Ein Iglu für zwei (German Edition)
ganz anders. Da gibt’s nichts mehr zu retten, Namid.“
„Klar! Und wieso?“, erkundigt er sich hintergründig.
Mein Schmerz holt mich wieder ein. Können wir nicht von etwas anderem reden? Namid ist nicht meine Freundin. Eigentlich möchte ich mich ihm nicht anvertrauen. Sein Arm legt sich um meine Schulter und zieht mich an ihn heran.
„Los, red schon!“, drängelt er.
Offenbar führt kein Weg drum herum. Die Neugierde ist eine Epidemie in dieser Familie und kaum zu bezwingen. Auch Namid steht unter ihrem Einfluss.
„Ich weiß nicht, warum alles so gekommen ist. Erst schwebte ich auf rosa Wolken und alles schien perfekt. Bis mich seine Exfreundin anrief und mir klarmachte, dass Danny nicht mehr zu mir zurückkommen wird und ich ihn vergessen soll. Ein paar Wochen später habe ich ihn dann mit ihr zusammen gesehen. Das ist schon die ganze Geschichte.“
„Ist das wirklich schon alles?“
Wieso fragt er das? Ist mir etwa bereits anzusehen, dass ich schwanger bin? Unsicher schiele ich auf meinen Bauch. Namid registriert es sofort und dreht seinen Oberkörper in meine Richtung.
„Bist du etwa schwanger!?“
Augenrollend ärgere ich mich über mich selbst und meine unbedachte Geste zu meinem Bauch. So viel zu meinem Wunsch, in Frieden über alles nachzudenken. Wenn meine Mutter das erfährt, ist jegliche Ruhe futsch. Sie wird mich auffordern, einen passenden Vater für das Kind zu suchen. Sie mag Namid und mich für grönländische Verhältnisse modern erzogen haben, aber sie könnte niemals akzeptieren, dass ich unverheiratet ein Kind zur Welt bringe. Es wird ein hartes Stück Arbeit, ihr klarzumachen, dass ich mich entschieden habe, alleinerziehend zu sein, und kein geeigneter Vater in Sicht ist.
„Weiß er das? Hat er dich etwa schwanger sitzen gelassen? Dem prügle ich die Eingeweide heraus.“
„Nein. Er weiß nichts. Es würde ihn auch nicht interessieren. Das Leben, das er führt, ist eines ohne Verpflichtungen, das weder mir noch einem Kind genügend Platz bietet.“
„Verstehe. Trotzdem finde ich, hat er ein Recht darauf, es zu erfahren. Du solltest ihm nicht vorenthalten, dass er Vater wird.“
Ich hätte mir gleich denken können, dass Namid so reagiert. Die Kerle halten doch immer alle zusammen, wenn’s drauf ankommt.
„Wenn ich wieder in New York bin, werde ich ihn mir mal vorknöpfen. Das hätte ich bereits tun sollen, als wir uns in deiner Wohnung begegnet sind.“
Jetzt keimt dieses Beschützersyndrom wieder in ihm auf. Er hat immer noch nicht erkannt, dass ich inzwischen erwachsen bin und er sein Augenmerk lieber auf andere Dinge lenken sollte: zum Beispiel auf Lucy.
„Danke für deine Besorgnis, aber sie ist in diesem Fall wirklich nicht angebracht. Es ist nicht nötig, dass du Danny zur Rede stellst. Ich komme auch ohne ihn klar.“
„Wenn du meinst. Aber du solltest mit Mum und Dad darüber reden.“
Das habe ich befürchtet. So viel zu meiner lang ersehnten Ruhe. Ich hätte in New York bleiben sollen. Auf Diskussionen mit meiner Mutter bin ich einfach nicht vorbereitet.
„Also gut.“
Welcher Vater soll’s denn sein?
Natürlich kam es genauso, wie ich es mir dachte. Als meine Eltern erfuhren, dass ich schwanger bin, ging die Debatte kurzerhand los. Ganze fünf Tage. Ich bin total erschöpft. Jetzt sitze ich allein auf meinem Felsvorsprung und starre ins glitzernde Wasser. Namid hat sich aus dem Staub gemacht und ist zurück nach New York gereist. Ich verstehe meine Mutter ja. Sie hat den Mann ihres Lebens gefunden, nämlich meinen Vater. Daher hat sie niemals vor der Entscheidung gestanden, ein Kind allein großziehen zu müssen. Wenn sie in New York leben würde, wüsste sie, dass es beileibe nichts Ungewöhnliches mehr ist, eine unverheiratete, alleinerziehende Mutter zu sein. Doch sie lebt nun einmal am Rande der Welt. Wie hätte sie sich eine weltoffene Meinung bilden sollen?
Mein Vater hat sich aus der Auseinandersetzung zwischen meiner Mutter und mir herausgehalten. Wirklich klug von ihm. Wenn es nicht um mich gegangen wäre, hätte ich dasselbe getan.
Heute bat sie mich allen Ernstes darum, mich mit Phil auszusprechen. Sie teilte mir mit, dass er wieder zu haben sei und sich die letzten Jahre regelmäßig nach mir erkundigt habe. Falls sie ihm auch nur ein Sterbenswörtchen über mich erzählt haben sollte, könnte ich über zukünftige Sanktionsmaßnahmen ihr gegenüber nachdenken.
Zum Beispiel könnte ich den Informationshahn über mich
Weitere Kostenlose Bücher