Ein Hund namens Gracie
»Das sollte es auch«, murmelte Mark. »Eine Woche von diesem Zeug für Gracie verschlingt die Hälfte unseres monatlichen Essenbudgets.« Ich hoffte, dass Gracie irgendwie verstehen würde, wie viel wir für dieses Superfressen ausgegeben hatten, und dass sie ihm eine Chance gab: Ah, die Jungs legen sich richtig ins Zeug, um mich glücklich zu machen, also fresse ich es, um sie wissen zu lassen, dass ich ihre Mühe anerkenne.
Ich habe meine Gefühle wohl sehr stark gezeigt, denn sie ließ sich richtig Zeit: Sie nahm einen winzigen Bissen, kaute 45 Mal darauf rum, als ob sie fürchtete, dass Glas drin sei, und schluckte ihn schließlich runter. Dann nahm sie ein paar weitere Bröckchen, die sie früher oder später auch verschluckte. Dann... seufzte sie und ging weg.
Mark tippte sich an die Stirn. »Könntest du mir mal bitte erklären, wie du es geschafft hast, die einzige magersüchtige Deutsche Dogge in der ganzen Geschichte des Hundereichs auszusuchen?«
Ich kniete mich neben Gracie und umarmte sie ganz fest. Sie erwiderte die Zärtlichkeit, aber ohne rechte Überzeugung. »Du bist doch nicht magersüchtig, oder, meine Süße? Du willst mir doch nicht das Herz brechen?«
»Das ist vollkommen verrückt!« Mark schüttelte den Kopf. »In einer Woche müssen wir sie intravenös ernähren. Wir müssen irgendwas unternehmen!« Zum ersten Mal konnte ich erkennen, dass er sich genauso viele Sorgen um Gracie machte wie ich.
Ganz offensichtlich mussten wir etwas unternehmen. Aber was?
Wir gingen eine Minute in uns, die Augen nervös auf Gracies vorstehende Rippen geheftet. Dann platzten wir beide gleichzeitig damit raus: »Dr. Benjamin!«
»Ich rufe ihn gleich morgen früh an.«
»Ruf ihn jetzt an und hinterlass ihm eine Nachricht!«
Nun, wir hatten es mit Dr. Benjamin zu tun, und als ich die Nummer wählte, die auf dem Anrufbeantworter seiner Praxis für den Fall angegeben war, dass die Praxis schon geschlossen hätte, war es kein Auftragsdienst, sondern sein privater Telefonanschluss.
»Oh, hallo. Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie störe. Ist Dr. Benjamin zu sprechen?«
»Leider nicht. Kann ich ihm etwas ausrichten?«
Ich erklärte, was mit Gracie los war, wobei ich mich die ganze Zeit blöd fühlte, nicht bis zum nächsten Morgen gewartet zu haben. Dabei war ich genau genommen zu beunruhigt, um zu warten. Es stellte sich heraus, dass ich mit der Tochter des Tierarztes sprach, die gerade reingekommen war, um die Hunde zu füttern und mit ihnen zu spielen, denn ihre Eltern besuchten ihren Bruder und dessen Familie in Denver.
»Oh.« Mir sank das Herz. »Na ja, gibt es eine Vertretung, die ich...«
»Ja, es gibt einen Vertretungsarzt, aber warum rufen Sie nicht zuerst meinen Vater an und fragen ihn, was er davon hält?«
»Oh, das kann ich doch nicht tun.«
»Oh, bestimmt können Sie das tun!«
»Nein, ich kann es wirklich nicht.«
Sie lachte. »Sie verstehen mich nicht. Wenn Sie ihn nicht anrufen, kriege ich Riesenprobleme.«
Natürlich wollte ich nicht, dass sie Riesenprobleme bekam, deswegen schrieb ich mir die Nummer auf und rief Dr. Benjamin in Denver an. Sein Sohn, der genauso klang wie er, nur ohne das Reibeisen in der Stimme, holte ihn sofort. Aus dem Ton des guten Doktors hätte man schließen können, dass er auf meinen Anruf gewartet hatte.
»Oh, mein armes kleines Wunder«, sagte er, nachdem ich ihm erzählt hatte, was los war. »Sie hat’s noch nie leicht gehabt, stimmt’s?«
So hatte ich das noch nie gesehen. Es ist mir zwar peinlich, das zuzugeben, aber es war das erste Mal, dass ich darüber nachdachte, wie diese Essprobleme für Gracie sein mochten. Ich meine, natürlich machte ich mir Sorgen um ihr physisches Wohlergehen, aber mir war es nie in den Sinn gekommen, dass meine geliebte Tierfreundin Gefühle über sich selbst haben könnte. Sie fühlte sich wahrscheinlich unwohl, vielleicht hatte sie sogar Schmerzen. Sie musste einfach hungrig sein. Und wahrscheinlich hatte sie Angst, warum sollte sie keine haben? Ich fühlte mich schon todkrank, wenn ich nur erkältet war. Um alles noch schlimmer zu machen, hatte sie keine Möglichkeit zu verstehen, was ihr fehlte. Als ich mir das überlegte, wollte ich nur noch dringlicher, dass es ihr besser gehen sollte. Dr. Benjamin wollte dasselbe.
»Hm. Morgen gibt es einen Flug um zehn... Bringen Sie Gracie gegen eins rein, dann kann ich mich mit ihr unterhalten und ein paar Untersuchungen machen.« Mir ging es schon besser, als ich das
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