Ein Himmel voller Sterne
Dank, schoss es Kim durch den Kopf. Bettina dachte wieder an so normale Dinge wie Essen und Trinken! Schon deshalb hatte die Reise Sinn gemacht!
In der kleinen Gaststube war es um diese Zeit noch ruhig. Sie aßen eine köstliche Maispoularde, tranken dazu hausgemachte Limonade. Doch schon bald drängte Kim wieder zum Aufbruch. „Lass uns wenigstens noch kurz zum Waldhaus hoch gehen. Allein trau ich mich in den Luxusschuppen nicht rein.“
Bettina winkte ab. „Ach was, das ist doch nicht so interessant. Lieber würde ich auf die Berge hoch fahren.“
„Kannst du doch. Nach der Arbeit. Wir bleiben einfach noch ein paar Tage länger.“
„Und verprassen das Honorar! Das könnte dir gefallen!“
„Warum nicht? Die Welt ist bunt und schön, wir sind jung – und auch schön … was hindert uns?“
„Deinen Optimismus möchte ich haben!“
„Hast du doch … du musst nur endlich diesen Typen vergessen. Es gibt unzählige Männer auf der Welt, es muss nicht Karsten Korten-Ryhoff sein!“
„Kim!“
„Ist doch wahr!“ Das Mädchen winkte der Bedienung und zahlte. „Und jetzt komm“, forderte sie dann die Schwester auf. „Wir spazieren noch vor dem Dunkelwerden zum Waldhaus hoch. Einverstanden?“
„Du gibst vorher ja doch keine Ruhe, du Dickkopf!“
Der Weg zu dem bekannten Luxushotel, das im Baustil der „belle époque“ errichtet worden war, war steil. Bettina konnte verstehen, warum es einige Gäste vorzogen, sich mit dem hoteleigenen Bus oder sehr romantisch mit einem Pferdeschlitten den Berg hinauf bringen zu lassen. Wenn man den Weg am Hotelkomplex weiter ging, so stand es ausgeschildert, kam man ins Fextal.
„Die Pferdekutschen fahren alle dahin“, wusste Kim.
„Und jetzt sag nicht, so einen Ausflug willst du auch machen.“
„Nein, höchstens dann, wenn ich einen tollen Typen kennenlerne. Dann macht so ein romantischer Ausflug Sinn. – Aber jetzt komm, wir sehen mal kurz in die Halle rein.“
Bettina erkannte, dass sie der Neugier von Kim nichts entgegenzusetzen hatte. Und wenn sie ehrlich war, so war auch sie ein bisschen vorwitzig. Obwohl sie schon viele Luxushotels weltweit gesehen hatte, war es immer wieder reizvoll zu schauen, was sich Architekten und Innenarchitekten hatten einfallen lassen.
Im Hotel war es ein wenig düster. Zumindest hatte sie den Eindruck, da sie von draußen kam, wo der Schnee alles noch heller gemacht hatte. Auf einmal durchzuckte es Bettina wie ein Blitz. Das war doch … Karsten!
Der Mann, der eben aus der Bar kam, trug eine dunkle Hose und einen hellen Pulli. Und jetzt wandte er sich um, verschwand in einem anderen Raum.
„Was hast du?“ Kim griff nach Bettinas Arm und zog sie weiter. „Du stehst da wie zur Salzsäule erstarrt.“
„Karsten … da ist Karsten!“ Ihre Stimme war kaum zu verstehen.
„Du bist verrückt. Fang jetzt nur nicht an, in jedem halbwegs gut aussehenden Mann deinen Karsten zu sehen!“
„Er ist nicht mein …“
„Schon gut“, fiel Kim ihr ins Wort. „Ich hab ja gar nichts gesagt. Komm, wir gehen wieder. Hier komm ich mir ziemlich deplaziert vor. Das ist einfach nicht meine Welt.“
„Meine auch nicht …“ Fast fluchtartig stürmte Bettina aus dem Hotel. Erst draußen, in der kalten Luft, gelang es ihr wieder normal zu atmen. Zwei Pferdekutschen fuhren an ihnen vorbei, die acht Männer, warm einpackt in dicke Decken, lachten und riefen den Schwestern ein paar Scherzworte zu.
„Wir haben Chancen!“, grinste Kim. „Also – was machen wir heute Abend?“
„Gar nichts.“ Bettinas gute Laune war schlagartig verflogen. „Ich zumindest geh früh schlafen. Morgen muss ich fit sein. Außerdem haben wir noch nicht mal unsere Klamotten ausgepackt.“
„Das sind doch nur ein paar Handgriffe.“
„Bei dir vielleicht.“ Bettina schüttelte den Kopf. „Wenn du unbedingt um die Häuser ziehen musst – ich hab nichts dagegen. Mit mir kannst du aber nicht rechnen.“ Sie hätte es nie im Leben zugegeben, aber tief im Innern saß die Angst, dass Karsten vielleicht doch hier sein könnte – und dass sie ihm unerwartet gegenüber stehen würde, wenn sie ausging.
Nein, das tat sie sich nie mehr an! Sollte er mit seiner Elaine glücklich werden! Für sie war das Kapitel Karsten Korten-Ryhoff endgültig beendet!
Genau fünfzehneinhalb Stunden später musste sie sich eingestehen: Alles Lüge! Selbstbetrug!
Ein strahlend heller Morgen. Glitzernder Neuschnee, der über Nacht gefallen war und alles mit einer weißen
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