich war' da nie rausgekommen. Aber dann sagt dieser junge Doktor – Hauptmann Ferguson, so hieß er –, sagt der, warum lassen die mich denn nicht raus, versuchsweise. Mal sehen, wie das läuft. Also, ich komme raus, und sofort höre ich auf zu schreien. Sie haben mir gesagt: Nehmen Sie nie 'ne Stelle an, wo Sie irgendwie eingeschlossen sind. Das hab' ich auch nie gemacht. Brauchte ich auch nie. Ich bin zu neunzig Prozent arbeitsunfähig. Neunzig Prozent! Das ist 'ne Menge, was? He, haben Sie 'ne Zigarette?«
    »Nein.«
    Der Fahrer dreht sich etwas aus dem Sitz und holt ein Päckchen aus der Tasche. »Geben Sie ihm eine von meinen, Lieutenant. Wir können das Aroma hier drin sicher brauchen.«
    Als sie sich der Kreuzung Van Horne/St. Laurent nähern, wird LaPointe langsam neugierig auf die berühmte schnuckelige Bleibe, mit der der Vet immer angibt. Es ist auf der Straße allgemein bekannt, daß der Vet seine Rente innerhalb von vierzehn Tagen versäuft und Blut spenden muß, um den Rest des Monats leben zu können. Wie andere Tramps, Säufer, Drogensüchtige und Hippie-Typen lügt er, wenn man ihn fragt, wie lange es her ist, daß er Blut gespendet hat, wie er auch die Krankheiten verschweigt, die er gehabt hat. Seine ungewöhnliche Natur braucht immer einen Grund, immer wieder eine neue Quelle für seine ewige Angeberei. Sowie er Geld in die Finger kriegt, kauft er sich ein paar Flaschen, trinkt aber nie viel auf der Main. Er nimmt sie mit in seinen Schlupfwinkel.
    Den Angaben des Vet zufolge biegen sie links in die Van Hörne ein. Die Stimme des Vet wird weich und vertraulich, als er zu La-Pointe sagt: »Sie können ihm sagen, er soll hier an der Ecke halten. Nur Sie allein kommen mit, Lieutenant. Ich will niemanden sonst dabeihaben. Okay? Okay?«
    »Ich lass' den Fahrer hier. Der junge Mann ist mir unterstellt.«
    Guttmann schaut kurz herüber, unsicher, ob LaPointe ihn wegschickt oder nicht.
    Der Wagen fährt rüber zur Bordsteinkante, und LaPointe weist den Fahrer an, auf sie zu warten.
    Eine unbeleuchtete Nebenstraße mit

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