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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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der schwachen Theaterbeleuchtung sah er, dass Carolines grau waren. Auch ihr Mund war anders. Katerinas Lippen waren sinnlich, voll und schön geformt gewesen und schienen immer zum Küssen bereit. Diese Engländerin hatte dünnere Lippen, und ihr Mund versprach viel weniger als das, was Katerinas ihm immer geschenkt hatte. Aber als Caroline lächelte, verschwand der Kontrast, und die Ähnlichkeit wurde noch verblüffender. Diesen Mund das vertraute »Tadzio« aussprechen zu hören, hatte ihn mehr als alles andere aus der Fassung gebracht.
    Als er ihr Gesicht studierte, war das Merkwürdigste, dass die kleinen Unterschiede nur dazu dienten, die Wirkung dieser Fremden, die in seine Welt eingedrungen war, noch zu verstärken, obwohl er ganz klar sah, dass sie nicht Katerina war. Einerseits war das eine Enttäuschung, andererseits eine Erleichterung. Aber sie war eine Frau, die emotional auf ihn wirkte, wie es niemand seit Katerinas Tod vermocht hatte. Das war strapaziös, eröffnete aber auch ungeahnte Möglichkeiten. Der Gedanke, mit ihr zusammenzuarbeiten, hatte ihn besorgt gemacht und zugleich aufgeregt.
    Aber er war nicht so erregt, dass er die Grundregeln des Spiels vergaß. Sobald der zweite Akt zu Ende war, hatte er die ersten Schritte unternommen, um so viel über Caroline Jackson herauszufinden, wie er konnte. Er erinnerte sich an einen Mann, dem er zweimal begegnet war, als er die Geschäfte mit Colin Osborne in die Wege geleitet hatte. Nick Kramer war auch aus Essex und hatte schon früher mit Colin zusammengearbeitet. Offensichtlich war er kein so vertrauter Partner, wie Darko es für ihn war, und Tadeusz schätzte, dass Colin ihn hauptsächlich mitgebracht hatte, damit die Teams gleichgewichtig aussahen. Tadeusz, der sich immer in allen Einzelheiten absicherte, hatte Kramers Nummer noch in seinem Mobiltelefon gespeichert.
    Kramer hatte beim zweiten Klingeln abgenommen. »Ja?«, brummte er.
    »Hier ist Colins deutscher Freund«, sagte Tadeusz. »Wir haben uns in London kennen gelernt.«
    »Ach ja, stimmt, ich erinnere mich. Wie läuft’s?«
    »Ich habe eine Frau getroffen, die sagt, sie sei eine Bekannte von Colin. Ich wollte wissen, ob Sie sie kennen.«
    »Wie heißt sie?«
    »Caroline Jackson. Sie sagt, sie und Colin wollten miteinander Geschäfte machen.«
    Eine kurze Pause trat ein. »Den Namen kenne ich. Aber ich habe sie nie persönlich kennen gelernt. Ich habe gehört, dass sie in der gleichen Branche arbeitet wie Sie und Colin. Irgendwo in East Anglia hat sie einen Betrieb. Nach allem, was man hört, hat sie kaum mit jemandem Kontakt. Ach, und dann habe ich ihren Namen gehört, nachdem Colin … gestorben ist und einige zum Verhör vorgeladen wurden. Das ist alles, was ich weiß, tut mir Leid, dass ich nicht weiterhelfen kann, Kollege.«
    »Kennen Sie irgendjemanden, der sie persönlich kennt?«
    Er atmete tief aus. »Bei Chelmsford draußen gibt es einen Typen. Einen Freund von Charlie, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Ein Kokaindealer, übersetzte Tadeusz. »Haben Sie eine Nummer, wo ich ihn erreichen kann?«
    »Moment mal …« Eine gedämpfte Unterhaltung, dann war Kramer wieder da und gab eine Mobiltelefonnummer durch. »Sagen Sie ihm, ich hätte gesagt, Sie sind in Ordnung.«
    »Danke.«
    »Aber bitte. Hören Sie, wenn Sie Geschäfte machen wollen – nicht die mit Lebendware, die andere Sorte –, rufen Sie mich doch an. Ich kann da einsteigen.«
    »Ich merke es mir.« Tadeusz legte auf. Er glaubte nicht, dass er in naher Zukunft mit Nick Kramer Drogen- oder Waffengeschäfte machen würde. Er hatte den Mann nicht besonders gemocht, und nach dieser Unterhaltung schien es, dass Diskretion nicht seine Sache war. Er wählte die Nummer, die Kramer ihm gegeben hatte, und wartete, bis sich jemand meldete.
    Er wollte schon aufgeben, als eine Stimme vorsichtig sagte: »Hallo?«
    Tadeusz traf eine schnelle Entscheidung. »Mein Name ist Darko Krasic. Nick Kramer hat mir Ihre Nummer gegeben.«
    »Kenne ich ihn?«
    »Na ja, er hat Ihre Nummer.«
    »Die hat mein Pizzaservice auch.«
    »Mein Boss und ich hatten geschäftlich mit Colin Osborne zu tun.«
    Er lachte. »Der kann Sie jetzt kaum mehr empfehlen, oder? Passen Sie auf, ich mach keine Geschäfte übers Telefon.«
    »Klar, ich verstehe, ich will ja nur eine allgemeine Referenz. Eine Frau hat sich beworben, mit uns zu arbeiten, und Kramer denkt wohl, dass Sie sie kennen.«
    »Ich kenne ’ne Menge Leute.« Die Stimme klang wieder

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