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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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wie zuvor.
    Dazu kam noch der Schock, als er die Artikel las, die seine Taten beschrieben. Obwohl er gewusst hatte, dass dieser Moment kommen würde, und geglaubt hatte, er sei darauf vorbereitet, hatte ihn die Wirklichkeit doch in Verwirrung gestürzt. Man nannte ihn ein Monster, das hatte er nicht erwartet. Er hatte geglaubt, zumindest einer würde erkennen, dass er einen triftigen, vernünftigen Grund für das hatte, was diesen arroganten Verbrechern geschehen war. Stattdessen hatte niemand auch nur ein Wort der Kritik über seine Opfer geäußert. Sie waren als Unschuldige dargestellt worden, so als sei es undenkbar, dass sie vielleicht verdient hatten, von ihm getötet zu werden.
    Klar, Spekulationen über die möglichen Motive hatte es schon gegeben. Zwei der Zeitungen hatten sogar geschrieben, er könnte eventuell ein verrückter Tierschützer sein, der sich gegen die Vivisektion wandte. Unglaublich. Die Antwort lag doch offen vor ihnen, und sie waren nur zu dumm, sie zu erkennen.
    Je mehr er las, desto wütender wurde er. Er würde ihnen also ganz genau erklären müssen, was wirklich ablief. Aber jetzt wollte er noch nichts tun, was ihn preisgeben konnte. Er hatte noch eine Aufgabe zu erfüllen, und dies würde jetzt viel schwerer sein. Eine der Zeitungen hatte die Meldung gebracht, dass die Polizei die Psychologen an Universitäten aufforderte, jeden Kontakt zu ihnen unbekannten Personen über die Medien zu melden. Er wusste nicht, wie sie seine Art der Kontaktaufnahme aufgedeckt hatten, aber jetzt war er enttarnt. Jeder einzelne dieser Kerle würde sich in Acht nehmen. Er würde seine bisherige Tarnung nicht einsetzen können, um sie wieder zu sich zu locken und in seine Gewalt zu bekommen. Jedenfalls nicht in Deutschland.
    Was er als Nächstes geplant hatte, sollte sowieso in Holland stattfinden. Diese dreckigen Kollaborateure waren genauso schuldig wie die deutschen Psychologen, das war ihm klar. Vielleicht würde er dort noch einmal in Sicherheit sein, da sich der Zusammenschluss Europas nicht auf die Medien zu erstrecken schien. Und er musste sicher sein, denn er hatte sich noch keine Alternative ausgedacht, und abzuwarten konnte er sich nicht leisten. Er musste den Gedanken an Calvet verdrängen und sich beweisen, dass er kein Versager war. Er musste einfach ganz besonders vorsichtig sein. Aber danach brauchte er eine andere Möglichkeit, an seine Opfer ranzukommen.
    Es war einfach zu viel. Als er endlich zu Bett ging, drehte sich alles in seinem Kopf. Dann zeigte sich sein Körper genauso unzuverlässig wie sein Gehirn und hatte ihn nicht schlafen und seine Temperatur steigen und wieder fallen lassen wie auf einer Achterbahn.
    In der Morgendämmerung war er endlich in einen tiefen, heilsamen Schlaf gefallen, und als er aufwachte, merkte er, dass ein Wunder geschehen war. Nebel und Verwirrung waren verschwunden, und er hatte einen so klaren Kopf wie an jenem Tag, als er begriffen hatte, dass er ein Blutopfer bringen musste.
    Er war klug. Er würde es schaffen, eine neue List zu erfinden, um seine Opfer zu fangen. Er würde vielleicht nach dem nächsten sogar noch eine Weile warten, bis sich die Lage beruhigte und alle vergessen hatten, dass sie auf seiner Liste stehen könnten. Es würde alles in Ordnung sein.
    Jetzt musste nur das Wasser im Fluss zurückgehen.
     
    Tadeusz hatte Recht gehabt. Sogar in der kleinen Stadt ganz in der Nähe der Ausfahrt war der Zugang zum Cyberspace möglich. Es hatte nicht ganz zu einem Internet-Café gereicht, aber ein Zeitungshändler war unternehmungslustig genug gewesen, einen Teil seines Ladens umzuwandeln und ihn jetzt stolz »Net-Zone« zu nennen. Sie bestand aus drei Tischen mit je einem PC und einem Cola-Automaten. Natürlich waren alle drei Computer besetzt. Zwei Jugendliche und eine ältere Frau starrten unverwandt auf die Bildschirme.
    Krasic schnaubte frustriert und murmelte mit zusammengebissenen Zähnen: »Scheiße.«
    »Benimm dich, Darko«, sagte Tadeusz knapp. Er trat vor und räusperte sich. »Ich habe hundert Euro für den Ersten, der so freundlich ist, seinen PC dem Fremden hier zu überlassen.«
    Die Frau schaute auf und kicherte. Die beiden Jungen sahen sich verwirrt an. Dann sprang der eine auf. »Für hundert Euro können Sie ihn haben.«
    Tadeusz nahm zwei Scheine aus seiner Brieftasche und winkte Krasic zum Stuhl hin. »Los, machen wir’s.« Er beugte sich über die Schulter des Serben und starrte aufmerksam auf den Bildschirm.
    Krasic tippte

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