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Ein Hueter erwacht

Ein Hueter erwacht

Titel: Ein Hueter erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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galten, und an Dingen, deren Existenz die Menschheit für Legende hielt . Gut so, dachte Jug Suraiya beiläufig.
    Er wandte sich der hinteren Wand des Raumes zu, wo sich Folianten aneinander reihten, deren Ledereinbände teils hart wie Stein geworden waren im Laufe unzähliger Jahre. Eines der Bücher nahm Suraiya zielsicher hervor, legte es auf einer eilends freigelegten Fläche ab und schlug es auf.
    Staub wölkte auf, ließ den Alten niesen und husten in einem, daß man fürchten mußte, es würde seinen dürren Leib schlicht zerbrechen. Er selbst schien es nicht einmal recht wahrzunehmen. Seite um Seite blätterte er um, seine steinern wirkenden Augen ruckten hin und her, während sein Blick über die größtenteils handbeschriebenen Seiten wanderte.
    Er kannte den Kelch, den Dinesh Pai ihm gebracht hatte. Freilich hatte er ihn nie zuvor im Original gesehen, nur auf einer Abbildung, als uralte Zeichnung, die nicht einmal von sonderlichem Geschick gewesen war. Aber die Form des Kelches war so charakteristisch, daß sie selbst in dieser schlichten Darstellung erhalten geblieben war.
    »Wußte ich's doch! Da ist es ja! Ja, auf das Hirn in diesem alten Kopf ist doch noch Verlaß.« Suraiya tippte sich gegen die Stirn.
    Die aufgeschlagene Doppelseite zeigte eine ganze Reihe von Ab -bildungen, teils alte Stiche, andere wieder handgemalt, und die eine oder andere Zeichnung schien von Hand direkt auf dieses Papier gebracht worden zu sein, so daß es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Unikate handelte. Samt und sonders handelte es sich bei den Darstellungen um - Kelche. Jeder war von anderer Form, und sie unterschieden sich überdies durch Größe und Zierat. Etliche der abgebildeten Gefäße waren sehr schlicht, nur aus Holz oder einfachem Metall gefertigt, andere dagegen aus edlem Material und aufwendig mit allerlei Steinen besetzt. Allen jedoch war eines gemeinsam - jeder einzelne der dargestellten Kelche sollte, den Verfassern des Buches zufolge, der einzig wahre Heilige Gral sein!
    Und unter den Abbildungen fand Jug Suraiya auch eine, die seinen Kelch zeigte .
    Er stellte das Gefäß neben das Buch und verglich es mit der betreffenden Darstellung. Sie waren nicht identisch, aber die Ähnlichkeit war unleugbar. Womöglich hatte der Illustrator den Kelch nur ein einziges Mal, vielleicht ganz kurz nur gesehen und als Vorlage lediglich das Bild seiner Erinnerung gehabt, mutmaßte Suraiya.
    Er hatte viel gehört und gelesen über den Heiligen Gral (wie auch über viele andere sagenumwobene Artefakte), und ohne es sich selbst einzugestehen, hatte er sich gewünscht, den Kelch, in den einst das Blut Jesu Christi geflossen sein sollte und der seit zweitausend Jahren durch die Geschichte der Menschheit geisterte, irgendwann einmal in die Hände zu bekommen.
    Nun schien es, als wäre sein Wunsch in Erfüllung gegangen. Suraiya hielt es sogar für wahrscheinlich. Denn er glaubte nicht, daß einer der aufwendigen Kelche, die in dem Buch zu sehen waren, der echte Gral sein könnte. Wenn er nicht nur Legende war, dann mußte es sich um ein eher schlichtes Gefäß handeln .
    Und vielleicht war etwas an all den Wunderdingen dran, die man sich über den Gral im Laufe der Zeit erzählt hatte ... Auch wenn Su-raiyas erster Versuch mit Dinesh Pai offenbar fehlgeschlagen war, wollte er die Probe aufs Exempel noch einmal vornehmen - an sich selbst.
    »Ewiges Leben«, flüsterte er heiser. So sagte man, unter anderem: Wer aus dem Gral trank, dem wäre ewiges Leben beschieden.
    Jug Suraiya stellte das Buch zurück und verließ seine geheime Kammer. Draußen in einem anderen Raum holte er eine Flasche hervor (nicht jene mit dem billigen Gepansch, das er Dinesh Pai als »edlen Tropfen« angedient hatte) und schenkte sich ein.
    Sekundenlang sah er dann in den Kelch hinein. Seltsam, dachte er, es sieht aus, als wäre nichts darin - nur Schwärze .
    Dann endlich trank er. Einen kleinen Schluck erst, dann mehr und schließlich alles.
    Langsam setzte Jug Suraiya den Kelch ab. Wartete darauf, daß etwas geschah - daß er sich anders fühlte, auf welche Weise auch immer besser.
    Und tatsächlich veränderte sich etwas. Er fühlte sich - unwohl. Als greife heimlich eine Krankheit nach ihm. Und dieses Gefühl blieb ihm, verschlimmerte sich noch.
    Übler Kopfschmerz befiel Jug Suraiya. Und dieser Schmerz schürte schließlich einen Wunsch in ihm: Er wollte den Kelch loswerden. Rasch! Je schneller, desto besser!
    Schon wollte er sich aufmachen, um

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