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Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Hummer macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Wekwerth
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Meinung. Mit einer Mission. Mit einer klasse Frisur. Vielleicht hast du ja was bewirkt?«
    »Du lieber Himmel«, stöhnte Theodor. »Hat sie wirklich gesagt: Leute, denen man verbieten sollte, Tagebuch zu schreiben ?«
    »Ja, hat sie.« David kicherte. »Ich muss sie kennenlernen.«
    ▶◀
    Natalie stand neben einer monströsen Agave.
    »Frau Schilling, wie schön, dass Sie gekommen sind!«, rief Theodor und eilte mit ausgestreckten Armen auf sie zu. Natalie bemühte sich um einen gleichgültigen Gesichtsausdruck, aber es gelang ihr nicht, ein Lächeln zu unterdrücken. Sie freute sich einfach zu sehr, Theodor wiederzusehen. Kurz bevor er sie erreichte, bremste er seine Schritte ab und kam dicht vor ihr zum Stehen. Pour Monsieur streifte sie.
    »Guten Tag«, sagte er sanft und sonor.
    »Hallo, Herr Silberstadt.«
    Verlegen reichten sie sich die Hände.
    »Ist ja ein Mordsding.« Theodor deutete auf die Agave.
    »Ich mag Agaven nicht besonders«, sagte Natalie.
    »Ich auch nicht.«
    »Also?«, fragte sie geschäftsmäßig. »Sie möchten sich erklären?«
    »Wollen wir dabei ein bisschen spazieren gehen?« Er reichte ihr seinen Arm, was sie an eine Filmszene aus Die Buddenbrooks erinnerte. Natalie hakte sich ein.
    Schweigend gingen sie am gläsernen Mittelmeerhaus vorüber.
    »Ich …«, begann Theodor.
    »Was ist so rasend komisch gewesen?«
    »Es …«
    »Nur damit Sie es wissen …«, unterbrach ihn Natalie wieder, »ich hatte mich in der Tür geirrt. Ich wollte lediglich eine Dusche nehmen. Es war so ein heißer Tag.«
    »Natürlich, das weiß ich doch«, beeilte sich Theodor zu versichern.
    »Gut.«
    »Ja.«
    »Warum haben Sie gelacht?«
    »Sie dürfen das auf keinen Fall auf sich beziehen«, sagte Theodor.
    »Sondern?«
    »Die Situation war so … so …«
    »So was ?«
    »Frau Schilling, bitte lassen Sie mich doch aussprechen.«
    Sie presste die Lippen aufeinander.
    »Wenn man dieses Missverständnis psychologisch beleuchtet«, hub Theodor an, »wird klar, dass Sie nach wie vor Probleme mit Ihrer Sexualität haben.«
    »Ich muss doch sehr bitten.«
    Sie hatten den italienischen Garten erreicht.
    »Und was ist an meiner Sexualität so außerordentlich witzig?«, wollte Natalie wissen.
    Theodor war neben einer Palme stehen geblieben. »Gar nichts. Nur ihr Anblick kam etwas überraschend. Und als Sie dann noch das Äpfelchenbild vor Ihre Brrr-üste hielten …« Er schluckte, konzentrierte sich darauf, ernst zu bleiben. »… das sah einfach irrsinnig lustig aus.«
    Natalie starrte ihn an. Ihr linkes Augenlid zuckte.
    »Bitte nehmen Sie es auf keinen Fall persönlich«, beeilte sich Theodor zu sagen. »Die Szene wirkte skurril und unwirklich, geradezu surreal. David hätte das gefallen, er sollte Sie so malen. Ja wirklich, das wäre ein großartiges Motiv. David hat Talent, David würde die Absurdität der Situation hervorragend rüberbringen …«
    »Andere Frauen wirken nackt eher sexy als absurd«, warf Natalie ein. »Und wer ist überhaupt dieser David?«
    Theodor seufzte. »Um es kurz zu machen: Keine Frau der Welt hätte in dieser Situation überzeugend auf mich gewirkt. Egal, ob vor oder hinter dem Äpfelchenbild.«
    »Scarlett Johansson auch nicht?«
    »Ganz sicher nicht.«
    »Aber Audrey Hepburn 1953. Oder …« Natalie dachte nach.
    »Frau Schilling – ich bin schwul.«
    Natalie öffnete den Mund, schloss ihn und machte ihn wieder auf. »Sie sind …« Wieder starrte sie ihn an, das Zucken ihres linken Auges hatte sich verstärkt. Sie schnappte nach Luft, ihr Gesicht verzerrte sich, dann begann sie laut zu lachen. Ziemlich schrill, fand Theodor. Geradezu hyänenhaft.
    »So komisch ist das ja nun auch wieder nicht«, murmelte er.
    »Da ist mein Auserwählter also nicht nur mein Therapeut!«, rief Natalie und schlug sich beide Hände auf den Kopf. »Was ja schon tabubelastet genug gewesen wäre!« Sie lachte schnaufend. »Nein, er ist auch noch mein schwuler Therapeut!«
    »Sag ich doch«, erwiderte Theodor, »Sie haben Probleme mit Ihrer Sexualität. Ihre Abwehrmechanismen laufen auf Hochtouren.«
    Mit nassen Augen und verlaufener Wimperntusche sah Natalie ihn an. »Scheint so.«
    »Na ja.« Theodor lächelte schief. »Es gibt Schlimmeres.«
    Sie standen einen Moment lang schweigend unter der Palme. Dann bot Theodor Natalie wieder seinen Arm. »Gehen wir weiter?«
    »Haben wir denn noch einen gemeinsamen Weg?«
    »Von mir aus liebend gern.«
    »Das ist mir so peinlich«, flüsterte Natalie, Theodors Arm

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