Ein Highlander zu Weihnachten
war das? Aus dem Ausschnitt ihres Hemdes schlängelte sich ein bunter Strang von Drähten, über die sie ähnlich wie unten mit einer piependen Maschine verbunden war. Eine einzige Verwirrung, die kein Ende zu nehmen schien. Aber schon bald würde er alles verstehen.
Er strich mit dem Daumen über ihre Handfläche. Fühlte ihre Haut sich tatsächlich schon ein wenig frischer an, oder war das nur reines Wunschdenken?
Es klopfte an der Tür. Voller Unbehagen fragte Cam sich, was die Schwester wohl als Nächstes bringen würde – aber dann war es nur ein besorgt dreinschauender Mann in mittleren Jahren, der mit einem riesigen Blumenstrauß in der Hand in der geöffneten Tür erschien.
Der Mann kam lächelnd auf ihn zu. »Sie sind Cameron MacLeod, habe ich recht? Ich habe über Tracy schon viel von Ihnen gehört. Ich bin Victor Delucci, Claires Freund.«
Er war dunkelhaarig, gut aussehend, nur eine Handbreit kleiner als Cam, aber zierlicher. Cam schüttelte die ihm dargebotene Hand und stellte fest, dass der Mann einen festen Griff, aber ebenso zarte Handflächen wie Claire hatte. Offenbar keiner, der ein Schwert zu führen wusste.
Delucci begrüßte Mrs Grouse. »Hallo, Mrs G.« Er beugte sich zu ihr herunter und küsste sie auf die Wange. »Was macht denn unser Mädchen?«
Cam stutzte. Wenn dieser Mann und Claire sich so nahestanden, wieso begegnete er Victor dann erst jetzt?
Mrs Grouse erhob sich mühsam. »Es geht ihr den Umständen entsprechend ganz gut.« Sie erzählte, was der Arzt ihnen gesagt hatte und griff dann nach ihrer Handtasche. »Von mir aus können wir gleich los.«
Delucci stellte die Blumen auf den Nachttisch, lehnte sich über das Bettgitter und küsste Claire zu Cams Missfallen auf die Stirn. »Träum was Schönes, Süße. Ich komm morgen wieder vorbei.«
Mrs Grouse verabschiedete sich auch mit einem Kuss von Claire, dann ließen beide ihn mit ihr allein. Aber der Frieden war von kurzer Dauer. Die dunkelhäutige Schwester kam herein, hantierte mit dem Wasserbeutel über Claires Bett und erklärte ihm dann in Windeseile die Bedienung des Bettes, des Fernsehers, des Telefons, des Notrufs im Abort, und was er mit den Gerätschaften tun sollte, die sie auf den Nachttisch gelegt hatte.
Als die Frau endlich fortging, fühlte Cam sich so erschöpft wie nach einer Schlacht, die den ganzen Tag gedauert hatte. Er rückte den Stuhl näher ans Bett und nahm wieder Claires Hand. »Na, Mädchen. Jetzt sind es bloß noch du und ich im Kampf gegen diese winzigen Viren.«
Und nie in seinem ganzen Leben war er sich nutzloser vorgekommen. Er war ein bis an die Zähne bewaffneter Krieger, aber ohne sichtbaren Feind.
Er schob das Bettgitter herunter und fuhr mit dem Finger ihre Wange entlang. Wie weich. »Weib, du musst aufhören, mir solche Angst zu machen. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalten kann.«
Er ließ eine ihrer Locken durch seine Finger gleiten und sah sie wieder vor sich wie beim allerersten Mal, mit großen, tränenfeuchten Augen. Niemals würde er vergessen, wie sie auf ihr Bett gesprungen war und von ihm verlangt hatte, er solle ihr sein Schwert zurückgeben – und wenn er hundert Jahre alt werden sollte. »Du warst ein großartiger Anblick, Mädchen, ganz bestimmt. Gezetert und gewettert hast du, als ob ich dich bis aufs letzte Hemd ausplündern wollte.«
Und dann hatte er sie aus einer Laune heraus geküsst. Und sie hatte seinen Kuss auf eine Weise erwidert, die ihm nachgegangen war, bis er es noch einmal getan hatte. Aber er wollte immer noch mehr.
Er hob ihre Fingerspitzen an seinen Mund. »Liebes, du musst wieder gesund werden, hörst du?« Sie musste einfach. Sie hatte noch so viel vor sich. Sie musste doch heiraten und Kinder haben …
Was für ein Narr du bist, MacLeod.
Sie hatten seit Tagen unter ein und demselben Dach gelebt und das Brot miteinander geteilt, und er wusste nicht einmal mit Sicherheit, ob sie sich dergleichen überhaupt wünschte. Er war so damit beschäftigt gewesen, seine Rückkehr nach Hause in die Wege zu leiten und sich in seiner neuen Umgebung zurechtzufinden, dass er sie nach manchen Dingen gar nicht gefragt hatte. Danach, wie es für sie war, mit ihm zusammenzuleben, und schon gar nicht danach, was für ein Leben sie sich vielleicht erwartete, wovon sie träumte. Er hatte erst in ihren Ausweis schauen müssen, um unten in der Notaufnahme ihr Geburtsdatum und ihr Alter angeben zu können.
Mit einem Seufzer legte er seinen Kopf auf die
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