Ein Hund namens Gracie
und mir persönlich enttäuscht. Ich fühlte mich wirklich ziemlich lausig -und dabei hatten wir sie noch nie gesehen!
Ich entschuldigte mich. Uns beiden Hohlköpfen war es natürlich nicht im Traum eingefallen, unsere Nachbarn wissen zu lassen, dass wir um unser Grundstück einen Zaun ziehen wollten. Dann entschuldigte ich mich dafür, dass wir keinen Nachbarschaftsgeist gezeigt und uns nicht vorgestellt hätten, aber sie belehrte mich, es sei üblich, dass die Eingesessenen die neuen Nachbarn begrüßen kamen, und dass sie das auch vor Urzeiten getan hätte, inzwischen jedoch zu »einer regelrechten Einsiedlerin« geworden sei.
»Ehm, wissen Sie«, sagte ich, »könnte ich...«
»Nein«, sagte Mrs. McGuire. »Nein...« Ihre Stimme senkte sich, und nach einer kurzen Pause sagte sie »Auf Wiedersehen« und hängte auf.
Mark fand, wir sollten ihr einen Korb Obst oder einen Blumenstrauß oder irgendwas vorbeibringen, aber ich erwiderte, dass sie sehr deutlich gemacht habe, dass sie nicht mehr unter Leute ging, auch nicht das kleinste bisschen.
Sie meinte es ernst. An Wochentagen ließ sie Byron nur raus, wenn die Mädchen (inzwischen war Gracie auch dabei) bestimmt im Haus waren, und nie sahen wir mehr von ihr als ihren zarten beblusten Arm, wenn sie Byron zur Tür rausließ, und dann wieder, wenn sie mit ihrer wackeligen Stimme rief: »Byron! Komm rein!« Das war alles. Nie sahen wir sie das Haus verlassen. Ein Gärtner kümmerte sich um den Garten und einmal die Woche wurden ihr Lebensmittel gebracht und auf der Veranda abgestellt. Ihre Kinder mögen sie besucht haben, wenn sie es taten, waren sie unwahrscheinlich leise.
Mit Byron allerdings verhielt es sich ganz anders. Er war einer dieser kleinen Hunde, die nicht wissen, wie klein sie sind, und lief gerne in seinem Garten hin und her und bellte so laut, wie es seine aprikosengroßen Lungen zuließen. »Arf!« machte er. Haarscharf das Geräusch, von dem ich immer angenommen hatte, dass Hunde es nur in Comics machen. »Arf! Arf!« Und für den Fall, dass wir ihn nicht verstanden hatten: »Arf!«
»Du weißt, was er da macht, oder?« fragte mich Mark.
»Hm, bellt er vielleicht?«
»Er verkündet der ganzen Nachbarschaft, dass Mrs. McGuire nicht alleine ist. Er hält Wache.« Aus dem Küchenfenster sahen wir alle zwölf Pfund von Byron den Feind abschrecken und brachen in Lachen aus.
»Er wäre nicht gerade meine erste Wahl als Wachhund«, sagte ich. »Aber er weiß, was er tut. Seit wir hier wohnen, hat ihr niemand etwas zuleide getan.«
Mark machte eine schuldbewusste Mine. »Niemand außer uns.«
»Oh, stimmt.«
Doch als die Monate vorübergingen und wir nichts mehr von Mrs. McGuire und wenig von Byron hörten, vergaßen wir sie mehr oder weniger. Bis wir durch ein klaffendes Loch in Gracies magerem Sozialleben wieder an sie erinnert wurden.
Trotz ihres heiklen Geschmacks und ihres geringen Appetits war Gracie mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit weitergewachsen. Ich habe ja schon erwähnt, dass ihr Gewicht sich in den ersten paar Monaten alle 30 Tage zu verdoppeln schien, aber lassen Sie mich versuchen, ihr Wachstum in ein Verhältnis zu setzen. Während normale Menschen 16 oder 18 Jahre brauchen, um ihre volle Größe zu erreichen, braucht ein Hund dafür nur ein Jahr. Selbst bei kleinen Hunden ist das beeindruckend, bei Deutschen Doggen verschlägt es einem jedoch die Sprache. Mit ihren 150 Pfund sind ausgewachsene Doggen schwerer als viele Menschen, und dieses Gewicht haben sie ausgehend von den 3 oder 4 Pfund, die sie bei der Geburt wogen, erreicht. Stellen sie sich einen Menschen vor, der binnen eines Jahres fast zu seiner ganzen Größe heranwächst, dann haben Sie eine ungefähre Vorstellung von der Tortur, die der Körper eines Welpen mitmachen muss.
Inzwischen ging mir Gracies Kopf etwas über die Taille (sie hatte eine Schulterhöhe von 75 Zentimetern) und ihr schlanker Knochenbau ähnelte dem eines jungen Athleten - nur ohne entsprechende Körperkontrolle. Sie war so tollpatschig wie eh und je und konnte leicht von der schadenfrohen, aber nicht mehr heimtückischen Dottie ausgetrickst werden. Sie stolperte auch immer noch über sich selbst, wenn ihre hinteren Pfoten vor die vorderen gerieten. Es war an einem Herbsttag in einem dieser anmutigen Momente, als sie einen Marienkäfer zu fassen bekam, den sie als Haustier zähmen wollte, als Byron aus der Hintertür gelassen wurde und sofort zum Zaun rannte, um sie zu begrüßen.
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