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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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fragte Carol, folgte ihm und setzte sich in den einzelnen Sessel, achtete aber darauf, vom Fenster wegzubleiben. Obwohl sie niemanden gesehen hatte, der ihr folgte, hieß das nicht, dass ihr nicht doch jemand bei jeder Bewegung, die sie machte, auf den Fersen war. Und sie wollte sich nirgends zeigen, wo sie nicht sein sollte.
    Tony hatte ihr den Rücken zugewandt und schaute aus dem Panoramafenster auf die Straße. »Teils ja. Teils bin ich eingebildet genug, dass ich meine, ich kann vielleicht dabei helfen, Leben zu retten. Und teils auch, weil …« Er hielt inne und suchte nach den richtigen Worten. »Weil das, was Margarethe passiert ist, mir Sorgen macht wegen der Gefahr, in der du dich befindest.« Er wandte sich um, die Arme über der Brust verschränkt. »Ich will nicht überheblich sein. Ich kenne niemanden, der den Job besser machen würde, unabhängiger und stärker wäre als du.« Er sah zu Boden. »Aber ich würde mir nie verzeihen, wenn dir etwas passieren würde, das ich hätte verhindern können.« Er lachte kurz auf. »Ich weiß nicht einmal, was ich damit meine, und das ist sehr merkwürdig, wenn ein Psychologe so etwas zugeben muss. Ich bin nur … Ich weiß nicht. Ich nehme an, ich möchte in der Nähe sein, falls irgendetwas passiert und ich etwas tun kann, um dir zu helfen.«
    Seine Worte waren für Carol Gold wert. Gerade als sie gedacht hatte, er verpasse ihr eine Ohrfeige, hatte er es in eine Liebkosung verwandelt. Sie wartete schon jahrelang auf diese persönliche Sorge um sie, und jede Minute des Wartens hatte sich gelohnt. Das Wissen, dass es ihm so wichtig war, genügte fast schon. Das allein war bereits eine Garantie für etwas in der Zukunft. Es machte ihr Hoffnung auf die Chance, alles langsam angehen zu können, ohne dass sie die Sache zu forcieren brauchte. »Du weißt ja gar nicht, wie viel es mir bedeutet, dass du da bist. Aus welchem Grund auch immer«, sagte sie. »Ich habe mich so einsam gefühlt bei dieser Aufgabe. Petra ist toll, aber sie kennt sich in Carol Jordans Leben nicht aus. Sie wird nicht bemerken, ob ich mich von mir selbst entferne, weil sie nicht wirklich weiß, wer dieses Ich ist. Aber du weißt es. Du kannst die Messlatte für Carol Jordan sein, mein Notanker. Und du kannst mir bei der Entscheidung helfen, wie ich am besten mit Radecki umgehe.«
    »Ich kann’s versuchen. Wie ist es gestern Abend gelaufen?«
    Carol berichtete ihm über das erste Treffen mit ihrem Zielobjekt. Tony saß auf der Couch, das Kinn auf die Fäuste gestützt, hörte aufmerksam zu und stellte hin und wieder Fragen. »Es hört sich an, als hättest du deine Sache gut gemacht. Ich hatte befürchtet, dass er wegen der Ähnlichkeit mit Katerina so misstrauisch sein könnte, dass er überhaupt nichts mit dir zu tun haben will. Aber diese Hürde hast du offenbar überwunden.«
    »Vielleicht. Aber er hat noch nicht angerufen.«
    »Er wird sich melden.«
    »Hoffen wir’s. Aber wir sollten nicht unsere ganze Zeit auf mich verwenden. Ich will dich nicht bei der Arbeit am Profil stören. Deshalb bist du ja hier. Das ist das Wichtigste. Wenn der Kerl nicht gestoppt wird, tut er es immer wieder. Er muss überführt werden. Und wenn irgendjemand es fertig kriegen kann, dass das passiert, dann bist du es.«
    »Ich hoffe es. Dieser Dreckskerl schuldet mir ein Leben. Oder zumindest den Rest seines Lebens hinter Gittern.« Tony schüttelte den Kopf. »Ich kann es immer noch nicht fassen, dass Margarethe tot ist.«
    »Wart ihr alte Freunde?«
    »Ich würde es eigentlich nicht Freundschaft nennen. Wir waren Kollegen mit gemeinsamen Interessen. Einmal habe ich ein paar Tage bei ihr übernachtet. Wir hatten vor, zusammen einen Aufsatz zu schreiben, aber wir sind nie dazu gekommen. Ein paarmal jedes Jahr tauschten wir E-Mails und zu Weihnachten Karten aus. Wir waren nicht befreundet, aber mehr als nur Bekannte. Ich mochte sie. Ich mochte sie sehr. Sie hatte Phantasie, war intelligent und leistete gute Arbeit. Und sie hatte einen Sohn, den sie sehr liebte.« Er schüttelte den Kopf. »Wie wirkt sich das auf das Gemüt eines Kindes aus? Er muss etwa sieben oder acht sein. Und er wird mit dem Wissen aufwachsen müssen, dass jemand mit seiner Mutter wie mit einem Stück Fleisch umgegangen ist.«
    »Lässt du mich dir helfen?«
    Tony war überrascht. »Hast du nicht schon genug am Bein?«
    »Ich werde wahrscheinlich jede Menge freie Zeit haben. Außer wenn ich bei Radecki bin oder meine Berichte schreibe, habe

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