Ein kalter Strom
vorsichtig.
»Sie heißt Caroline Jackson.«
Eine lange Pause. »Ich kenne Caroline. Was wollen Sie wissen?«
»Was immer Sie mir sagen können.«
»Verdammt noch mal. Sie sind ja bescheiden, was? Hören Sie, wenn Sie daran denken, mit Caroline zusammenzuarbeiten, brauchen Sie nur zu wissen, dass sie als Partnerin ernst zu nehmen ist. Aber sie ist eine Einzelgängerin. Sie traut niemandem bei ihren Geschäften. Sie ist klug, verschwiegen und macht verdammt gute Arbeit. Wenn sie mit Ihnen zusammenarbeiten will, sollten Sie sofort zugreifen, Sie kriegen nämlich die Gelegenheit, mit ’ner absoluten Topfrau zu kooperieren. Alles klar?«
»Okay.«
»Jetzt haben Sie also gekriegt, was Sie wollten. Gute Nacht.« Der Anruf fand ein abruptes Ende, aber Tadeusz fühlte sich besser als zehn Minuten zuvor. Dass er mit einem von Morgans V–Leuten gesprochen hatte, der angewiesen war, Caroline Jackson in den leuchtendsten Farben als potentielle Geschäftspartnerin darzustellen, wusste er nicht.
Tadeusz saß während des dritten Akts da und grübelte, was zu tun sei. Als
Das schlaue Füchslein
ausklang, fasste er einen Entschluss. Er musste die Tatsache, dass Katerina praktisch wiedererschienen war, als ein gutes Omen verstehen. Er würde seinem Instinkt folgen und prüfen, was sie ihm zu bieten hatte.
Im kalten Morgenlicht fand er diesen Entschluss immer noch richtig. Er wünschte, er hätte die Sache mit Darko besprechen können, aber seine rechte Hand würde erst am Nachmittag aus Belgrad zurückkommen. Und die Sache war zu wichtig, um sie am Telefon zu besprechen. Also musste er sich auf seine Intuition verlassen. Er griff nach dem Telefon und wählte die Nummer, die auf ihrer Karte stand.
»Hallo?« Ihre Stimme klang schon vertraut.
»Guten Morgen, Caroline. Hier ist Tadeusz.«
»Ich freue mich, von Ihnen zu hören.«
Sie schien entschlossen, keine Freude zu zeigen, die er vielleicht nicht erwidern würde. »Ich wollte fragen, ob Sie zum Lunch frei sind«, sagte er.
»Das kommt darauf an.«
»Worauf?«
»Ob Geschäftliches oder Vergnügen auf der Tagesordnung steht«, erwiderte sie kühl.
»Ich glaube, Geschäftliches dürfte zusammen mit Ihnen immer irgendwie auch ein Vergnügen sein«, sagte er mit amüsiertem Unterton. Er war überrascht, wie leicht ihm ein dezenter Flirt mit ihr fiel.
»Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«
»Ich glaube, wir werden über Geschäftliches reden können«, sagte er. »Aber vorher müssen wir uns ein bisschen besser kennen lernen. Wissen Sie, ich gebe mich nur mit Menschen ab, wenn mein Instinkt mir sagt, dass sie verlässlich sind.«
»Wirklich?«, fragte sie ungläubig. »Und trotzdem haben Sie sich für Colin entschieden?«
Seine Quelle hatte Recht gehabt. Sie war clever. »Wenn das eine so schlechte Entscheidung war, dann fällt nach Ihrem eigenen Eingeständnis der Tadel genauso auch auf Sie zurück, Caroline«, betonte er.
»Eins zu null für Sie«, sagte sie.
»Also, gehen wir zusammen essen?«
»Ja, aber lieber etwas früher als so spät. Ich habe heute Nachmittag einige wichtige Anrufe zu erledigen.«
»Wie wäre es mit zwölf Uhr?«
»Das geht.«
»Ich schicke Ihnen den Wagen um Viertel vor zwölf. Ich freue mich.«
»Danke, ich muss heute Vormittag noch ausgehen. Ich weiß nicht, wo ich um Viertel vor zwölf sein werde. Sagen Sie mir einfach, wo wir uns treffen, dann komme ich um zwölf dorthin.«
Er gab das Restaurant und die Adresse an. »Ich freue mich darauf, Sie zu sehen«, fügte er hinzu.
»Ganz meinerseits. Bis später dann.« Das Gespräch war zu Ende. Klug und verschwiegen, und jetzt konnte man noch hinzufügen: selbständig und wachsam. Caroline Jackson fing an, ihn zu faszinieren. Und nicht nur als Geschäftspartnerin. Er hatte Lust auf diesen Lunch, und das hatte nichts mit dem Essen zu tun.
Tony starrte auf den Bildschirm. Petra hatte ihr Versprechen gehalten. Die Berichte zu der Ermittlung in Bremen waren schon da, als er in ihrer Wohnung ankam, und er zwang sich, seine Gefühle für Margarethe zur Seite zu schieben und die Berichte so unvoreingenommen wie möglich zu lesen. Die Tatsache, dass der Mörder überrascht wurde, hatte ein paar neue Informationen gebracht, die ihm später helfen könnten, aber die aufschlussreichsten Einzelheiten, die er direkt in seine Fallanalyse integrieren konnte, stammten von Margarethes Freund.
In diesem Stadium konnte es nur eine grobe Skizze sein. Es gab Dinge, die er noch tun und sich
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