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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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das?«
    Darko fluchte leise auf Serbokroatisch. »Hansi der Hacker. Er hat etwas für mich in Erfahrung gebracht, und jetzt zeigt sich, dass es dringend ist. Ich muss ein Internet-Café finden.«
    »Na ja, nimm die nächste Ausfahrt. Jeder kleine Ort hat heutzutage Internetzugang. Worum geht es denn?«
    Krasic blickte finster. »Es wird dir nicht gefallen.«
    »Es wird mir auch bestimmt nicht besser gefallen, wenn du mich warten lässt.«
    »Nachdem dich Caroline Jackson gestern Abend verließ, hat sie einen anderen Mann getroffen.«
    Tadeusz schien schockiert. »Du bist ihr immer noch gefolgt?«
    »Ich habe sie weiter beschatten lassen. Meinst du, ich traue einer Fremden einfach so? Seit du mir von ihr erzählt hast, habe ich sie überwachen lassen. Und dies ist das erste Mal, dass sie überhaupt etwas anderes außer Einkaufen und Fitness-Training gemacht hat.«
    »Und wer ist dieser Mann? Wo hat sie ihn getroffen?« Tadeusz versuchte, ungezwungen zu klingen, aber Krasic hörte seiner Stimme an, wie angespannt er war.
    »Er hat eine Wohnung im selben Wohnblock wie sie. Als sie nach Hause kam, ging sie direkt zu ihm in seine Wohnung. Rado hat die beiden am Fenster gesehen. Sie hat ihn geküsst.«
    Tadeusz schüttelte den Kopf. »Er muss sich geirrt haben. Du kennst ja Rado. Er ist nicht gerade der Klügste. Sie haben sich wahrscheinlich begrüßt.«
    Krasic schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe sie selbst gesehen. Sie haben sich richtig geküsst. Und es sah auch nicht aus, als wäre es das erste Mal. Sie war fast anderthalb Stunden in seiner Wohnung.«
    Tadeusz ballte die Fäuste. »Aber sie ist nicht über Nacht dort geblieben?«
    »Nein, so dumm würde sie nicht sein, oder? Nicht, wenn du sie vielleicht anrufen könntest«, erklärte Krasic wenig zartfühlend. »Sie hält dich zum Besten, Boss.«
    »Und was hat Hansi der Hacker gemacht?«
    »Als der Mann heute früh ausgegangen ist, habe ich die Wohnung durchstöbert. Hab mir seinen Namen und die Personalien geholt und Hansi gesagt, er solle alles über ihn herausfinden. Ich nehme an, das hat er gemacht.«
    »Wer ist er, dieser Mann?«
    »Er heißt Dr. Anthony Hill. Er ist, glaube ich, für die St. Andrews University tätig. Das ist in England, oder?«
    »Eigentlich Schottland«, sagte Tadeusz nervös und knapp. »Hier kommt eine Ausfahrt. Lass uns erst mal herausfinden, was Hansi der Hacker uns über diesen Dr. Anthony Hill sagen kann. Und dann werden wir sehen, was wir in Sachen Ms. Jackson unternehmen.«
    Krasic warf einen Blick auf seinen Chef. Sein Profil sah grimmig aus, die Muskeln am Kinn waren angespannt. Er wäre nicht gern an Caroline Jacksons Stelle, wenn sie sich nächstes Mal trafen.
Geschieht der Schlampe recht
, dachte er selbstgerecht, während er den Blinker setzte, um die Spur zu wechseln. Frauen konnte man eben nie trauen.
     
    Er hatte sich die ganze Nacht im Fieber gewälzt, und seine Koje war feucht von stinkendem Schweiß. Sein Kopf dröhnte, immer wieder wurde ihm schwarz vor Augen. Den ganzen Abend war ihm das Schiff wie eine Falle vorgekommen, die ihn einschloss. Die unfreiwillige Untätigkeit machte ihn verrückt. Er hatte keine Beschäftigung außer den Routineaufgaben, die seine Gedanken nicht von dem permanenten Chaos ablenkten, das in seinem Kopf tobte. Selbst Gunther und Manfred hatten bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Er hatte sie schließlich angebrüllt, als sie wieder ihre Sorge zum Ausdruck brachten, sie sollten ihn in Ruhe lassen. Der Schock auf ihren Gesichtern war eine schreckliche Warnung gewesen, was vielleicht geschehen konnte, wenn er die Selbstbeherrschung verlor.
    Er konnte sich keine Fehler leisten, sonst wäre alles verloren, wofür er mit so viel Sorgfalt gearbeitet hatte. Es war noch ein weiter Weg, bis er sicher sein konnte, dass die Welt begriff, was er wollte, und er musste sich dies jede wache Minute ins Gedächtnis rufen.
    Aber es war schwer, sich zu beherrschen, wenn sein Kopf vor sich widersprechender Empfindungen fast zerbarst. Jedes Mal, wenn er dachte, er hätte sich Klarheit verschafft, schlich sich ein neuer Gedanke ein und schuf wieder Verwirrung. Zuerst hatte er sich selbst eingeredet zu glauben, er habe seine Mission verraten, weil er auf die Stimme seines Großvaters gehört und die Calvet vergewaltigt hatte. Dann sagte er sich, dass er das Richtige getan hätte, als er sie so vollkommen überwältigt hatte. Darauf schwang das Pendel wieder in die andere Richtung, und er war genauso verwirrt

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