Ein kalter Strom
beobachteten. Ich tue ja nichts, was sie beunruhigt. Wenigstens weiß ich jetzt, wie mein Beobachter aussieht, wenn die Gelegenheit kommt, dass ich ihn abschütteln muss.«
Petra nickte zustimmend. »Gute Einstellung dazu. Übrigens habe ich deinen Bericht von gestern gelesen und muss sagen, du bist auf dem Boot prima mit Radecki fertig geworden. Du scheinst wirklich weiterzukommen.«
»Ich freue mich, bin aber vorsichtig. Gestern Nachmittag war eine echte Warnung, nicht zu zuversichtlich zu werden.«
Petra stand auf und tröpfelte Zitronenöl auf die Kohlen. Der scharfe, intensive Duft schien ihr Gehirn einen Gang höher zu schalten. »Es funktioniert, weil du wie Katerina aussiehst. Wie sehr er dir auch verstandesmäßig misstrauen möchte, drängen ihn seine Gefühle doch in die andere Richtung. Ich bin überrascht, dass er noch nicht aufdringlich geworden ist.«
»Ja? Ich nicht. Er sah Katerina wie auf einem Podest. Sie war sein Engel, seine Göttin. Er wird sich nicht auf eine Frau stürzen, die ihn so sehr an sie erinnert. Er wird mich umwerben«, sagte sie. »Tony und ich haben es vorher durchgesprochen, und er vermutete, dass es so laufen würde. Apropos Tony, er hat mir von dem Mord in Köln erzählt.«
Petra stöhnte. »Es ist furchtbar. Ich bin so wütend, weil ich das Gefühl habe, die ganze Ermittlung wird in diesen bürokratischen Wirrwarr hineingezogen. Anscheinend sitzt man in Heidelberg auf dem hohen Ross. Sie bestehen dort darauf, bei den wichtigsten übergreifenden Nachforschungen die Führung zu übernehmen, weil sie den ersten Fall hatten. Und das sind gerade die Blödmänner, die ihn an meine Dienststelle abgeben wollten, weil sie ihn nicht lösen konnten.«
»Ich dachte, alles läuft über Europol?«
»Sie tauschen Informationen aus, aber es gibt einen Riesenberg von Notizen, und niemand außer Tony hat wirklich die Übersicht. Es ist sehr frustrierend. Aber ich fand, sein Profil hat interessante Ansatzpunkte gebracht. Wenigstens scheint der leitende Ermittler in Köln einigen Grips zu haben. Er hat die Idee sofort kapiert, die Festplatte des Opfers von einem Computerexperten untersuchen zu lassen, genauso wie Marijke es macht. Aber bis das Ergebnisse bringt, könnte es Tage, sogar Wochen dauern. Marijke hat auch die deutschen Ermittlergruppen gebeten, sich mit deiner Idee der Kritik an wissenschaftlichen Arbeiten zu beschäftigen.«
Carol schüttelte den Kopf. »Es ist nicht meine beste Idee. Ich hoffe, sie verschwenden nicht zu viel Zeit darauf.«
»Vielleicht ist das ja gerade der Anstoß, den sie brauchen«, sagte Petra. »Ach Gott, ich finde es furchtbar, an dieser Ermittlung nicht beteiligt zu sein.« Sie stand auf. »Zeit zum Duschen. Dann sollte ich in mein Büro zurückgehen.«
Carol stöhnte. »Und ich muss einen Rundgang in Radeckis Videoläden mitmachen und versuchen so auszusehen, als interessierte mich das.«
»Ist mir recht, dass du das tun musst und nicht ich«, sagte Petra, als sie die Saunakabine verließ. »Pass auf dich auf, Carol.«
Ja, schon gut. Als ob ich die Wahl hätte
, dachte Carol sarkastisch. Wenn Vorsicht ihre erste Priorität gewesen wäre, hätte sie diesen Auftrag nie angenommen. Hier ging es darum, Risiken einzugehen. Darum und ums Überleben. Und ihr Entschluss zu überleben stand fest.
Kapitel 28
I m Großen und Ganzen genoss Darko Krasic seine Arbeit. Er fand Gefallen an der Macht, und Leid war ihm zutiefst gleichgültig. Er kannte seine Grenzen und hatte nicht den Ehrgeiz, Tadeusz Radeckis Imperium zu übernehmen. Warum sollte er auch? Er nahm sowieso schon mehr ein, als er ausgeben konnte, und war nicht so eitel, dass er sich für klüger als seinen Chef hielt.
Aber selbst für Krasic gab es bei der Arbeit gelegentlich Dinge, die ihm zuwider waren. Zum Beispiel die Unterwäsche einer Frau durchzuwühlen – das war keine Arbeit für einen Mann wie ihn. Ein perverser Typ konnte vielleicht darauf abfahren, aber Krasic nicht. Sollte er jemals den Punkt erreichen, dass er nur in Fahrt kam, wenn er an Wäsche herumfummelte, würde er sich lieber einfach eine seiner Pistolen schnappen und sich eine Kugel in den Kopf jagen.
Trotzdem musste es gemacht werden. Tadzio war ja zur Zeit der Verstand in seine Boxershorts gerutscht, und irgendjemand musste sich um das Geschäft kümmern. Nachdem Krasic die Wohnung verlassen hatte, rief er Rado an, seinen Cousin zweiten Grades, den jungen Mann, dem er die Aufgabe verpasst hatte, ein Auge auf Caroline
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