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Ein Hueter erwacht

Ein Hueter erwacht

Titel: Ein Hueter erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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sagte Dinesh.
    »Dann nehme ich an, du hast etwas für mich?« forschte Jug Surai-ya lauernd.
    »In der Tat.«
    »Hoffentlich von besserer Güte als deine letzten Angebote.«
    »Du wirst begeistert sein«, versprach Dinesh.
    »Zeig her!«
    »Nicht hier«, wehrte Dinesh Pai ab. Seine Blicke tasteten unstet durch die Finsternis der engen Gasse.
    »Dann komm mit«, sagte Jug Suraiya. Er drehte sich um und verschwand in der Schwärze der Türöffnung unterhalb der Laterne.
    Dinesh Pai folgte ihm, siegesgewiß lächelnd. Jug Suraiya war ein Händler von ganz besonderer Art, ein geschickter und erfolgreicher noch dazu, seinem seltsamen Äußeren zum Trotz. Seine Verbindungen reichten zum einen bis in die höchsten Kreise nicht nur der Stadt, sondern des Landes, und obendrein noch über die Grenzen Indiens hinaus. Warum er dennoch in dieser Gasse hauste und sich nicht längst einen Palast errichtet hatte, darüber hatte Dinesh Pai längst aufgehört sich zu wundern .
    Jug Suraiyas Behausung erinnerte ihn stets an etwas wie eine Hexenküche oder die Wohnstatt eines Zauberers. Nun, vielleicht war der Alte ja etwas in der Art . Alle möglichen und unmöglichen Utensilien stapelten und türmten sich in den kleinen Räumen, so daß dazwischen nur schmale Wege freiblieben, an manchen Stellen nicht einmal breit genug, daß man sie problemlos begehen konnte. Allerlei Gerüche hingen in der stickigen Luft, und mit jedem Schritt wehte dem Besucher ein neuer in die Nase. Mit Licht ging Jug Surai-ya so sparsam um, daß der weiteste Teil seines Zuhauses im Dunkeln und der Rest in trübem Zwielicht blieb.
    In einem der hinteren Räume, wo zumindest Platz genug für ein paar Sitzgelegenheiten am Boden blieb, wandte Suraiya sich seinem jungen Besucher zu.
    »Nun, was hast du?« fragte er.
    Dinesh Pai griff unter seine Kleidung, wartete noch einen kleinen Moment, wie um die Spannung zu erhöhen, dann zog er den Kelch hervor und hielt ihn Jug Suraiya hin.
    Selbst im hier herrschenden Halbdunkel schien das blütenartig geformte Gefäß zu funkeln, als wäre es tatsächlich in der Lage, jedes noch so geringe Licht anzuziehen.
    Sekundenlang starrte Jug Suraiya es schweigend an. Wenn er davon angetan war, dann zeigte er es jedenfalls nicht. Natürlich nicht, denn eher geringes Interesse seinerseits drückte den Preis. Dinesh Pai ließ den Alten jedoch nicht aus den Augen. Keine noch so geringe Regung würde ihm entgehen. Schließlich kannte er Jug Suraiya lange und - wie er meinte - gut genug.
    »Na?« machte er schließlich. »Was hältst du davon?«
    »Hm .«
    Suraiya griff nach dem Kelch, wog ihn in seinen spinnenartigen Händen, besah ihn sich von allen Seiten.
    »Keine Sorge«, grinste Dinesh. »Weder >Made in China< noch sonstwo.«
    »Daran zweifle ich nicht«, brummte Suraiya. »In der Tat ein schönes Stück.« Die Frage nach der Herkunft ersparte er sich. Dinesh Pai würde sie ihm nicht verraten, ebensowenig wie die anderen es taten, die ihm Sachen zum Kauf anboten; und in manchen Fällen war es sogar besser, nicht zu wissen, wo die Dinge herstammten - denn oft genug klebte, wenn auch unsichtbar, Blut daran .
    Dinesh Pai hatte Mühe, seinen Triumph zu verbergen. Hatte Jug Suraiya sich nicht eben verraten? Hatten seine wie tot wirkenden Augen nicht gerade, für einen winzigen Moment nur, gefunkelt? Und war da nicht plötzlich etwas Lauerndes, etwas wie mühsam bezwungene Gier in seinen verdorrten Zügen?
    »Weißt du, worum es sich dabei handelt? Ob der Kelch einen -Namen hat?« fragte Jug Suraiya, und es klang in Dineshs Ohren eindeutig so, als kenne der Alte selbst diesen Namen schon.
    »Nein«, antwortete er. »Du etwa?«
    »Nein, nein.« Die Antwort kam für Dineshs Dafürhalten zu schnell, um wahr zu sein.
    Dinesh Pai wurde des Spielchens überdrüssig. Dazu kam noch, daß er sich weder in Jug Suraiyas Gegenwart noch in dessen Haus sonderlich wohl fühlte, so daß er sich nicht länger hier aufhalten wollte, als unbedingt nötig.
    »Was bietest du mir dafür?« fragte er.
    Jug Suraiya zögerte kurz, dann nannte er einen Betrag, der Dinesh Pais Vorstellung noch übertraf. Zugleich war es ihm deutliches Zeichen dafür, daß er dem Alten tatsächlich einen »echten« Schatz ins Haus gebracht haben mußte. Einen Moment lang spielte Dinesh mit dem Gedanken, mehr zu fordern. Doch dann sah er davon ab. Er wußte, daß Suraiya über ein kleines Heer gedungener Helfer verfügte, die allzu große Unverschämtheit bestraften. Mehr als einer

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