Ein Himmel voller Sterne
ändert? Auch wenn wir nicht verwandt sind und ich …“
„Natürlich. Der Chef hat entsprechende Anweisungen gegeben.“ Die Schwester hastete weiter. Auf Intensiv hatte niemand lange Zeit zum Plaudern.
Am nächsten Tag war Karsten immer noch nicht wach geworden.
„Machen Sie sich keine allzu großen Sorgen“, erklärte ihr ein junger Intensivmediziner. „Das kommt nach solchen Eingriffen schon mal vor.“ Er bemühte sich, gelassen zu wirken, doch Bettina glaubte ihm nicht.
Und so setzte sie sich wieder an Karstens Bett, hielt stundenlang seine Hand und sprach leise auf ihn ein. Sie erzählte von ihren gemeinsamen Erlebnissen, von den schönen Stunden am Meer, von ihrem Weihnachtsfest …
„ich war noch nie so glücklich wie in dieser Nacht“, sagte sie leise und zog seine Hand an die Lippen. „Und ich weiß, dass ich ohne dich nie mehr glücklich sein kann.“
Keine Reaktion.
Am Abend, draußen peitschte ein heftiger Sturm Eisregen gegen die Fensterscheiben, begannen die Kontrollgeräte zu piepsen. Erst zuckte Bettina zusammen, aber dann erklärte eine Schwester:
„Jetzt wird er wach … schauen Sie nur … gleich …“
„Ich muss weg.“ Bettina war schon an der Tür.
„Aber nein! Ihnen ist es doch zum großen Teil zu verdanken, dass er wieder bei uns ist. Sie haben …“
In diesem Moment klingelte es, eine der Pflegerinnen öffnete – und dann rollte sie in einem Rollstuhl in die Kabine: Elaine!
„Mein Liebling!“ Sie sah schlecht aus. Dunkle Schatten lagen unter ihren Augen, ihre Hände, Krallen ähnlich, zitterten, als sie sie jetzt auf Karstens Brust legte. „Was tust du mir an?“ Jetzt weinte sie unterdrückt. Weder Bettina noch die junge Schwester schien sie zu bemerken.
Der Pfleger, der ihre Rollstuhl geschoben hatte, zuckte leicht mit den Schultern. „Sie hat die Ärzte verrückt gemacht. Irgendjemand hat es geschafft, sie auf der Psychiatrischen anzurufen und hat ihr erzählt, dass ihr Freund verunglückt ist. Seither konnte man sie kaum bändigen.“
„Das ist ja ein Ding!“ Die Intensivschwester schüttelte den Kopf. „Wie konnte das passieren?“
„Keine Ahnung. Ich persönlich vermute, dass sich da jemand ein dickes Trinkgeld verdient und ihr ein Handy eingeschmuggelt hat.“ Holger Schäfer log, ohne mit der Wimper zu zucken. Er selbst war es gewesen, der den Fünfhunderter von Elaines Freundin Gloria entgegengenommen hatte. Und er war, gegen einen weiteren Schein, auch bereit, das schöne Model heimlich aus der Psychiatrie hinüber zur Chirurgie zu fahren. Gefährlich war sie ja nicht, die schöne Frau. Nur ziemlich daneben. Zu viel Kokain, zu viel Alkohol, zu viele Tabletten, welche auch immer. Ihm sollte es egal sein. Sie ruinierten sich ja fast alle, diese Typen.
Holger war nicht gerade eine Zierde seines Berufs. Skrupel kannte er kaum, und wenn es um Geld ging, ließ er nur zu gern fünf gerade sein.
Wenn die schöne Elaine zu ihrem Lover wollte – kein Problem. Er besorgte einen Rollstuhl, flößte ihr einen sanften Beruhigungscocktail ein, der in erster Linie dazu da war, unauffällig mit ihr durch die Gegend zu rollen, dann machten sie sich auf den Weg.
Das alle bekam Bettina nur wie durch einen Schleier mit. Sie sah, dass Elaine sich weiter über Karsten beugte, und er … er öffnete in diesem Moment die Augen und sagte leise: „Du bist da …“
Nein, ein Schlag ins Gesicht hätte nicht weher tun können! Mit einem Ruck drehte sich Bettina um und stürzte aus der Kabine.
Fort. Weg von hier. Nur dieser Gedanke beherrschte sie.
+ + +
„Du musst mich besuchen kommen! Bitte! Ohne dich … das geht einfach nicht!“ Eindringlich redete James Gringsten auf Bettina ein. „Wir machen eine Riesenparty. Zur Verlobung.“ Er lachte. „Ich weiß, du findest es sicher albern, aber Jack und ich … das ist es einfach! Und das wollen wir zunächst mal so besiegeln. Eventuell heiraten wir später sogar.“
„Ich freu mich so für dich.“ Bettina meinte es aufrichtig, aber der Gedanke, nach San Francisco zu fliegen und dort hautnah Anteil an James’ Liebesglück nehmen zu müssen … nein, das ging über ihre Kräfte.
„Dann verlob ich mich eben nicht!“
„Du benimmst dich wie ein trotziges Kind!“
„Du vielleicht nicht? Nur weil dieser Volltrottel von Modefritze dich nicht liebt, kannst du dich nicht in deinen vier Wänden vergraben.“ Er verlegte sich aufs Bitten. „Tu mir den Gefallen. Du bist der Mensch, der mir am meisten bedeutet –
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